Medical Tribune
16. Jan. 2014Nahrungsergänzungsmittel ist im Sport

Sport: Steigern Supplemente die Leistung?

Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel ist im Sport nahezu unüberschaubar. Suggeriert wird von den Anbietern, dass der bei sportlicher Aktivität erhöhte Nährstoffbedarf durch eine normale Ernährung nicht abgedeckt werden kann. Versprochen wird viel: bessere sportliche Leistungen, geringere Verletzungsgefahr und schnellere Regeneration nach Traumen.

Ausgewogene Ernährung deckt erhöhten Nährstoffbedarf

Doch was leisten die Supplemente tatsächlich? Auch ein evtl. erhöhter Nährstoffbedarf lässt sich durch eine ausgewogene Ernährung decken, so Dr. Ernst Jakob von der Sportklinik Hellersen, Lüdenscheid, und Kollegen.

Nur für wenige der auf dem Markt angebotenen Nahrungsergänzungsmittel ist tatsächlich eine Leistungssteigerung belegt, so der Sportmediziner. Dazu gehören:

Mehr Ausdauer mit Koffein, Kraftzuwachs durch Kreatin

  • Koffein: In relativ niedrigen Dosierungen (bis 3 mg/kg KG oder 150 mg Koffein) wurden positive Effekte auf die körperliche Ausdauerleistung nachgewiesen. Es gibt allerdings Responder und Nonresponder – und ob Kaffee, Cola oder Energy-Drinks am besten wirken, muss jeder selbst ausprobieren.

    Übertreiben sollte man es jedoch nicht: Bei Dosen von 6–9 mg/kg Körpergewicht oder 400–600 mg Koffein kommt es gehäuft zu Tremor, Herzrasen, Kopfschmerzen oder Schlaflosigkeit, was die Leis- tungsfähigkeit einschränken kann.

  • Kreatin: Für Kreatin ist ein Zuwachs an Muskelmasse und -kraft und eine Verbesserung der Glykogeneinlagerung in die Muskulatur gezeigt worden. Man beginnt mit einer "Loadingdose" von 3 g/d über 28 Tage (oder 20–25 g/d über 5 Tage). Die Erhaltungsdosis liegt danach im Bereich von 2–3 g Kreatin täglich.

    Ein erhöhtes gesundheitliches Risiko besteht bei diesen Dosierungen nicht, unter einer höheren Dosis können jedoch Nebenwirkungen auftreten, etwa gesteigerter Muskeltonus, Muskelkrämpfe und Kopfschmerzen.

  • Bikarbonat: Die Pufferungskapazität kann damit gesteigert werden. So lässt sich die Ermüdung bei kurzen Ausdauer- und Intervallbelas­tungen (3–7 Minuten) mit Azidosebildung vermindern. Die Reaktion auf Bikarbonat ist aber individuell sehr unterschiedlich, schreibt Dr. Jakob. Auch mögliche gastrointes­tinale Nebenwirkungen bis hin zu Diarrhö sind ein Grund, das Vorgehen zunächst ohne Wettkampfdruck auszuprobieren.
  • Kohlenhydrat-Supplementation: Bei einer länger als 1,5 Stunden andauernden Ausdauerbelastung können Sportler von zusätzlicher Kohlenhydrataufnahme (60–90 g/h) profitieren. Bewerkstelligen lässt sich dies z.B. mit entsprechenden Sportgetränken, Gels oder Riegeln.

Häufig versuchen Sportler auch durch Ribose, Protein- oder Aminosäurepräparate mehr Leistung und Muskelzuwachs "herauszukitzeln". Insbesondere Kraftsportler setzen häufig auf Ribose, Betahydroxy-Betamethylbutyrat (HMB), MCT-Fette oder L-Carnitin. In systematischen Studien konnte ein positiver Effekt dieser Stoffe aber nicht bestätigt werden, schreibt der Sportmediziner.

Bessere Stimmung, aber Myalgiesyndrom

Ebenfalls nicht belegen lässt sich, dass Protein- oder Aminosäurepräparate besser sind als herkömmliche proteinreiche Lebensmittel. Die erhöhte Dosis einzelner Aminosäuren kann auch mit Gefahren einhergehen, wie das Beispiel Tryptophan zeigt.

Die aufgrund der Stimmungsaufhellung früher gerne eingesetzte Aminosäure kann zu einem Eosinophilie-Myalgie-Syndrom führen, wie man 1989 erkannte. Insgesamt gilt für die Proteinzufuhr, dass ein Anteil an der Ernährung von < 2 g/kg Körpergewicht und Tag bei Gesunden nicht zu gesundheitlichen Problemen führt.

Achtung: Viele Nahrungsergänzungsmittel mit Dopingmitteln verunreinigt!

Wettkampfsportler sollten generell vorsichtig mit Nahrungsergänzungsmitteln sein, rät Dr. Jakob. Immer wieder findet man in angeblich harmlosen "Nahrungsergänzungsmitteln" Stoffe wie anabole Steroide, die in Dopingkontrollen positiv getestet werden.

Dies kann auch schon bei geringfügigen Verunreinigungen mit relevanten Stoffen passieren. Eine internationale Studie zeigte, dass bis zu 15 % an Nahrungsergänzungsmitteln mit derartigen, doping­relevanten Substanzen verunreinigt sein können, schreibt der Experte.

Was ist mit Antioxidanzien?

Vitamin C und E, Betacarotin und Coenzym Q10 haben bei einer Einnahmedosis über den Tagesbedarf hinaus keinen positiven Effekt auf muskuläre Belastbarkeit und Leistungsfähigkeit, so Dr. Jakob. Im Gegenteil: Möglicherweise wird durch das Übermass an Antioxidanzien sogar die trainingsbedingte Anpassungsreaktion gedämpft und die Muskelregeneration verzögert.

Ebenfalls gezeigt wurde, dass die kombinierte Einnahme von Vitamin C und E (1000 mg/d und 400 IE/d) über vier Wochen den positiven Effekt von Sport auf die Insulinsensitivität blockieren kann. Bei längerfristiger Einnahme hoher Vitamin-E-Dosen wurde sogar ein erhöhtes Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko gefunden.

Quelle: Ernst Jakob et al., klinikarzt 2013; 42: 421-425