Medical Tribune
12. Dez. 2023Psychosoziale Faktoren sind nur ein Teil im komplexen Miteinander von Psoriasis und Depression

Wie Psoriasis Depressionen auslöst

Depressionen wurden bei Psoriasis-Patienten lange Zeit als Folge der psychosozialen Belastungen durch die Erkrankung angesehen. Mittlerweile ist jedoch bekannt, dass die systemische Entzündung eine wichtige Rolle bei der Entstehung depressiver Symptome spielt. Dazu gehört, dass sich eine Behandlung der Inflammation positiv auf die Psyche auswirkt.

Eine Psoriasis ist bei rund 20 Prozent der Patienten mit depressiven Episoden vergesellschaftet.
Inge/stock.adobe.com

Die entzündlichen Vorgänge bei Psoriasis betreffen Haut, Gelenke und Gefässsystem. Zusätzlich zu diesen Hauptbereichen der chronischen immunvermittelten Erkrankung treten verschiedene Komorbiditäten auf, wie deutsche Experten in ihrer Übersichtsarbeit berichten (1).

Insgesamt ist das Spektrum der Psoriasis-Begleiter breit (Zusammenfassung siehe Kasten). Besonders häufig treten Bluthochdruck und Dyslipidämie als Begleiterkrankungen auf und können das Risiko für einen Herzinfarkt bei Psoriasis-Patienten signifikant erhöhen.

Depressionen bei bis zu 20 Prozent der Erkrankten

Besondere Aufmerksamkeit verdient jedoch die Depression, von der bis zu jeder fünfte Psoriasis-Patient betroffen ist. Lange Zeit wurde angenommen, dass sie als Folge der psychischen Belastung durch die sichtbare und juckende Erkrankung auftritt. Mittlerweile hat sich jedoch das Verständnis für den Zusammenhang zwischen Psoriasis und Depressionen geändert.

Insgesamt ist das Spektrum der Psoriasis-Begleiter breit, und umfasst unter anderem

  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Hypertonie und Atherosklerose
  • Stoffwechselstörungen wie Dyslipidämie, Typ-2-Diabetes, und Insulinresistenz
  • Störungen der Harnorgane wie Nierenerkrankung, Hyperurikämie
  • Haut- und Gelenkserkrankungen wie Vitiligo, bullöses Pemphigoid und die Psoriasis-Arthritis
  • Psychische Erkrankungen wie Depressionen und Ängste
  • Erkrankungen des Gastrointestinalsystems wie die nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH) und Morbus Crohn, sowie
  • weitere Faktoren wie Schlaf­apnoe und Osteoporose

Bluthochdruck und Dyslipidämie zählen zu den häufigsten Begleitern und können u.a. das Herzinfarkt­-Risiko der Betroffenen signifikant erhöhen. Ein besonderes Augenmerk verdient jedoch die Depression, die bis zu jeden fünften Psoriasis-Patienten betrifft: Von dieser wurde lange angenommen, dass sie als Folge der psychischen Belastung durch die meist gut sichtbare und juckende Erkrankung auftritt. Mittlerweile hat sich das Verständnis über den Zusammenhang zwischen Psoriasis und Depressionen jedoch gewandelt.

Psoriasis und Adipositas besonders ungünstige Partner

Mehrere Studien haben gezeigt, dass depressives Verhalten und Depressionen bei Psoriasis auf einem spezifischen neuroinflammatorischen Muster beruhen, wie die Autoren berichten. Dabei aktivieren entzündliche Zytokine wie IL-23, IL-17, IL-6, IL-8 und TNF ein Enzym, das den Serotonin-Vorläufer Tryptophan zu Kynurenin abbaut. Dadurch kommt es zu einem verminderten Vorkommen von Serotonin im Gehirn und zu einer veränderten Kynurenin-Stoffwechsel, dessen Nebenprodukte depressive Symptome fördern. Juckreiz, Schmerzen und stark einschränkende Hautläsionen verstärken die Depression zusätzlich.

Ein bedeutender Risikofaktor für die Entstehung von Depressionen bei Psoriasis ist Adipositas. Diese führt zu einer erhöhten Produktion von entzündungsfördernden Zytokinen wie IL-6 und TNF sowie Adipokinen wie Leptin und Resistin, die den gesamten Körper über den Blutkreislauf erreichen. Dies führt zu einem pro-inflammatorischen Zustand, der wiederum andere entzündliche Erkrankungen verschlimmern kann, insbesondere solche mit einem ähnlichen Entzündungsmuster.

Dieses Wissen bietet neue therapeutische Ansätze. Neben Psychotherapie und Antidepressiva kann auch eine medikamentöse Entzündungskontrolle die Depression verbessern.

Blockade zentraler Zytokine bessert auch die Depression

Im Allgemeinen zeigen Therapien, die auf die Schlüsselzytokine der Psoriasis abzielen, gute Effekte auf alle Aspekte der Erkrankung. Dazu gehören IL-17-Inhibitoren, IL-23-Inhibitoren und TNF-a-Blocker. Positive Studiendaten zur Verbesserung von depressiven Symptomen liegen unter anderem für Secukinumab, Ixekizumab, Risankizumab und Guselkumab vor.

In einer weiteren Studie, die sich ausschliesslich mit depressiven Symptomen befasste, zeigten auch die IL-6-Inhibitoren Sirukumab und Siltuximab sowie Ustekinumab, Infliximab, Golimumab und der Anti-CD20-Antikörper Ofatumumab eine positive Wirkung. Es fehlen jedoch noch Daten darüber, wie sich konventionelle Antipsoriatika auf depressive Symptome auswirken.

Psoriasis-Patienten regelmässig auf Depressionen untersuchen

Bei der klinischen Entwicklung von Acitretin, Apremilast und Brodalumab wurden Hinweise auf eine Assoziation mit depressiven Symptomen gefunden. Daher empfehlen die Autoren, vor der Anwendung dieser Medikamente Rücksprache mit dem behandelnden Psychologen/Psychiater zu halten, wenn eine Depression beim Patienten bekannt ist.

Die Psoriasis-Erkrankung erfordert aufgrund ihrer vielschichtigen Begleiterkrankungen ein ganzheitliches Management. Es gilt nach wie vor, dass jeder Psoriasis-Patient regelmässig auf Depressionen untersucht werden sollte.