Medical Tribune
3. Sept. 2013Fettabsaugen

Brustkrebs: Fettabsaugen verschlankt Lymphödem-Arm

"Hier scheint ein neues Fenster aufzugehen in der Behandlung des sekundären Lymphödems", erklärte die in Berlin niedergelassene Dermatologin Dr. Anya Miller. Bislang war der Therapieerfolg beim Lymph­ödem vor allem vom manuellen Geschick des Physiotherapeuten abhängig, mit operativen Möglichkeiten kommt nun auch der ärztlichen Fingerfertigkeit Bedeutung zu.

Frau in der Brustoperation
iStock/M_a_y_a

Lymphstau vermehrt auch das Fettgewebe

Knifflige Eingriffe, z.B. Lymphgefässanastomosen oder Lymphgefässtransplantationen, werden derzeit in Deutschland allerdings nur in einzelnen Zentren vorgenommen. Mit der Liposuktion muss man aber in naher Zukunft rechnen, erklärte Dr. Stefan Rapprich vom Klinikum Darmstadt, der den Pionier der Methode (Dr. Håkan Brorson in Malmö) zu besuchen plant.
Warum soll Fettabsaugen bei Lymphödem helfen? – fragen sich viele Kollegen. Bei chronischem Lymphstau findet auch eine Fettvermehrung statt, erläuterte Professor Dr. Wilfried Schmeller von der Hanse-Klinik in Lübeck den pathophysiologischen Hintergrund. Bei dem durch die Liposuktion entfernten Gewebe handelt es sich um neu entstandenes Fettgewebe, das sich als Folge des chronischen Ödems gebildet hat.

Lymphödem primär oder sekundär?

Primäres Lymphödem: angeborene Hypo- bzw. Hyperplasie von Lymphgefässen (u.U. auch Aplasie) oder Lymphknotenhypoplasie mit Fibrosen. Ödeme bilden sich an den Extremitäten von distal nach proximal.

Sekundäres Lymphödem: Ursprünglich intakte Lymphbahnen verlegt oder durchtrennt, z.B. nach Lymphadenektomie bzw. Radiotherapie bei Malignomen. Diese Lymph­ödeme manifestieren sich postoperativ rasch oder mit jahrelanger Verzögerung und dehnen sich von proximal nach distal aus.

Voraussetzung für die Indikation zur Fettabsaugung ist eine einseitige Umfangsvermehrung trotz völlig entstauten Zustands (d.h., auf Druck ist keine Dellenbildung mehr auslösbar). Der schwedische Kollege Dr. Brorson hat mit seinen Absaugversuchen zunächst bei sekundären lang bestehenden Armlymphödemen begonnen.

Er überblickt inzwischen Langzeitverläufe von bis zu neun Jahren bei Patientinnen nach Brustkrebs-Operation. Nach der Fettabsaugung wird die Fortsetzung der konsequenten Kompression verlangt, der schwedische Kollege fordert sogar 24 Stunden täglich. "Im Praxisalltag lässt sich das nicht umsetzen", kommentierte Prof. Schmeller. In der Regel ziehen die Patienten ihre Kompressionsstrümpfe nachts aus.

Liposuktion zerstört keine Lymphgefässe

Die Befürchtung, im Rahmen der Liposuktion zerstöre man nur noch mehr Lymphgefässe, konnte mittlerweile ausgeräumt werden. Kollegen in Grossbritannien und den Niederlanden setzen das Verfahren "teilweise mit spektakulären Resultaten" ein.

Gute Ergebnisse durch die Liposuktion

"Liposuction helped shrink my agonising swollen leg: How lipo is relieving a chronic lymph problem affecting thousands" – so lautete eine Schlagzeile in Mail-Online zu einem Bericht über eine Zervixkrebs-Patientin.

Auch die Rate der Erysipele geht bei Patienten nach Liposuktion nachweislich zurück, berichtete Prof. Schmeller. Er hat die Methode in einem Fall in seiner Klinik angewendet und einer Patientin 400 ml Fett abgesaugt. 

Erfolgreiche Behandlung eines Lymphödems nach Brustkrebs-therapie: Mittels Liposuktion wurden 400ml Fett abgesaugt.

Quelle: 47. Tagung der deutschen Dermatologischen Gesellschaft