Medical Tribune
26. Sept. 2024Pneumokokken, Influenza, Covid-19 & Co.

Welche Impfungen sollten Sie Senioren empfehlen?

Mit dem natürlichen Alterungsprozess des Immunsystems steigt das Risiko für Infektionen und die Wirksamkeit von Impfungen nimmt ab. Deshalb sind spezifische Impfstrategien, wie Auffrischimpfungen gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis sowie Pneumokokken- und Influenza-Impfungen, besonders wichtig. Was bedeutet das für den aktuellen Schweizer Impfplan? Und welche neuen Impfempfehlungen gibt es für Menschen über 65? Am SGAIM Frühjahrskongress 2024 betonte Dr. Dr. Irene Alma Abela die Bedeutung massgeschneiderter Impfungen für ältere Menschen.

Nahaufnahme einer Spritze über einem Impfbuch
Wolfilser/stock.adobe.com
Bei Senioren ist es wichtig, die richtigen Impfstoffe auszuwählen.

Mit zunehmendem Alter erfährt das menschliche Immunsystem eine natürliche Degeneration, die als Immunoseneszenz bekannt ist. Diese immunologische Alterung führt zu einer verminderten Impfantwort und einem höheren Risiko für Infektionen.

Immunsystem älterer Menschen reagiert weniger stark auf Impfungen

Daher ist es entscheidend, Impfungen für ältere Menschen anzupassen und zu optimieren, um einen adäquaten Schutz zu gewährleisten. «Das Immunsystem älterer Personen reagiert weniger intensiv auf Impfungen. Daher ist es notwendig, gezielt angepasste Impfstrategien zu entwickeln», erklärte Dr. Abela.

Anhand der Kasuistik einer 75-jährigen pensionierten Ophthalmologin, die als Grossmutter häufig Kontakt zu ihren Enkeln hat und damit exponiert gegenüber Kinderkrankheiten ist, diskutierte die Expertin die Notwendigkeit der Auffrischimpfungen gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis sowie die Bedeutung der jährlichen Influenza- und der Pneumokokken-Impfung.

Alle über 65 gegen Pneumokokken impfen

Die Patientin benötigt zunächst eine Booster-Impfung gegen Diphterie, Tetanus und Pertussis (dTPa), da die letzte bereits mehr als zehn Jahre her ist. Ein Masern-Mumps-Röteln-Booster ist in diesem Alter dagegen nicht notwendig.

Der aktuelle Impfplan empfiehlt nun eine ergänzende Pneumokokken-Impfung für alle Personen ab einem Alter von 65 Jahren und für Risikopersonen unter 65 Jahren mit Erkrankungen, die das Risiko für invasive Pneumokokken-Erkrankungen (IPE) erhöhen, mittels eines konjugierten Pneumokokken-Impfstoffes (PCV).

Bei Konjugatimpfstoffen ist das Antigen an ein Trägerprotein gekoppelt, was die Immunreaktion deutlich verstärkt. Ausserdem bieten diese einen längerfristigen Schutz im Vergleich zu Polysaccharidimpfstoffen und sind auch bei Säuglingen und Kleinkindern unter zwei Jahren immunogen.

Der Konjugatimpfstoff PCV15 (Vaxneuvance®) beinhaltet zwei Serotypen (22F, 33F) mehr als das bisher eingesetzte PCV13-Vakzin. PCV20 (PCV15 plus 8, 10A, 11A, 12F, 15B) ist seit März von Swissmedic zugelassen, die Kostenübernahme ist bisher nicht geklärt und Empfehlungen stehen aktuell noch nicht zur Verfügung. Der Polysaccharid-Impfstoff PPSV23 wird hierzulande nicht mehr empfohlen.

Gute Gründe für die Influenza-Impfung

Neu empfiehlt der Schweizer Impfplan die ergänzende Impfung gegen saisonale Influenza für alle Personen ≥ 65 Jahre. Bisher galt die Empfehlung nur für Risikogruppen. Für Menschen über 75 Jahre sowie für Personen über 65 Jahre mit mindestens einem Risikofaktor für schwere Grippeerkrankungen aufgrund einer Komorbidität sollte zum Hochdosisimpfstoff (Efluelda®) gegriffen werden, für welchen auch eine Kostenübernahme besteht. Das quadrivalente Splitvakzin enthält die vierfache Antigenmenge (60 µg) im Vergleich zur Standarddosis und hat bei Senioren eine um 24,2 % höhere Wirksamkeit gezeigt (1).

Dr. Abela betonte, dass die Influenza nicht nur zu einer Pneumonie, sondern allgemein zu einer erhöhten Morbidität und zu vielen langwierigen Komplikationen führt, etwa Herzinsuffizienz, Koronarsklerose oder akutes Koronarsyndrom (2). «Influenza ist das Virus, das uns im Alter am meisten einschränkt», so die Expertin.

Zudem hob sie die Bedeutung der Herpes-Zoster-Impfung hervor. Der verfügbare rekombinante und reaktogene adjuvantierte Subunit-Impfstoff (Shingrix) bietet einen effektiven Schutz vor Gürtelrose und deren schmerzhaften Komplikationen.

RSV-Impfstoff für Personen ab 60 Jahren

Auch für die Covid-19-Impfung gilt weiterhin die Empfehlung für besonders gefährdete Personen, dazu gehören auch > 65 Jährige, zum regelmässigen Boostern mit angepassten Impfstoffen (mRNA JN1) im Herbst und frühestens sechs Monate nach der letzten Covid-19-Impfdosis oder Infektion.

Abschliessend wies Dr. Abela auf die bevorstehenden Entwicklungen im Bereich der RSV-Impfung. Zwar gibt es noch keine spezifischen Impfempfehlungen für ältere Erwachsene, diese werden jedoch noch dieses Jahr erwartet. Mit Arexvy® ist mittlerweile ein adjuvantierter rekombinanter Impfstoff für Personen ab 60 Jahren zugelassen.