Sinnvolle Osteoporose-Therapie
Für die Behandlung der Osteoporose stehen heute verschiedene Medikamente zur Verfügung. Der Trend geht von einer rein antiresorptiven Therapie hin zu einer initial osteoanabolen, gefolgt von einer antiresorptiven Behandlung. Das ist das Fazit von Dr. Gregor Freystätter, Oberarzt meV und stellvertretender Direktor der Klinik für Altersmedizin, Universitätsspital Zürich.
Die Grundlage für Prävention und Behandlung der Osteoporose bilden Allgemeinmassnahmen.
Dazu gehören laut Dr. Freystätter eine kalzium- und proteinreiche Ernährung (800–1000 mg Kalzium, 1 g Protein/kg täglich), eine Vitamin-D-Supplementation (bei Osteoporose 800 IE/Tg) sowie Training speziell mit Förderung von Muskelkraft, Gleichgewicht und dem Fokus Sturzprävention.
Nach Wirbelkörperbruch oder Femurfraktur medikamentös therapieren
Eine medikamentöse Therapie ist laut der Schweizer Vereinigung gegen Osteoporose (SVGO) indiziert bei einem Wirbelkörperbruch oder einer proximalen Femurfraktur. «Die Brüche sind mit einer erhöhten Morbidität, Mortalität und mit Funktionsverlust vergesellschaftet», erläutert der Referent.
Bei einer peripheren Fraktur nach einem Bagatelltrauma basiert der Therapieentscheid auf dem 10-Jahres-Frakturrisiko, das mit dem FRAX-Tool ermittelt wird. Der Rechner berücksichtigt neben Alter und Geschlecht auch Risikofaktoren wie vorangegangene Frakturen, Familienanamnese, Glukokortikoidtherapie, rheumatoide Arthritis, sekundäre Osteoporose oder Alkoholkonsum (mehr als drei Einheiten Alkohol pro Tag).
Pharmakotherapie der Osteoporose
Für die Pharmakotherapie stehen antiresorptive Substanzen (selektive Östrogen-Rezeptor-Modulatoren, Bisphosphonate, RANKL-Inhibitor) und anabole Therapien (Parathormon, Sklerostin-Inhibitor) zur Verfügung. «Der Trend geht von einer antiresorptiven Therapie hin zu einer osteoanabolen Behandlung gefolgt von einer antiresorptiven Therapie», erklärt Dr. Freystätter.
Bei der Therapie mit dem RANKL-Inhibitor Denosumab ist zu beachten, dass die Substanz strikt alle sechs Monate verabreicht wird, damit es nicht zu einem Rebound-Effekt kommt. Bei Stopp sollte eine Anschlusstherapie mit einem Bisphosphonat wie Zoledronat erfolgen. Romosozumab, ein Sklerostin-Hemmer, ist seit 2022 auf der Spezialitätenliste und muss von einem Spezialisten verschrieben werden.
Frakturrisiko gibt die Therapie vor
Welche Medikamente in welchen Situationen angezeigt sind, richtet sich laut SVGO primär nach dem Frakturrisiko. Ist es hoch, empfiehlt die Vereinigung Bisphosphonate oder Denosumab.
Bei einem hohen Frakturrisiko mit vorbestehenden Wirbelkörper-Brüchen wird eine osteoanabole Therapie mit Teriparatid empfohlen. Bei imminentem (unmittelbarem) Risiko, z.B. bei einer Wirbelkörperfraktur oder Hüftfraktur innerhalb der letzten zwei Jahre, ist Romosozumab Erstlinientherapie.
Ab 80 auch die Frailty berücksichtigen
«Für über 80-jährige Patientinnen gibt es keine Evidenz für eine medikamentöse Osteoporose-Therapie», sagt Dr. Freystätter. Denn die Zulassungsstudien wurden zumeist mit fitten Frauen mit einem Durchschnittsalter zwischen 70 und 72 Jahren durchgeführt.
Experten im Universitätsspital in Zürich haben deshalb ein eigenes Behandlungskonzept für über 80-Jährige erarbeitet. Es berücksichtigt die Frailty der Patientinnen. «Robuste Frauen 80+ werden wie die jüngeren mit Bisphosphonat, Denosumab oder dem Teriparatid behandelt», erläutert der Referent. Gebrechliche Ältere hingegen erhalten primär eine Vitamin-D-Supplementation, Sturzprävention, eine kalzium- und proteinreiche Ernährung und Training.
«Das Behandlungskonzept für Ältere zielt nicht nur auf die Knochen, sondern auch auf die Muskelmasse und -kraft», betont er. Denn mit abnehmender Muskelkraft erhöht sich das Sturz- und Frakturrisiko. Bei älteren Patienten sind auch immer zusätzliche Risikofaktoren zu beachten, die im FRAX-Score nicht berücksichtigt sind. Dazu gehören Immobilität/Inaktivität, eine positive Sturzanamnese, Frailty/Sarkopenie, Vitamin-D-Mangel, Hypogonadismus und Malnutrition.
Senior ist nicht gleich Senior
Welche Medikamente im USZ im Einzelfall bei Seniorinnen zum Einsatz kommen, hängt von der Lebensphase ab. «Junge Alte» zwischen 65 und 75 Jahren erhalten nach einer Risikoevaluation, Sturzabklärung und Knochendichtemessung Lifestylemassnahmen und Zoledronat. Bei älteren zwischen 75 und 85 Jahren wird nach einem Frakturereignis zuerst Romosozumab, danach Denosumab und im Anschluss ein Bisphosphonat (meist mit Zoledronat) verordnet.
Bei über 85-Jährigen ist eine Therapie mit Denosumab und im Anschluss Zoledronat in Erwägung zu ziehen. Ist die Nierenfunktion schlecht, wird das Bisphosphonat auch off-label niedrigdosiert gegeben», sagt Dr. Freystätter. Generell ist eine Osteoporose-Therapie bei Seniorinnen bei einer Lebenserwartung von mindestens einem Jahr sinnvoll.
- FomF Allgemeine Innere Medizin Update