Medical Tribune
3. Aug. 2023Die Hälfte der Schweizer ist auch im Alter gesund

Gezielter Benefit von Vitamin D, Sport und Omega-3 bei Senioren

Wie können Senioren ihre Gesundheit verbessern? Die DO-HEALTH-Studie untersuchte das Potenzial einfacher Massnahmen wie die Supplementierung mit Vitamin D und Omega-3, sowie eines häuslichen Trainingsprogramms.

Portrait Professor Dr. Heike Bischoffe-Ferrari untersucht, wie Senioren ihre Gesundheit verbessern können.
MT-Archiv

Am 4. SWICA Symposium «Gesundheit im Alter» präsentierte Professor Dr. Heike Bischoff-Ferrari, Klinikdirektorin Altersmedizin, Universitätsspital & Universität Zürich und Stadtspital Zürich, eine weitere Auswertung des riesigen Datenpools der DO-HEALTH Studie. Ziel war es auszuloten, welches präventive Potential einfache Massnahmen wie die Supplementierung mit Vitamin D und Omega-3, sowie ein häusliches Trainingsprogramm für Senioren bieten können.

Bei DO-HEALTH handelt es sich um die bisher grösste europäische Studie zur gesunden Langlebigkeit bei gesunden und aktiven Erwachsenen im Alter 70+ (n=2157). Die Studie wurde über drei Jahre in fünf europäischen Ländern (Schweiz, Deutschland, Österreich, Frankreich und Portugal) durchgeführt. Sie sollte zeigen, ob es mit einfachen Massnahmen gelingen kann, mehr Menschen eine bessere Gesundheit im Alter zu bieten. Rund 1000 Teilnehmer aus der Schweiz (550 aus Zürich) konnten rekrutiert werden. Damit steht die Relevanz der Resultate für die ältere Schweizer Bevölkerung ausser Frage.

In der Schweiz waren 51 Prozent «healthy ager»

Nach der Eingangsuntersuchung qualifizierten insgesamt 42 Prozent der Studienteilnehmer als «healthy ager» ohne chronische Erkrankungen und mit guter körperlicher und mentaler Fitness. In der Schweiz lag der Anteil der «healthy ager» sogar bei 51 Prozent, lediglich übertroffen von österreichischen Senioren mit knapp 60 Prozent. Gleichzeitig fiel der schlechte Gesundheitszustand der Generation 70+ in Portugal auf, mit einen «healthy ager»-Anteil von lediglich rund zehn Prozent.

Für die randomisierte, kontrollierte Studie wählten die Forscher drei Massnahmen, die sich bereits als vielversprechend erwiesen hatten und neben der Wirksamkeit eine gute Verträglichkeit aufwiesen und finanzierbar waren. Dazu gehörten:

  • Vitamin D (2000 IE täglich)
  • täglich ein Gramm Omega 3 und
  • körperliches Training (3 x pro Woche).

Um auch den Nutzen des Trainingsprogramm testen zu können, wurde das Krafttraining mit einem SHAM-Training «Flexibilität» verglichen, das keinen gesundheitlichen Benefit erwarten lässt. Initial bestand bei 39 Prozent der Senioren ein Vitamin-D-Defizit (<20 ng/ml).

Weniger Karzinome und Atemwegsinfekte bei untersuchten Senioren

Neben dem gesundheitlichen Gesamtzustand wurden Daten zu

  • kardiovaskulärer Komorbidität
  • Knochen- und Muskelgesundheit
  • Stürze und Frakturen
  • Gedächtnisfunktion, und
  • Reaktionszeit

ermittelt.

An jährlichen ganztägigen Kontrollterminen, ergänzt durch vierteljährliche Telefonanrufe, wurde der Gesundheitszustand umfassend dokumentiert.

Bisher liessen sich durch die Massnahmen folgende Resultate erzielen:

  • Kardiovaskulärer Benefit: Der systolische Blutdruck wurde im Gesamtkollektiv um 8,3 mmHg gesenkt.
  • Stürze: Bei Senioren ohne Vitamin-D-Defizit hatte die Gabe von Vitamin D keinen Effekt auf die Sturzrate. Unter Omega-3 war die Sturzrate um 10% und bei aktiven Senioren um 16% vermindert. Weder Vitamin D noch Omega-3 oder das Training hatten einen Benefit hinsichtlich nichtvertebraler Frakturen.
  • Kognitive Leistung und Funktion der unteren Extremitäten: Alle zeigten bereits bei Studienbeginn eine gute kognitive Funktion. 83 % waren zumindest mässig körperlich aktiv. Zwar zeigte keine der drei Massnahmen einen differenziellen Benefit, doch verbesserten sich alle Teilnehmer signifikant.
  • Krebsprävention: Vitamin D kann das unkontrollierte Zellwachstum reduzieren, Omega-3 verfügt über antiinflammatorische Effekte und körperliches Training triggert die Apoptose von Krebszellen. Durch die Kombination der drei Massnahmen war das Risiko für ein invasives Karzinom um 61 % signifikant zurückgegangen. Die tägliche Gabe von Vitamin D senkte in der Partnerstudie VITAL (USA) das Risiko für fortgeschrittene (metastasierte oder fatale) Karzinome signifikant um 17 %.
  • Atemwegsinfekte: Eine Metaanalyse von 46 RCTs (einschl. DO-HEALTH) mit über 75.000 Teilnehmern ergab, dass die tägliche Zufuhr von 400 bis 1000 IE Vitamin D das Risiko für akute Atemwegsinfekte um 30 % reduzieren kann. Hingegen zeigte die Bolusgabe keinen Benefit.
  • Ebenso verminderte die Kombination das Risiko für beginnende Gebrechlichkeit um 39 %.

«Wir leben inzwischen in einer Welt, in der seit 2020 mehr Senioren 65+ leben als Kinder unter fünf Jahren. Daher ist es ein globales Ziel, die reine Langlebigkeit in eine Langlebigkeit bei guter Gesundheit umzumünzen», so das Fazit von Prof. Bischoff-Ferrari.