Medical Tribune
23. Mai 2023PD Dr. Adrian Attinger zur Therapie der Herzinsuffizienz

«Viersäulentherapie maximal aufdosieren»

Gemäss den Guidelines der ESC sollten alle Patienten mit einer Herzinsuffizienz und reduzierter Ejektionsfraktion die Viersäulentherapie aus ACE-Hemmern bzw. ARNI, Betablockern, Mineralokortikoidantagonisten und SGLT2-Hemmern erhalten. PD Dr. Adrian Attinger, Oberarzt am Herzzentrum, Luzerner Kantonsspital, sprach mit Medical Tribune über praxisrelevante Aspekte des Therapieregimes.

Patienten mit einer Herzinsuffizienz und reduzierter Ejektionsfraktion sollten eine Viersäulentherapie erhalten.
Eoneren/gettyimages

Medical Tribune: Die ESC-Guidelines aus dem Jahr 2021 empfehlen bei der HFrEF die Viersäulentherapie früh zu initiieren. Worauf muss der Hausarzt im klinischen Alltag bei der Umsetzung achten?

PD Dr. Attinger: Grundsätzlich gilt die Empfehlung der ESC für die Viersäulentherapie für alle Patienten mit einer HFrEF. Im klinischen Alltag gilt es bei der Umsetzung die individuelle Situation der Patienten zu berücksichtigen. Viele tolerieren das Therapieschema von Anfang an und erhalten alle vier Medikamentengruppen früh – oft sogar schon im Spital. Patienten mit tiefem Blutdruck weisen häufig eine geringere Toleranz auf. Hier ist es besonders wichtig die Dosis der blutdrucksenkenden Mittel, d.h. ACE-Hemmer, ARNI und Mineralokortikoid­antagonisten schrittweise zu erhöhen. Bei Patienten mit niedrigem Blutdruck empfiehlt es sich die Medikamente gestaffelt zu beginnen und schrittweise im Anschluss in kleinen Schritten (alle zwei bis vier Wochen) zu erhöhen. Tiefe Blutdruckwerte – unter 100 bis hin zu 90 mmHg systolisch – sind bei Patienten mit Herzinsuffizienz und schwer eingeschränkter linksventrikulärer Funktion nicht selten und können meist problemlos toleriert werden. Gerade Patienten mit tiefen Blutdruckwerten profitieren besonders von der Viersäulentherapie. Aus Studien wissen wir, dass die Viersäulentherapie auf die maximal tolerierten Dosen erhöht werden sollte, denn so reduzieren sich die Mortalität und die Hospitalisationsrate als klinische Outcomes. Wichtiger als das Erreichen der Zieldosis ist jedoch, dass alle Wirkstoffgruppen zum Einsatz kommen. Lieber alle vier Säulen etabliert, als eine voll ausgebaut.

Doch wann ist der Blutdruck zu tief? Die Werte sind zu niedrig, wenn die Patienten symptomatisch sind. So ist auch ein Blutdruck von 90 mmHg systolisch bei einem asymptomatischen Patienten kein Grund für eine Dosisreduktion. Eine typische Nebenwirkung ist der orthostatische Schwindel, über den es die Patienten aufzuklären gilt. So sollten sie wissen, dass sich dieser im Verlauf meist bessert. Zu prüfen ist auch immer, ob die diuretische Therapie reduziert werden kann.

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