Medical Tribune
17. Feb. 2017Wöchentlich etwa 150 Minuten aerobes Training

Hochintensives Intervalltraining bringt vor allem Herz und Kreislauf in Schwung

Beim hochintensiven Intervalltraining (HIIT) wechseln sich kurze, intensive Belastungsphasen mit weniger aktiven bzw. Ruhepausen ab. Bei weniger Zeitaufwand soll das die Gesundheit mindestens genauso fördern wie kontinuierliches moderates Ausdauertraining – stimmt das?

Unermüdlich empfehlen gängige Leitlinien mehr Bewegung, um der weltweiten Zunahme an gewichtsbedingten Stoffwechselkrankheiten und damit assoziierten kardiovaskulären Erkrankungen entgegenzuwirken. Wöchentlich etwa 150 Minuten aerobes Training von mäs­siger bis hoher Intensität, ergänzt durch Kraftübungen: So lautet das hehre Ziel. Der Schwerpunkt liegt dabei auf kontinuierlichem, moderatem Ausdauertraining (moderate-intensity continuous training, MICT).

Allerdings gibt es immer mehr Evidenz dafür, dass HIIT eine gute oder sogar bessere Alternative dazu darstellt, schreibt das Team um Dr. Sophie Cassidy von der Medical School der Newcastle University, Newcastle upon Tyne. Die Kollegen haben die Fachliteratur durchgesehen und zusammengetragen, welche Effekte durch HIIT zu erwarten sind.

  • Metabolische Gesundheit: Durch regelmässiges HIIT steigen in der Skelettmuskulatur der Glukosetransport und die mitochondriale oxidative Kapazität an. Auch die glyk­ämische Kontrolle wird durch das Intervalltraining deutlicher verstärkt – allerdings scheint HIIT in puncto Nüchternblutzucker und HbA1c-Wert nicht besser abzuschneiden als übliches Ausdauertraining.

Viszeralfett schmilzt

  • Körpergewicht: HIIT kann einen moderaten Gewichtsverlust von 0,5–4 kg induzieren. Ausserdem vermindert es die Körperfettmasse meist um 1–3 kg, selbst wenn das Gewicht stabil bleibt. Einige Studien konnten auch zeigen, dass HIIT viszerales und hepatisches Fett signifikant reduziert – ein wichtiger Befund, denn diese Fettdepots erhöhen das kardiovaskuläre Risiko und fördern Stoffwechselstörungen. Dennoch kommen die Autoren zu dem Schluss, dass es noch keine eindeutigen Belege für eine Überlegenheit des Intervalltrainings gegenüber dem bewährten Ausdauersport gibt.
  • Kardiovaskuläres System: Herz und Kreislauf profitieren deutlich klarer von HIIT als der Stoffwechsel. So führt es beispielsweise bei Patienten mit Hypertonie oder Herzinsuffizienz zu einem besseren strukturellen Remodelling als MICT. Und es wirkt sich positiv auf die systolische Funktion aus. Nach zwölfwöchigem HIIT konnte in einer Studie mit Herzinsuffizienz-Patienten ein Anstieg der Ejektionsfraktion um 35 % und des Schlagvolumens um 17 % gezeigt werden, während sich diese Parameter unter kontinuierlichem Ausdauertraining nicht änderten.

Darüber hinaus ergaben Studien eine Verbesserung der diastolischen Funktion unter HIIT, nicht jedoch unter MICT. Da die diastolische Dysfunktion ein unabhängiger Prädiktor für Mortalität ist, dürfte jegliche Verbesserung klinisch signifikant sein, schreiben die Autoren. Der grösste Vorteil von HIIT scheint jedoch die Verbesserung der kardiorespiratorischen Fitness zu sein. Grosse prospektive Studien weisen darauf hin, dass sie im Hinblick auf die Sterblichkeit mehr Bedeutung hat als etablierte Risikofaktoren. Die maximale Sauerstoffaufnahme (VO2max) gilt als Goldstandard, um die Fitness zu erfassen; zudem ist sie ein starker Indikator dafür, wie gut kardiales, pulmonales, vaskuläres und peripheres System zusammenarbeiten.

VO2max steigt doppelt an

Verschiedene Metaanalysen konnten zeigen, dass sich HIIT sehr günstig auf die VO2max auswirkt und sich sowohl bei Gesunden als auch bei koronaren oder kardiometabolischen Erkrankungen im Vergleich zum Ausdauertraining überlegen zeigt. Bei Studienteilnehmern mit erhöhtem kardiometabolischem Risiko fiel die Zunahme von VO2max unter HIIT fast doppelt so hoch aus wie unter Ausdauertraining (19,4% vs. 10,3%).

Generell erwies sich HIIT bisher als sicher und gut tolerabel. Falls es aber nicht praktikabel ist, nicht vertragen wird oder riskant erscheint, eignet sich auch weiterhin kontinuierliches moderates Ausdauertraining zur Förderung der Gesundheit.

Cassidy S et al. Diabetologia 2017; 60: 7–23.