Medical Tribune
7. Juni 2022Diabetes ist bei 70 Prozent adipositasassoziiert

Gewichtsreduktion als zentrales Therapieziel bei Diabetes Typ 2

Ein Typ-2-Diabetes entwickelt sich oft auf dem Boden einer Adipositas. Schaffen es die Patienten, ihr Gewicht deutlich zu reduzieren, erleichtert das die Glukosekontrolle und beeinflusst Gesundheit und Lebensqualität positiv. Experten fordern zudem, auch das medikamentöse Gewichtsmanagement in den Fokus der Therapie zu rücken.

Eine Gewichtsreduktion von 15 Prozent kann helfen, die Blutzuckerziele wieder zu erreichen.
iStock/Lyubov Kulikova

Lange Zeit konzentrierte man sich in der Diabetesbehandlung fast ausschliesslich auf die Blutzuckersenkung. Das änderte sich, als verschiedene Studien zeigten, dass einige moderne Antidiabetika einen kardiovaskulären Zusatznutzen bieten und das Risiko für Herzinfarkt, Schlaganfall und kardiovaskulären Tod weitgehend unabhängig von ihrer glukosesenkenden Wirkung zusätzlich reduzieren konnten. Nun ging es bei Patienten mit Typ-2-Dia­betes und hohem kardiovaskulärem Risiko darum, sie von diesem zusätzlichen Benefit profitieren zu lassen. Doch nach wie vor konzen­triert sich die Therapie darauf, metabolische Spätfolgen der Erkrankung zu verhindern oder zu behandeln.

Diabetes ist bei 70 Prozent adipositasassoziiert

Dabei könnte und sollte man viel früher ansetzen und den wichtigsten pathophysiologischen «Treiber» des Typ 2 und seiner metabolischen Komplikationen adressieren – die Adipositas. Dies fordert ein texanisches Autorenteam in einer kürzlich in The Lancet veröffentlichten Übersichtsarbeit (1). «Eine nachhaltige Reduktion des Körpergewichts um mindestens 15 Prozent induziert bei zahlreichen Patienten eine Diabetesremission und verbessert bei vielen weiteren Betroffenen die meta­bolische Situation ganz erheblich», schreiben die Experten.

Bei bis zu 70 Prozent der Patienten mit Typ-2-Diabetes liegt ein adipositasassoziierter Diabetes vor, dessen primäres pathophysiologisches Merkmal eine Insulinresistenz ist. Klinisch fallen diese Patienten durch stammbetonte Adipositas, erhöhten Taillenumfang, Acanthosis nigricans, Bluthochdruck, Hypertriglyzerid­ämie oder nichtalkoholische Fettleber auf. Bei dieser Patientengruppe sollte das Behandlungsziel eine Gewichtsreduktion von 15 Prozent und mehr sein.

Massnahmen zur Gewichtsreduktion kosten zwar Geld, so die Autoren, doch langfristig dürfte sich die Investition lohnen, da Komplikationen der Adipositas verhindert werden können.

Referenz
  1. Lingvay I et al. Obesity management as a primary treatment goal for type 2 diabetes: time to reframe the conversation. Lancet. 2022 Jan 22;399(10322):394-405. doi: 10.1016/S0140-6736(21)01919-X.