Neuer Ansatz bei Insomnie: Schlafförderung durch Reduktion der Wachheit
Prix Galien Suisse 2024 für QUVIVIQ
Der Prix Galien Suisse 2024 in der Kategorie «Primary & Speciality» geht an QUVIVIQ (Daridorexant) der Firma Idorsia. Das Medikament ist zugelassen zur Behandlung von chronischen Schlafstörungen1 und der erste zugelassene Wirkstoff aus der Klasse der dualen Orexin-Rezeptor-Antagonisten (DORA).
Zur Begründung der Jury-Auswahl erklärt Professor Dr. Reto Kressig, Mitglied der Jury Prix Galien Suisse: «Gezielt den Wachheitszustand zu reduzieren, anstatt generell zu sedieren, ist der bei QUVIVIQ innovative und grundsätzlich andere Ansatz in der Behandlung von Schlaflosigkeit. Es handelt sich dabei um den ersten Vertreter der neu geschaffenen Klasse der dualen Orexin-Rezeptor-Antagonisten. Der Vorteil dieses neuen Therapieansatzes begründet sich – bei guter Wirksamkeit – vor allem auch durch die gute Verträglichkeit, ohne Nebenwirkungen wie ‹Hangover› oder körperliche Abhängigkeits- und/oder Toleranzentwicklung.»
Schlafstörungen sind ein weit verbreitetes und häufig unterschätztes Phänomen. Die chronische Insomnie ist definiert als eigenständige Erkrankung mit einer Symptomatik – etwa Ein- und Durchschlafstörungen oder frühmorgendliches Erwachen –, die mindestens drei Monate lang an mindestens drei Tagen in der Woche auftritt und zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Tagesfunktionen führt. In der ICD-11-Klassifikation ist die chronische Insomnie neu mit dem eigenständigen spezifischen Code 7A00 gewürdigt. Mit der neuen ICD-Klassifikation haben Schlaf-Wach-Störungen zudem eine eigenständige Rubrik erhalten und sind nicht mehr den – immer noch stigmatisierenden – psychischen und Verhaltensstörungen zugeordnet. Die Behandlung chronischer Schlaflosigkeit ist notwendig, um die Lebensqualität zu verbessern und das Risiko langfristiger Komorbiditäten zu verringern.
Daridorexant setzt
bei der Wachheit an
Die Wirkstoffklasse der DORA unterscheidet sich grundlegend von den derzeit am Markt verfügbaren sedierenden Hypnotika, indem sie gezielt bei der Aktivität der wachmachenden Neuronen ansetzt. Die wachheitsfördernden Hirnregionen bleiben bei chronischer Schlaflosigkeit nachts hyperaktiv. Diese Wachheit wird über den Neurotransmitter Orexin angeregt. Daridorexant ermöglicht erholsamen Schlaf, ohne die physiologische Schlafarchitektur zu beeinträchtigen, und verbessert die Tagesaktivität bzw. das Wohlbefinden der Patienten und Patientinnen.
Keines der in der Schweiz bislang verfügbaren Medikamente ist für die Langzeitbehandlung der chronischen Insomnie zugelassen. Diesen ungedeckten medizinischen Bedarf adressiert QUVIVIQ, das sowohl den Schlaf als auch die Tagesaktivität und das Tagesempfinden bei chronischer Insomnie verbessert. Die Behandlungsdauer ist bei regelmässiger Überprüfung nicht beschränkt. Klinische Daten liegen für eine kontinuierliche Behandlung von zwölf Monaten vor.
Die neue Europäische Behandlungsguideline2 empfiehlt Daridorexant mit dem höchsten Empfehlungsgrad (A) und schreibt: «Die Einführung der DORA ist wahrscheinlich die bedeutendste Entwicklung der letzten Zeit in der pharmakologischen Behandlung von Schlaflosigkeit.»2
Die Zulassung von Daridorexant basiert auf einem internationalen, multizentrischen Phase-III-Studienprogramm, bestehend aus zwei dreimonatigen doppelblinden, placebokontrollierten Parallelgruppen-Studien, sowie einer neunmonatigen doppelblinden Verlängerungsstudie.3, 4 Insgesamt waren 1854 erwachsene Patienten im Alter von 18 bis 88 Jahren mit moderater oder schwerer chronischer Insomnie (gemäss DSM-5-Kriterien, Insomnia Severity Index Score ≥ 15) in die Studien eingeschlossen. Die Teilnehmer aller Studiengruppen erhielten zudem Empfehlungen zur Schlafhygiene. Dabei wurde erstmals im Rahmen der Zulassungsstudien die Auswirkung einer Behandlung der chronischen Insomnie auch auf die Tagesaktivität untersucht.
Gesamtschlafdauer signifikant verbessert
Als primäre Endpunkte waren die objektive Veränderung der Einschlaflatenz (Latency to Persistent Sleep, LPS; klinisch gemessen) sowie die Gesamtdauer der Wachphasen nach Schlafbeginn (Wake After Sleep Onset, WASO) definiert. Sie wurden mittels Polysomnografie als Veränderung gegenüber dem Ausgangswert zu den Monaten 1 und 3 gemessen. Sekundäre Endpunkte umfassten die Veränderung der empfundenen Gesamtschlafdauer (subjective Total Sleep Time, sTST) sowie die empfundene Veränderung der Tagesaktivität (Insomnia Daytime Symptoms and Impacts Questionnaire, IDSIQ). Die sTST wurde jeden Morgen mittels Schlaftagebuch-Fragebogen (Sleep Diary Questionnaire, SDQ) und die Tagesaktivität jeden Abend mithilfe des IDSIQ erfasst.
Die gemäss der Zulassung empfohlene Tagesdosis von 50 mg Daridorexant verbesserte bei Erwachsenen unabhängig von Alter und Geschlecht signifikant die Zeit bis zum Einschlafen, die Schlafaufrechterhaltung sowie die Gesamtschlafdauer nach einem und drei Monaten im Vergleich zu Placebo (s. Grafiken).3 Die für einen erholsamen Schlaf notwendige Schlafarchitektur blieb dabei erhalten. Das Medikament war insgesamt gut verträglich. Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählten Nasopharyngitis, Kopfschmerzen, versehentliche Überdosierung, Ermüdung, Schwindel, Übelkeit und Schläfrigkeit.
Die Verlängerungsstudie zeigte, dass die nach drei Monaten beobachteten Verbesserungen der wahrgenommenen Gesamtschlafdauer auch über einen Zeitraum von bis zu zwölf Monaten erhalten blieben.4
Swissmedic hat QUVIVIQ am 1. Dezember 2022 in der Schweiz zugelassen. Es ist das erste Medikament seiner Klasse für die Behandlung der chronischen Schlaflosigkeit, das sowohl die nächtlichen Symptome als auch die Leistungsfähigkeit am Tag (Tagesaktivität bzw. -befindlichkeit) verbessert. Das Präparat ist indiziert zur Behandlung von Erwachsenen mit Insomnie, deren Symptome seit mindestens drei Monaten anhalten und eine beträchtliche Auswirkung auf die Tagesaktivität haben.1