Bildgebung bei Verdacht auf Nierenstein
Bei einem Patienten mit starken, wellenförmigen Flankenschmerzen besteht der Verdacht auf einen Nierenstein als mögliche Ursache. Die Diagnose wird heute, wenn möglich, strahlenarm gestellt.
Beim Verdacht auf eine Urolithiasis waren früher die Nierenleeraufnahme und die Ausscheidungsurografie Standardverfahren zur Diagnose.
Diese spielen heute in der Akutdiagnostik kaum noch eine Rolle, wie Professor Dr. Martin Schönthaler und Professor Dr. Arkadiusz Miernik vom Universitätsklinikum Freiburg berichten (1).
Ultra-Low-Dose-CT kann auch bei «Risikogruppen» durchgeführt werden
Das bevorzugte diagnostische Verfahren ist hingegen mittlerweile die Sonografie. Sie ist schneller durchführbar, sodass Patienten nicht lange auf eine angemessene Schmerztherapie warten müssen. Zudem kann damit eine Strahlenexposition vermieden werden.
Als weiterführende Standarddiagnostik hat sich die native «Ultra-Low-Dose-CT» (UL-NCCT) etabliert. Die Strahlendosis bei diesem Verfahren liegt im Millisievert-Bereich (0,1-1 mSv), also deutlich niedriger als bei den Standard-CTs mit 8-10 mSv. Die Steine lassen sich damit ebenso gut identifizieren und charakterisieren. Bei Bedarf kann die UL-NCCT sogar bei «Risikogruppen» erfolgen.
Kinder haben etwa schon aufgrund ihrer längeren zukünftigen Lebenszeit ein höheres Risiko, an einem strahleninduzierten Tumor zu erkranken. Daher sollten CT-Untersuchungen bei ihnen vermieden werden, es sei denn, es besteht eine lebensbedrohliche Indikation. Allerdings erkennt die Sonografie bei Kindern fast die Hälfte aller Nierensteine nicht. Die UL-NCCT stellt hier eine echte Alternative dar.
Bei Schwangeren steht der Schutz des Fetus im Vordergrund, um teratogene Risiken zu vermeiden. Das geringste Risiko besteht vor der 8. bzw. nach der 23. Schwangerschaftswoche. Im Akutfall kann jedoch nicht immer darauf gewartet werden. Wenn die Sonografie kein eindeutiges Ergebnis liefert, kann die CT mit ultraniedriger Strahlendosis helfen.
Kontrastmittel-CT bei Verdacht auf Abszess
Sowohl die Sonografie als auch die Low-Dose-NCCT können zur präinterventionellen Planung eingesetzt werden. Die Low-Dose-NCCT geht mit einer geringeren Strahlenexposition einher als die Standard-CT. Allerdings ist die Strahlendosis mit 1-4 mSv höher als bei der UL-NCCT.
Die Kontrastmittel-CT wird immer noch verwendet, zum Beispiel wenn der Verdacht auf einen Abszess besteht, der während der Operation behandelt werden muss.
Bei der Überwachung während eines endourologischen Eingriffs kann eine Durchleuchtung nicht vollständig vermieden werden. Dabei gilt jedoch das ALARA-Prinzip (Strahlendosis «as low as reasonably achievable»).
Die Fusionsbildgebung, bei der präoperative CT- oder MRT-Aufnahmen mit dem intraoperativen Ultraschall- oder Röntgenbild kombiniert werden, hat sich in der Routine noch nicht etabliert, wird aber im Rahmen von Studien bereits getestet. Ähnliches gilt für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) (s. Kasten). Zur postoperativen Kontrolle kommen im Prinzip dieselben Modalitäten infrage wie für Planung und intraoperative Überwachung, vorzugsweise eine Sonografie.
Künstliche Intelligenz hilft bei der Diagnose
Wie schon in anderen medizinischen Disziplinen, etwa bei der Auswertung von EEG oder histologischen Präparaten, könnten Methoden der KI auch in der Nierenstein-Diagnostik Medizinern Arbeit abnehmen. Mithilfe der KI ist beispielsweise nicht nur die automatisierte Erkennung und Lokalisation von Steinen möglich, sondern auch die Analyse ihrer Zusammensetzung. Ein maschinelles Lernmodell (ML) konnte bereits Kalziumoxalat-, Harnsäure- und Struvitsteine hochspezifisch unterscheiden. Auch Prognosemodelle wurden mit KI und ML entwickelt, um anhand einer Vielzahl von Patientendaten zu entscheiden, welche Therapie in jedem Fall am erfolgversprechendsten bzw. am riskantesten ist.
Schönthaler M, Miernik A. Bildgebung bei Urolithiasis [Imaging for urolithiasis]. Urologie. 2023 Nov;62(11):1144-1152. German. doi: 10.1007/s00120-023-02193-3