Hydrochlorothiazid als Nierenstein-Rezidivprophylaxe überschätzt
Bei Nephrolithiasis will man erneuten Steinen medikamentös vorbeugen. Doch die dafür eingesetzten Thiaziddiuretika sind offenbar deutlich schlechter als ihr Ruf.
Problematisch bei Nephrolithiasis ist vor allem das hohe Rezidivrisiko. Die meisten Nierensteine bestehen aus Kalziumoxalat und/oder -phosphat. Da eine Hyperkalziurie ursächlich für die Konkremente ist und Thiaziddiuretika die renale Kalziumausscheidung reduzieren, erhalten viele Betroffene zur Rezidivprophylaxe entsprechende Medikamente.
Das Thiaziddiuretikum Hydrochlorothiazid (HCT) erfüllt diese Hoffnungen aber schon einmal nicht, berichten Forscher um Dr. Nasser Dhayat vom Inselspital Bern (1).
Mehr Nebenwirkungen unter der Hydrochlorothiazid-Therapie
Der Wirkstoff schützt offenbar nicht besser vor symptomatischen oder radiologischen Steinrezidiven als ein Scheinmedikament. Im Rahmen der NOSTONE-Studie behandelten sie 314 Patienten mit rezidivierenden kalziumhaltigen Nierensteinen über nahezu drei Jahre mit 12,5, 25 oder 50 mg/d Hydrochlorothiazid. Weitere 102 Betroffene bekamen ein Placebo.
Rezidive erlitten 59, 56 bzw. 49 Prozent der mit Hydrochlorothiazid Behandelten und 59 Prozent der Kontrollen. Diese Unterschiede waren nicht signifikant. Hydrochlorothiazid reduzierte zwar die renale Kalziumausscheidung stärker als Placebo, nicht jedoch die relative Übersättigung des Urins mit Kalziumoxalat und -phosphat: Diese Parameter bilden das Steinrisiko offenbar besser ab.
Die Hydrochlorothiazid-Behandlung verfehlte nicht nur ihr Ziel, die Rezidivprophylaxe, sondern erhöhte zudem das Nebenwirkungsrisiko: Hypokaliämie, Gicht, Diabetes mellitus, allergische Hautreaktionen sowie ein Anstieg des Kreatininspiegels traten unter dem Diuretikum häufiger auf als unter Placebo. Angesichts dieser Studienergebnisse sei eine Langzeittherapie mit Hydrochlorothiazid zur Steinprophylaxe nicht zu rechtfertigen, schliessen Dr. Dhayat und Kollegen.
Professor Dr. R. Todd Alexander von der University of Alberta in Edmonton ist ebenfalls zurückhaltend. Zunächst müssten grössere Untersuchungen mit längerer Nachbeobachtungszeit die Ergebnisse überprüfen. Das Nebenwirkungspotenzial der Thiaziddiuretika hält Prof. Alexander ebenfalls für problematisch. Neue effektivere und besser verträgliche Wirkstoffe zur Behandlung der Nephrolithiasis seien dringend notwendig.
- Dhayat NA et al. Hydrochlorothiazide and Prevention of Kidney-Stone Recurrence. N Engl J Med. 2023 Mar 2;388(9):781-791. doi: 10.1056/NEJMoa2209275
- Alexander RT. Do Thiazides Reduce the Risk of Kidney-Stone Recurrence? N Engl J Med. 2023 Mar 2;388(9):841-842. doi: 10.1056/NEJMe2300120