Gichttherapie mit viel Luft nach oben
Basis für die Gichtmanifestation ist eine Hyperurikämie, die in den meisten Fällen auf einer verminderten renalen Ausscheidung beruht, so Dr. Barbara Ankli von der Klinik für Rheumatologie, Basel, und Kollege. Ein vermehrter Harnsäure-Anfall kann mitbeteiligt sein – sei es durch purinreiche Nahrung oder im Rahmen eines erhöhten Zell-Turnovers.
Wenn der Harnsäurespiegel längere Zeit oberhalb des Sättigungswerts (6,8 mg/dl bzw. 400 µmol/l) liegt, kommt es zur Ausfällung in Form verschiedener Salze. Die Harnsäurekristalle aktivieren das sogenannte Inflammasom, mit der Folge einer Freisetzung von Interleukin-1 und einer hochentzündlichen Episode.
Die Therapie fusst auf zwei Säulen: der antientzündlichen Behandlung im akuten Gichtanfall und der Prophylaxe weiterer Schäden durch dauerhafte Harnsäurereduktion. Leitlinienkonform soll der Serumharnsäurespiegel < 6 mg/dl (360 µmol/l) gesenkt werden, in Spezialsituationen wie tophöser Gicht sogar unter 5 mg/dl (300 µmol/l).
Harnsäure < 6 mg/dl lautet das Ziel
Akute Gichtanfälle behandeln die Schweizer Kollegen bevorzugt mit Colchizin. Die Dosis sollte möglichst tief gehalten werden, um Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall zu vermeiden. In einer Studie war die niedrige Dosis (1,8 mg innerhalb der ersten Stunde) ebenso wirksam wie die hohe (4,8 mg über sechs Stunden) – bei deutlich besserer Verträglichkeit. In Basel gibt man im akuten Gichtanfall 1 mg Colchizin sofort, 0,5 mg eine Stunde später und am zweiten bis fünften Tag morgens und abends 0,5 mg. Alternativ kommt die Applikation von Ibuprofen (2x 800 mg/Tag) oder Celecoxib (2x 200 mg/Tag) infrage.
Colchizin-Dosis so gering wie möglich halten
Falls Colchizin oder NSAR kontraindiziert sind, kann man die entzündungshemmende Wirkung der Glukokortikoide nutzen. Für die orale Therapie werden 0,5 mg/kgKG Prednison über drei bis fünf Tage empfohlen, danach ausschleichen und nach zehn Tagen die Behandlung beenden. Patienten mit Schluckstörungen lassen sich parenteral behandeln (z.B. Methylprednisolon 0,5 mg/kgKG/Tag). Bei Monarthritis oder Oligoarthritis ist auch eine intraartikuläre Injektion (z.B. Triamcinolon) möglich.
Interleukin-1-Blocker wie Canakinumab sind eine neuere Therapieoption für spezielle Indikationen wie chronische Gicht und schwergradige Niereninsuffizienz. Die zielgerichteten Medikamente bewirken eine rasche Entzündungshemmung und Schmerzreduktion. Lebensstilinterventionen und diätetische Massnahmen senken die Harnsäurewerte um etwa 10 %, was in den meisten Fällen nicht ausreicht. Eine medikamentöse Harnsäuresenkung ist angezeigt bei mehr als zwei Gichtanfällen pro Jahr oder speziellen Risikosituationen wie tophöser Gicht, schwerer Niereninsuffizienz oder Urat-Nephropathie.
Angestrebt wird ein Ziel-Harnsäurewert von 6 mg/dl (360 µmol/l), bei vorhandenen Tophi unter 5 mg/dl (300 µmol/l). Da es bei Einleitung einer harnsäuresenkenden Therapie vermehrt zu Gichtanfällen kommt, sollte eine antientzündliche Schubprophylaxe (z.B. mit 0,5 bis 1 mg Colchizin täglich) über drei bis zwölf Monate erfolgen. Alternativ kommt die Gabe von Prednison infrage (z.B. 10 mg/Tag, nach zwei Wochen 5 mg/Tag), für den Einsatz von NSAR liegen bisher kaum Daten vor.
Monitoring vier Wochen nach Behandlungsbeginn
Mittel der Wahl zur Harnsäuresenkung sind Xanthinoxidase-Hemmer wie Allopurinol und Febuxostat. Allopurinol muss langsam auftitriert werden. Empfohlen wird eine Startdosis von 100 mg/Tag, bei schwerer Niereninsuffizienz beginnt man mit 50 mg/d oder 100 mg alle zwei Tage. Nach zwei bis vier Wochen kann eine erste Dosissteigerung erfolgen. Ein Monitoring mit Blutbild, Harnsäure-, Nieren- und Leberwerten ist nach vier Wochen indiziert und muss v.a. bei Niereninsuffizienten regelmässig wiederholt werden.
Eine wirksame Hemmung der Xanthinoxidase ist auch mit dem neueren Febuxostat möglich, das kein Purinanalogon ist und in Dosierungen von 40 mg/d bis maximal 120 mg/d eingesetzt wird. Bei leichter und mittelschwerer Niereninsuffizienz kann Febuxostat in normaler Dosierung gegeben werden. Eine Dosisanpassung ist erst bei schwerer Niereninsuffizienz (GFR 15–30 ml/min) erforderlich.
Urikosurika können zusammen mit einem Xanthinoxidase-Hemmer gegeben werden, wenn die Monotherapie nicht ausreichend greift, wobei Probenecid nur für Patienten mit GFR ≥ 60 ml/min infrage kommt. Uricase bewirkt eine rasche Harnsäurehemmung und eignet sich z.B. bei tophöser Gicht, gehört aber in die Hand des Spezialisten.
Quelle: Ankli B und Krähenbühl S. Therapeutische Umschau 2016; 73: 115-124