Medical Tribune
16. Apr. 2023Medikamenteninduzierte Hypersensitivitätsreaktion

Wie sich das DRESS-Syndrom zu erkennen gibt

Das lebensbedrohliche DRESS (Drug Rash with Eosinophilia and Systemic Symptoms)-Syndrom ist eine medikamentenbezogene Hypersensitivitätsreaktion mit vielen Ausprägungen und zahllosen Auslösern. Ihnen auf die Spur zu kommen, ist ebenso knifflig wie die Therapie der Erkrankung.

Arzneimittelexanthem auf Amoxicillin.
Drebert1968/wikimedia commons
Arzneimittelexanthem auf eine Behandlung mit Amoxicillin

Das DRESS-Syndrom ist unter zahlreichen Namen bekannt. Je nachdem, ob das auslösende Agens oder die Lokalisation der Manifestation im Mittelpunkt stehen, heisst es z.B. auch Carbamazepin-Phenytoin-­Hypersensitivitäts-Syndrom, Pseudo­ymphom-Syndrom oder medikamenteninduzierte Nephritis bzw. Lebererkrankung.

Alle bezeichnen die Reaktion auf einen Wirkstoff, die eine hohe Morbidität und Mortalität aufweist und in bis zu zehn Prozent der Fälle zu Langzeitschäden führt, berichtete Dr. Katharina Rose vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (1).

DRESS-Beschwerden: Exanthem, Fieber, Ödeme

Klinisch sind fast immer Exanthem und Fieber vertreten. Dazu können sich Gesichtsödeme und Lymph­adenopathie gesellen. Bei 75 Prozent der Patienten ist die Leber beteiligt, bei 37 Prozent sind es die Nieren und bei 32 Prozent die Lunge. Eine Eosinophilie findet sich in 95 Prozent der Fälle, zwei Drittel weisen atypische Lymphozyten auf. Die Beschwerden treten meist innerhalb von zwei bis acht Wochen nach Beginn der Medikamentenverabreichung auf – oft nicht gleichzeitig, sondern nacheinander.

Definitive Kriterien für die Erkrankung gibt es keine. Besteht der Verdacht auf DRESS, hilft der RegiSCAR-­Score. Biopsien von Haut, aber auch von Lymphknoten, Niere und Leber dienen vor allem zum Ausschluss der zahlreichen Differenzialdiagnosen wie Stevens-Johnson-Syndrom, Erythema multiforme, Vaskulitiden, systemischer Lupus erythematodes, Infektionen sowie Lymphome. Ausserdem könnte den Symptomen auch eine virale Reaktivierung zugrunde liegen.

Um das auslösende Medikament (s. Kasten) dingfest zu machen, ist eine gründliche Anamnese unverzichtbar. Testverfahren haben ihre Limitationen und sind nicht Teil der klinischen Routine, betonte Dr. Rose. Der Patch-Test beispielsweise hat nur eine niedrige Sensitivität (< 10%). Provokationstests werden aufgrund des Rezidivrisikos nicht empfohlen, spezifische IgE-Antikörper sind bei T-Zell-vermittelten Erkrankungen ohne Stellenwert.

Auslöser für das DRESS-Syndrom (Auswahl)

  • Antibiotika und andere Antiinfektiva wie Sulfonamide, Dapson, Penicilline, Minocyclin, Vancomycin
  • Antikonvulsiva wie Carbamazepin und Phenytoin
  • Antituberkulotika wie Ethambutol, Isoniazid und Rifampicin
  • Antirheumatische Wirkstoffe wie Leflunomid, Hydroxychloroquin, IL-1- und IL-6-Inhibitoren, Solcitinib
  • NSAR wie ASS, Celecoxib, Ibuprofen, Diclofenac

Hilfreich kann der Lymphozyten-Transformationstest (LTT) sein, er weist eine Sensitivität von 73 Prozent und eine Spezifität von 82 Prozent auf. Bei Antikonvulsiva, Tuberkulostatika und Betalaktam-Antibiotika ist seine Perfomance sogar besser.

Bei Verdacht auf DRESS und einem positiven RegiSCAR-Score wird zunächst das angeschuldigte Medikament abgesetzt. Mithilfe eines interdisziplinären Teams erfolgt je nach Manifestation die Einleitung einer symptom­orienterten Diagnostik.

Zur Behandlung wird neben supportiven Massnahmen eine Therapie mit hoch dosierten Glukokortikoiden empfohlen. Sie dämmen die Entzündung ein und reduzieren die Mortalität einer DRESS-assoziierten Myokarditis. Die Glukokortikoide werden dann langsam über Wochen und Monate vorsichtig ausgeschlichen. Erst nach dem Einleiten der Therapie folgt mit einigem Abstand dann die Kausalitätsdiagnostik.

Bei Therapieresistenz Ciclosporin empfohlen

Bei Therapieresistenz gibt es mehrere Optionen. Empfohlen wird Ciclosporin, da es schnell wirkt und die T-Zell-Proliferation hemmt. Weitere Wirkstoffe sind Cyclophosphamid oder JAK-Inhibitoren. Zu Letzteren gibt es zwei positive Fallberichte. Auch die intravenöse Immunglobulingabe war schon erfolgreich, eine prospektive Studie dazu wurde aufgrund von Sicherheitsbedenken jedoch abgebrochen. Für die Plasmapherese gibt es wenig Evidenz, sie kann bei Multiorganbeteiligung versucht werden. Gibt es Hinweise auf eine Reaktivierung humaner Herpesviren ist eine entsprechende antivirale Therapie einzuleiten.

Referenz

  1. Deutscher Rheumatologiekongress 2022, 31. August-3. September 2022, Berlin