Medical Tribune
20. Sept. 2022Tocilizumab & Co

Rheumatoide Arthritis: Männer sprechen möglicherweise besser auf DMARDS an

Eine neue Studie zeigt, dass Männer möglicherweise in der Frühphase der Erkrankung besser auf ihre Behandlungen ansprechen. Insbesondere beim Interleukin(IL)-6-Inhibitor Tocilizumab war der Unterschied deutlich. Das wirft Fragen zum Behandlungsalgorithmus von Männern und Frauen auf, und könnte ein Hinweis auf die Hintergründe geschlechtsbezogener Unterschiede bei RA sein.

Männer sprachen in einer neuen Studie besser auf eine frühzeitige Therapie mit Tocilizumab an.
Moyo Studio/gettyimages

Frauen erkranken häufiger an Rheumatoider Arthritis (RA) als Männer. Aber sprechen Männer möglicherweise auch besser auf ihre Therapie an? Darauf deuten im Journal Lancet Rheumatology veröffentlichte Ergebnisse hin (1).

In der Studie erzielte der IL-6-Inhibitor Tocizilumab bei Männern statistisch signifikant höhere Remissionsraten als bei Frauen. Aber auch unter anderen krankheitsmodifizierenden Antirheumatika (DMARDs) sowie unter konventioneller Therapie, gab es eine klare Tendenz zugunsten einer höheren Wirksamkeit bei Männern.

Generell mehr Remissionen bei Männern

Die aktuelle Untersuchung basiert auf einer Post-hoc-Analyse der randomisierten, kontrollierten Phase-4-Studie NORD-STAR. NORD-STAR schloss zwischen 2012 und 2018 812 Patienten aus Skandinavien, Island und den Niederlanden ein, die weniger als 24 Monate vor Studienbeginn eine RA-Diagnose erhalten hatten, und zuvor noch nicht mit DMARDs behandelt worden waren.

Sie erhielten (1:1:1:1) randomisiert eine Kombination aus Methotrexat und einem DMARD:

  • dem TNF-Blocker Certolizumab-Pegol
  • dem CTLA-4-Inhibitor Abatacept, oder
  • dem IL-6-Inhibitor Tocilizumab.

Als Vergleichsgruppe wurden Probanden mit einer konventionellen Therapie basierend auf Methotrexat in Kombination mit Prednisolon, oder Sulfasalazin, Hydrochloroquin und lokal angewendeten Glukokortikoiden behandelt. Zur Beurteilung der Wirksamkeit zogen die Forscher den Clinical Disease Activity Index (CDAI) heran.

In allen Gruppen erreichten Männer nach 24 Behandlungswochen etwas mehr Remissionen als Frauen:

  • 57 vs. 52 Prozent mit Certolizumab-Pegol,
  • 65 vs. 51 Prozent mit Abatacept, und
  • 61 vs. 40 Prozent mit Tocilizumab, oder
  • 55 vs. 50 Prozent mit den konventionellen Behandlungsregimes.

Nur unter den Tocilizumab-Behandelten war der Effekt statistisch signifikant unterschiedlich. Nach Beseitigung von potenziellen Störfaktoren hatten Männer mit Tocilizumab eine höhere Wahrscheinlichkeit auf eine Remission als mit einer konventionellen Therapie (0,12; 95%-KI: 0,00 – 0,23), während Frauen mit Tocilizumab etwas seltener eine Remission erreichten als unter konventioneller Therapie (-0,05; 95%-KI: -0,13 bis -0,02).

Geschlechterunterschied bei Tocilizumab künftig eventuell mitbedenken

In einem begleitenden Editorial loben die beiden Rheumatologen Dr. Alexandre Sepriano, PhD vom Hospital Egaz Moniz in Lissabon, sowie Dr. Elena Nikiphorou vom Londoner King’s College die Durchführung der Untersuchung, warnen aber vor möglicherweise verfrühten Rückschlüssen auf Basis der eher kleinen Studie (3). «Eine faire Schlussfolgerung auf Basis dieser Ergebnisse wäre wahrscheinlich, dass Männer und Frauen im Vergleich mit konventionellen Therapien ähnlich auf Biologika ansprechen – mit Ausnahme von Tocilizumab.» 

Dass Männer besser auf Biologika ansprechen könnten, wurde zuletzt im RA-Frühstadium für Inhibitoren gegen TNF-alpha gezeigt (4). Das konnte in der neuen Studie mit dem untersuchten TNF-alpha-Inhibitor Certolizumab-Pegol aber nicht gezeigt werden.

Laut den Autoren könnten hinter den geschlechtsspezifischen Effekten unterschiedliche Faktoren stecken – etwa eine unterschiedliche individuelle Schmerzbeurteilung durch Männer und Frauen. Aber auch mögliche biologische Hintergründe kommen in Frage: Einer davon sind Unterschiede im Signalweg von IL-6 zwischen Männern und Frauen. Darauf gibt es auch bereits einige Hinweise – so ist beispielsweise bereits bekannt, dass die Synthese von IL-6 östrogenabhängig ist (5).

Referenzen