Medical Tribune
26. Juni 2012Fünf Erfolgselemente für das Mitarbeitergespräch

Personalführung: Das Mitarbeitergespräch

Anweisungen, vielleicht mal ein schnelles Lob oder ein Anschnauzer, maximal ein kurzer Smalltalk - mehr ist im hektischen Praxisalltag nicht drin. Auf der Strecke bleibt da oft die "Führung" der Helferin. Daran sollten Sie als Chef ein besonderes Interesse haben, weil Sie ja die Mitarbeiter auf die Ziele "des Unternehmens" einschwören möchten.

Als geeignetes Instrument hat sich das strukturierte Mitarbeitergespräch erwiesen. Dabei handelt es sich, der Name sagt es schon, nicht um einen Monolog. Auch der Mitarbeiter wird aufgefordert, seine Sicht der Dinge äussern, auch wie die Zusammenarbeit im Team klappt und wie er das Führungsverhalten des Vorgesetzten beurteilt.

Fünf Erfolgselemente für das Mitarbeitergespräch

• Laden Sie Ihre Helferin rechtzeitig zum Gespräch ein. Versorgen Sie sie mit einem Gesprächsleitfaden. Auch sie muss sich vorbereiten können.
• Nehmen Sie sich Zeit fürs Gespräch und achten Sie darauf, dass Sie nicht gestört werden (Telefon!).
• Verschaffen Sie sich laufend einen Überblick über die Leistung Ihrer Helferinnen, nicht nur kurz vor dem Gesprächstermin. Nur so ist eine angemessene ­Beurteilung möglich.
• Nutzen Sie die Gelegenheit ruhig auch mal für ein all­gemeines Lob an Ihre Helferin. Dass es in einigen ­wenigen Details vielleicht nicht ganz rund läuft, da­rüber soll ja gerade gemeinsam gesprochen werden.
• Erstellen Sie ein Protokoll, in dem die Vereinbarungen fest­gehalten werden.

Zwei häufige Fehler beim Mitarbeitergespräch

• Der Arzt betrachtet das Mitarbeitergespräch eher als lästige Pflicht und nicht als Möglichkeit, mit den Helferinnen ohne Praxistrubel im Gespräch zu bleiben und sie auf die Ziele der Praxis einzuschwören.
• Im jährlichen Mitarbeitergespräch steht die Kritik an der Helferin im Mittelpunkt des Treffens, sodass sie in die Defensive gedrängt wird, nichts Konstruktives äussert und künftige Treffen scheut.

"Ich rede doch jeden Tag mit meinen Helferinnen", mag der eine oder andere denken. Ein in einer Gemeinschafts­praxis tätiger Kollege bekannte dagegen einmal: "Wir führen nur Gespräche mit den Helferinnen, wenn etwas schiefgelaufen ist." Mitarbeitergespräche verfolgen den Anspruch, den hektischen Praxisalltag auszublenden und die Arbeitsbeziehung insgesamt gemeinsam unter die Lupe zu nehmen – in Ruhe und unter vier Augen. Sie finden häufig in einer standardisierten Form statt, was die Verbindlichkeit des Gesprächs noch erhöhen kann. Eine Checkliste kann hier helfen.

Als Zugeständnis an das Kleinunternehmen Arztpraxis können Sie aber im Gegensatz zu grossen Unternehmen eine etwas individuellere Form des Gesprächs wählen, über dessen Inhalte Sie teilweise sogar Ihr Team mitbestimmen lassen können.

Das gehört zur gemeinsamen Rückschau im jährlichen Mitarbeitergespräch:

• Wie haben Sie die Leistung der Mitarbeiterin wahrgenommen, was hat sie gut gemacht und was weniger gut?
• Wie war ich als Chef? Habe ich meine Führungsaufgaben, also "Informieren, Delegieren, Motivieren", ordentlich gemacht?
• War die Helferin ihren Fähigkeiten entsprechend eingesetzt?
• Waren die Zuständigkeiten im Team klar geregelt?
• Wenn früher schon einmal ein Mitarbeitergespräch geführt wurde: Wurden die darin festgelegten Ziele erreicht? Wenn nein, warum nicht?

Mit Zielvereinbarungen die Zukunft gestalten

Zielvereinbarungen sind wichtig. Sprechen Sie an, welche Veränderungen oder Neuerungen Sie in der Praxis haben möchten und welchen Anteil die Helferin daran hat. Das können organisatorische Änderungen (längere Sprechstunden, kürzere Wartezeiten) oder strategische Entscheidungen sein, z.B. Einführung von regelmässigen Patientenschulungen, mehr IGeL-Medizin.

Daraus ergibt sich, dass auch der Fortbildungsbedarf angesprochen bzw. abgefragt werden muss. Vielleicht hat die Helferin ja darüber hinaus noch besondere Interessen, die momentan brachliegen und nutzbringend in die Praxis eingebracht werden können.

Im Gespräch kann sich auch herausstellen, dass eine Helferin in einer anderen Position viel besser eingesetzt ist, wie ein Kollege berichtete: "Eine meiner Mitarbeiterinnen ist sprachlich nicht gerade besonders auf der Höhe. Ihre Arztbriefe musste ich immer wieder noch einmal durchkorrigieren und darüber habe ich mich natürlich geärgert. Im Gespräch habe ich herausgefunden, dass sie viel lieber mit dem PC zu tun hat. Jetzt schreibt eine andere Helferin die Arztbriefe und sie ist in der Praxis für die Programmierung der PCs zuständig. Sie ist hochzufrieden und ich bin es auch."

Ein Gesprächsprotokoll empfiehlt sich, damit beide Seiten kontrollieren können, was vom Vereinbarten schon umgesetzt worden ist.

Mitarbeitergespräche schmackhaft machen

Vielleicht stossen Sie mit Ihrem Vorhaben, Mitarbeitergespräche einzuführen, nicht auf grosse Begeisterung. Wenn es um Leistungsbeurteilungen geht, neigen Angestellte zu einer gewissen Abwehrhaltung; es gibt Zweifel, dass man fair bewertet wird. Sie können deutlich machen, dass es genau darum geht.

Falls eine Helferin glaubt, dass ihre Leistung nicht angemessen gewürdigt wird, dann kann sie das in dem Gespräch darlegen – wann ergibt sich im Praxisalltag denn schon einmal dafür die Gelegenheit? Höchstens wenn sich der Frust so angestaut hat, dass er in einen ordentlichen Wutausbruch oder in totale Arbeitsverweigerung mündet.

Kündigen Sie also vorab am besten in einer Teambesprechung an, dass Sie sich künftig einmal im Jahr ausführlich mit jeder einzelnen Helferin unterhalten wollen, warum Sie das wollen und was Sie sich davon erhoffen, und zwar dass auch Sie daraus lernen wollen. Geben Sie die Diskussion frei. Vielleicht haben ja auch die Helferinnen Themenwünsche, die im Gespräch zur Sprache kommen sollen?

Gar nicht so selten muss aber auch der Chef selbst noch vom Nutzen des Mitarbeitergesprächs überzeugt werden. Es gibt ja nicht wenige Doktoren, die insgeheim denken: "Wozu reden? Die soll doch froh sein, dass sie hier arbeiten kann." Mit solch einer Einstellung wird ein Mitarbeitergespräch natürlich nicht viel bringen, denn man muss auch als Praxisinhaber bereit sein, sich auf den Dialog mit der Helferin einzulassen.