Medical Tribune
7. Mai 2024Therapeutisches Vakuum

Pulmonale Hypertonie bei chronischen Lungenerkrankungen am besten über die Grunderkrankung mitbehandeln

Im Verlauf einer chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) oder einer interstitiellen Lungenerkrankung (ILD) entwickeln viele Patienten eine pulmonale Hypertonie. Diese Komplikation kann ernsthafte Auswirkungen haben  – auch, da spezifische Therapieoptionen begrenzt sind.

Fibrosierendes Lungengewebe
Science Photo Library/Downer, Nigel

Wenn sich die Symptome eines Lungenkranken verschlechtern, obwohl die Lungenfunktion kaum Veränderungen zeigt, könnte eine pulmonale Hypertonie die Ursache sein. Die «pulmonale Hypertonie assoziiert mit Lungenkrankheiten und/oder Hypoxie» ist eine eigenständige Diagnose, die unabhängig von der Grunderkrankung auftreten und fortschreiten kann.

Unterschiede zu anderen Formen des Lungen­hochdrucks wie der pulmonal­arteriellen Hypertonie (PAH) bestehen nicht nur pathologisch, schreiben deutsche Autoren in einer Übersichtsarbeit im Journal Lancet Respiratory Medicine (1).

Gefässumbau beeinträchtigt den Gasaustausch

Sowohl die zunehmende Lungenfibrose bei ILD als auch der fortschreitende Verlust des Lungenparenchyms bei COPD können zu einer Störung der Lungenblutgefässe führen.

Zu den möglichen Folgen zählen der Verlust von Mikro­gefässen und die Proliferation von Endothel- und Muskel­zellen in den Gefäss­wänden. Zusammen mit der zugrundeliegenden Lungen­­erkrankung beeinträchtigen diese Umbau­prozesse den Gas­austausch und die Aufnahme von Sauerstoff. Dadurch erhöht sich unter anderem das Risiko für eine Rechtsherzinsuffizienz.

Der Verdacht auf eine pulmonale Hypertonie bei Patienten mit chronischen Lungen­erkrankungen besteht insbesondere dann, wenn die Symptome sich verschlechtern und dies nicht anderweitig zu erklären ist.

Eine Abklärung ist aber auch vor einer Lungenvolumenreduktion oder -transplantation ratsam. Sie empfiehlt sich weiter bei Patienten mit erhöhtem Risiko für eine pulmonalarterielle Hypertonie (PAH) oder eine chronisch thromboembolische pulmonale Hypertonie (CTEPH).

Zu den Risikofaktoren für eine PAH gehören unter anderem systemische Sklerose, andere Kollagenosen, portale Hypertonie und eine HIV-Infektion. Ein Risikofaktor für CTEPH ist zum Beispiel eine vorangegangene venöse Thromboembolie.

Diagnose und Therapie

Die ersten diagnostischen Schritte umfassen nichtinvasive Untersuchungen wie Biomarker-Tests (z.B. NT-proBNP) sowie bildgebende Verfahren wie Thorax-CT und Echokardiografie. Wenn der Verdacht auf eine pulmonale Hypertonie erhärtet wird, kann eine Rechtsherzkatheteruntersuchung in einem spezialisierten Zentrum zur weiteren Abklärung durchgeführt werden.

Diese Untersuchung ist jedoch nur dann empfehlenswert, wenn sich daraus therapeutische Konsequenzen ergeben oder wenn eine Volumenreduktion oder Transplantation geplant ist. Je nach Befund erfolgt die Unterscheidung zwischen:

  • nichtschwerer pulmonaler Hypertonie (mPAP, mean pulmonary arterial pressure > 20 mmHg und PVR, mean pulmonary arterial pressure ≤ 5 Wood-Einheiten) und
  • schwerer pulmonaler Hypertonie (mPAP > 20 mmHg und PVR > 5 Wood-Einheiten).

Die Therapie von Lungenpatienten mit pulmonaler Hypertonie konzentriert sich hauptsächlich auf die optimale Behandlung der Grunderkrankung und vorhandener Begleiterkrankungen. Dazu gehört etwa die obstruktive Schlafapnoe.

Unterstützende Massnahmen wie nichtinvasive Beatmung können ebenfalls erforderlich sein. Die Gabe von zusätzlichem Sauerstoff ist bei Hypoxämie in Ruhe angezeigt. Eine pulmonale Rehabilitation hat sich als hilfreich erwiesen. Und das sowohl für Patienten mit Lungenerkrankungen im Allgemeinen als auch für solche mit pulmonaler Hypertonie.

Längerfristig nützliche Medikamente fehlen

Zur Behandlung der pulmonalen Hypertonie assoziiert mit Lungen­erkrankungen kommen in der Praxis trotz fehlender Evidenz vor allem vasoaktive Medikamente zum Einsatz. Diese sind eigentlich lediglich für die PAH zugelassen. Die Autoren empfehlen jedoch, diese Medikamente erst ab einem PVR von 3 Wood-Einheiten in Betracht zu ziehen.

Derzeit gibt es für die meisten Patienten mit fortgeschrittener Grunderkrankung kein Medikament, das nachweislich einen dauerhaften Nutzen in Bezug auf die körperliche Belastbarkeit, die Lebensqualität oder das Überleben bringt.

Bei pulmonaler Hypertonie, die mit einer interstitiellen Lungenerkrankung assoziiert ist, scheint inhalatives Treprostinil eine positive Wirkung auf die körperliche Leistungsfähigkeit zu haben.

Obwohl nicht durch systematischen Untersuchungen belegt, könnten Patienten mit schwerer Ausprägung des Lungenhochdrucks auch von einer Behandlung mit PDE-5-Hemmern profitieren.

Die begrenzte Anzahl von Studien, die einen Nutzen pulmonaler vasoaktiver Therapien zeigen, unterstreicht die Notwendigkeit weiterer Forschung in diesem Bereich, einschliesslich der Phänotypisierung der Patienten, so die Autoren der Übersichtsarbeit.