Medical Tribune
23. Jan. 2016Pneumologen setzen nun auf personalisierte Therapien

Asthma-Therapie individuell ausrichten!

"Unsere Krankheitsmodelle und Leitlinien sind immer noch viel zu simpel gestrickt für die heterogene Krankheit Asthma bronchiale", erklärte Professor Dr. Ian Douglas Pavord von der Universität Oxford. Speziell die Leitlinien würden weiterhin das Motto "One size fits all" empfehlen, statt das Augenmerk auf komplexe individuelle Patientencharakteristika zu richten.

Asthma bestehe eben nicht nur aus steroidsensitiver eosinophiler Entzündung, die zu Remodeling, Atemwegsdysfunktion, Symptomen und Exazerbationen führe. Vielmehr seien an der Pathogenese viele Zellarten des Immunsystems, aber auch die Epithelzellen der Atemwegsmukosa beteiligt und jede Menge Media­toren und Zytokine – viele Ansatzpunkte für eine Behandlung also.

Sputumanalyse verbessert Asthmatherapie

Als nützliche Untersuchungstechnik hat sich das induzierte Sputum erwiesen, das auch bei schwer kranken Patienten zu gewinnen ist. Es trägt dazu bei, eosinophile von neutrophiler Atemwegsinflammation zu unterscheiden. Das ist wichtig, weil nur die eosinophile, nicht aber die neutrophile Entzündung gut auf inhalative Kortikosteroide (ICS) anspricht. Allerdings besteht keine klare Korrelation zwischen der Aktivität der eosinophilen Entzündung und der Symptomschwere.

Prof. Pavord nannte als Beispiel zwei Patienten – der eine mit hoher Peak-flow-Variabilität und starkem Verbrauch an Akutmedikation, aber nur geringer Eosinophilie, der andere das genaue Gegenteil: gleichmässiges Peak-flow-Profil, kaum Bedarfsmedikationsverbrauch, starke Eosinophilie. Der zweite Patient erwies sich als Sorgenkind mit zwei schweren Asthmaattacken in einem Jahr, die beide fast tödlich endeten.

Eosinophile reagieren auf Steroide - Neutrophile kaum

Die Information über die Atemwegs­entzündung hilft, die Therapie ad­äquat auszurichten. Das zeigte schon vor mehr als zehn Jahren eine Studie, in der eine Gruppe von Patienten nach Leitlinie, also letztlich anhand der Symptomatik, die andere anhand des Sputumbefundes behandelt wurde. Die zweite Gruppe hatte hoch signifikant weniger Ex­azerbationen und Hospitalisierungen, obwohl in der Lungenfunktion kein Unterschied bestand. "Diese Studie änderte mein Weltbild", sagte Prof. Pavord. "Nur indem man die Therapie an der tatsächlich ablaufenden Entzündung orientiert hat, besserte sich das Ergebnis dramatisch."

Sputum- und andere Laborbefunde werden künftig weiter an Bedeutung gewinnen, wenn die molekular zielgerichteten Therapeutika Einzug in die Asthmabehandlung halten. Der Interleukin-5-Antikörper Mepolizumab beispielsweise, dessen baldige Zulassung in Euro­pa erwartet wird, stellt nach Auffassung des Referenten eine vielversprechende Neuerung dar.

Klinik soll Therapie weiterhin bestimmen

Das Medikament funktioniere aber nur dann gut, wenn man die Patienten entsprechend selektieren könne. Ein zentraler Punkt sei also die Entwicklung einfach zu messender Biomarker, mit denen sich die Response vorhersagen lasse. So korreliert die Eosinophilenzahl mit IL-5, der Periostinspiegel mit IL-13 und NO im Exhalat (FeNO) mit beiden Zytokinen. Interessant daran: Die Parameter erlauben zwar keine Vorhersage über Therapieeffekte auf die Lungenfunktion, aber auf Asthmaattacken und Symptome.

Die individualisierte Therapiestrategie wird allerdings nicht für jeden Patienten sinnvoll sein, betonte Prof. Pavord. Das Gros der leicht und mittelschwer erkrankten Asthmatiker fährt sehr gut mit den bisherigen Strategien. Je schwerer jedoch die Erkrankung, desto wichtiger wird es, die Behandlung den individuellen Charakteristika anzupassen.

Quelle: ERS International Congress, London, 2015