Medical Tribune
27. Okt. 2023Delir hinterlässt Spuren

Delir gefährdet Hirnleistung und Nerven

Ein Delir bringt offenbar beträchtliche Einbussen bei der kognitiven Funktion mit sich. Und das vor allem für Personen mit eigentlich guter Hirnleistung. Das ist das Ergebnis einer neuen Kohortenstudie.

Ein Delir hinterlässt Spuren im Gehirn.
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Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass ein Delir mit einem erhöhten Risiko für kognitiven Abbau und Demenz einhergeht. Die zugrunde liegenden biologischen Mechanismen sind weitgehend unbekannt.

Ein norwegisches Team untersuchte in einer prospektiven Kohortenstudie, wie sich delirante Episoden bei älteren Menschen auf die Kognition auswirken und ob das Delir zu Nervenzellschäden führt.

Teilnehmer waren die 210 Personen in der Region Sandefjord, die mindestens 65 Jahre alt waren, und die mindestens einmal wöchentlich von einem ambulanten Pflegedienst besucht wurden.

Blutmarker zeigt Nervenzellschäden an

Über einen Zeitraum von zwei Jahren unterzogen sich die Teilnehmer alle sechs Monate einer ausführlichen Untersuchung. Diese umfasste das Montreal ­Cognitive Assessment (MoCA) und die Bestimmung der Neurofilament light chain (NfL) als Blutmarker für neuronale Schäden. Bei akuter Veränderung des mentalen Status oder stationärer Einweisung wurden die Teilnehmer einmal täglich auf ein Delir hin untersucht.

160 (76 %) der 210 Personen waren mässig oder schwer gebrechlich, und 112 (53 %) lebten mit einer Demenzerkrankung.

Während der zweijährigen Nachbeobachtungszeit erlitten 42 Prozent der Teilnehmer eine oder mehrere delirante Episoden. Das Auftreten eines Delirs war unabhängig assoziiert mit einer Abnahme des MoCA-Scores bei der nächsten halbjährlichen Routine-Untersuchung – auch nach Adjustierung für Alter, Geschlecht, Bildung, früherem MoCA-Score und Frailty.

Die ausgeprägteste Abnahme des MoCA-Scores wurde bei Personen beobachtet, die zu Beginn der Studie bessere kognitive Funktionen aufgewiesen hatten.

Teilnehmer mit Delirium und guter kognitiver Vorfunktion sowie Teilnehmer mit einer hohen NfL-Spitzenkonzentration während eines Krankenhausaufenthalts hatten zudem bei der nächsten 6-monatigen Nachuntersuchung einen erhöhten NfL-Wert.

Studien zur Delir-Prävention gefordert

Bei Menschen ab 65 Jahren gingen delirante Episoden mit einer Abnahme des MoCA-Scores einher. Ausgeprägtere neuronale Läsionen – gemessen mithilfe des NfL – während einer akuten Erkrankung und Delir waren mit einer stärkeren kognitiven Einbusse assoziiert, schreiben die Autoren.

Ihr Fazit: Delirante Episoden schädigen das Gehirn. Daher sollten weitere Studien untersuchen, ob sich eine Delir-Prävention positiv auf langfristige kognitive Ergebnisse auswirkt.