Medical Tribune
27. Mai 2024CPI kommen selten allein

Komedikation kann Therapieerfolg der Checkpoint-Inhibition gefährden

Bei vielen Krebserkrankten werden neben der spezifischen Tumortherapie auch andere Medikamente eingesetzt. Wenn diese Medikamente eine direkte immunsuppressive Wirkung haben oder das Mikrobiom stören, kann dies die Wirksamkeit einer Checkpoint-Inhibition beeinträchtigen. Forscher haben nun fünf verbreitete Wirkstoffklassen identifiziert, auf die dies zutreffen könnte. Die Ergebnisse wurden auf dem European Lung Cancer Congress 2024 präsentiert.

Manche Wirkstoffklassen können den Therapieerfolg der Checkpoint-Inhibition gefährden.
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Prof. Dr. Dr. Alessio Cortellini von der Università Campus Bio-Medico di Roma in Rom erläutert, dass bestimmte Medikamente mit einer Störung des Darmmikrobioms in Verbindung gebracht werden, was potenzielle Auswirkungen auf die Immuntherapie haben kann (1).

In einer Studie untersuchte er zusammen mit Kollegen, wie sich verschiedene Medikamentenklassen auf das Gesamtüberleben unter einer Checkpoint-Inhibition auswirken.

Fünf Wirkstoffklassen stören Checkpoint-Inhibition

Sie berücksichtigten 1.012 Erkrankte mit fortgeschrittenen Malignomen, die gegen PD1 oder PD-L1 gerichtete Behandlungen erhielten, und stratifizierten für zahlreiche Kofaktoren, darunter Tumorentität, Alter, Krankheitslast und BMI.

Besonders problematisch erwiesen sich fünf Medikamentenklassen:

  1. Kortikosteroide
  2. Antibiotika
  3. Protonenpumpenhemmer
  4. Opioide
  5. Metformin

Kortikosteroide

In einer Auswertung mit 455 Personen hatte eine Kortikosteroid-Dosis von ≥ 10 mg Prednisonäquivalent bei fortgeschrittenem NSCLC einen deutlich negativen Einfluss auf das Überleben unter Checkpoint-Inhibition (p < 0,001).

Der Zusammenhang besteht jedoch nur, wenn die Einnahme aus tumorbedingten Gründen erfolgt. Der Referent ist überzeugt, dass die Interaktion spezifisch ist. Auch bei Patienten, die mit Chemotherapie behandelt wurden, gab es einen Einfluss auf das PFS, jedoch war der Effekt bei Immuntherapie-Rezipienten deutlich stärker.

Antibiotika

Auch Antibiotika, die Patienten in den 30 bis 60 Tagen vor Beginn der Checkpoint-Inhibition einnehmen, sind mit schlechteren Ergebnissen assoziiert. Dies gilt insbesondere, wenn diese Substanzen prophylaktisch eingesetzt werden. In Daten aus der POPLAR/OAK-Studie zeigte sich ein Unterschied in der Prognose speziell für Patienten, die Atezolizumab erhielten, jedoch nicht für Patienten, die eine unselektive Chemotherapie mit Docetaxel erhielten.

Der Experte stellt in Aussicht, dass es möglicherweise Mitigationsstrategien wie den Einsatz von Probiotika geben könnte. In zwei Kohorten mit NSCLC-Patienten verlängerten Probiotika selektiv das Gesamtüberleben von Personen, die Antibiotika eingenommen hatten.

Protonenpumpenhemmer

Ähnliches gilt auch für Protonenpumpenhemmer, insbesondere bei prophylaktischer Anwendung. Bei NSCLC-Patienten, die Pembrolizumab als Erstlinientherapie erhielten, verkürzten Protonenpumpenhemmer das mediane PFS (5,4 Monate vs. 10,3 Monate; HR 1,36; p = 0,0001). Bei Patienten, die eine platinbasierte Chemotherapie erhielten, war hingegen kaum ein Effekt zu beobachten.

Wie Antiinfektiva kann auch diese Wirkstoffklasse Veränderungen im Mikrobiom verursachen. Die Forscher erstellten einen kumulativen Score basierend auf der Anwendung von Kortikosteroiden, Antibiotika und Protonenpumpenhemmern. Dadurch konnten sie die Teilnehmer in drei Risikogruppen einteilen.

Opioide

«Hier ist der negative assoziative Bias vermutlich am stärksten, da Opioide vorrangig Patienten mit hoher Symptom- und Krankheitslast gegeben werden», warnt Prof. Cortellini. Es gibt jedoch auch Hinweise darauf, dass Morphin immunsuppressive Effekte hat und Opioide Dysbiosen verursachen können.

In seiner Kohorte blieb nach Berücksichtigung zusätzlicher Einflussfaktoren ein signifikanter Unterschied im PFS bestehen (p = 0,034), jedoch kein Effekt auf das OS. Im Setting der bestmöglichen Supportivversorgung scheint Methylnaltrexon das Gesamtüberleben zu verlängern.

Diabetesmedikationen

Als letzte Gruppe identifizierten die Forscher Patienten, die neben einer Checkpoint-Inhibition auch glukosesenkende Medikamente erhielten. In einer Differenzialanalyse hatte der Nachteil nur Auswirkungen auf diejenigen, die Metformin erhielten (OS HR 1,59; p = 0,0017; PFS HR 1,37; p = 0,016).

Für andere Diabetesmedikamente wurde kein signifikanter Einfluss festgestellt. Der Onkologe wies darauf hin, dass Metformin einige immunmodulatorische Effekte hat, die wahrscheinlich vom Kontext abhängen. Da Metformin Durchfall verursacht, kann es auch das Darmmikrobiom beeinflussen.

Fazit

Insgesamt gibt es klare Hinweise darauf, dass bestimmte Begleitmedikationen bei mit Checkpoint-Inhibition behandelten Patienten eine immunsuppressive Wirkung haben können. Der wahrscheinlichste Mechanismus ist eine Störung des Darmmikrobioms, ordnet Prof. Cortellini ein. Vor diesem Hintergrund kann er sich vorstellen, Optimierungsstrategien für den Medikamentenplan sogar in onkologische Leitlinien aufzunehmen. Eine solche Empfehlung könnte beispielsweise lauten, Protonenpumpenhemmer zu vermeiden, wenn keine eindeutige Indikation vorliegt.

«Schlussendlich können wir aber nicht ohne gewisse konkomitante Medikationen auskommen. Es braucht also definitiv zusätzliche Forschungsbestrebungen, um nach Mitigationsstrategien zu suchen», schliesst Prof. Cortellini.