Medical Tribune
17. März 2024Sowohl in der Erstlinie als auch im Rezidiv bringen moderne Konzepte Vorteile

CLL: Die Zukunft ist chemotherapiefrei und zeitlich limitiert

Die Behandlung der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) entwickelt sich zunehmend in Richtung chemotherapiefreier und zeitlich begrenzter Therapieregime. Diese ermöglichen sowohl in der Erstlinienbehandlung als auch im Rezidiv tiefe Remissionen. Dabei wird die Behandlung durch die Bestimmung der minimalen Resterkrankung (MRD) zunehmend individueller, wie Experten am 65. ASH Annual Meeting berichteten.

Chronische Lymphatische Leukämie
Science Photo Library/Biophoto Associates
Die chronische lymphatische Leukämie ist die häufigste leukämische Erkrankung im Erwachsenenalter.

Zur neu diagnostizierten CLL läuft unter anderem die ­CLL13-Studie (GAIA). Darin untersuchte man 926 fitte und therapienaive Patienten ohne TP53-Mutationen in vier verschiedenen Armen:

  • Kontrollgruppe: Standard-Chemoimmuntherapien (CIT) mit Fludarabin, Cyclophosphamid und Rituximab oder Bendamustin und Rituximab
  • Rituximab/Venetoclax (RV)
  • Obinutuzumab/Venetoclax (GV)
  • Obinutuzumab + Ibrutinib + Venetoclax (GIV)

Die experimentellen Regime wurden über zwölf Zyklen verabreicht. Die Studie hatte zwei ko-primäre Endpunkte:

  • den Anteil an Personen mit nicht-detektierbarer minimaler Rest­erkrankung (MRD) zu Monat 15
  • das PFS

GIV bei IGHV-unmutierten Patienten überlegen

Dr. Moritz Fürstenau von der Uniklinik Köln präsentierte aktualisierte Ergebnisse, nachdem alle Teilnehmer die Studienmedikation abgeschlossen hatten (1). Die PFS-Ergebnisse waren wie folgt:

  • GV vs. CIT: HR 0,47; p < 0,001
  • GIV vs. CIT: HR 0,30; p < 0,001
  • GV vs. RV: HR 0,57; p = 0,001
  • GIV vs. RV: HR 0,38; p < 0,001

Zwischen GV und GIV fiel der Unterschied nicht signifikant aus (HR 0,63; p = 0,03), aber in der Subgruppe von Patienten mit unmutiertem IGHV erwies sich GIV als signifikant überlegen (HR 0,58; 95%–KI 0,36–0,94; p = 0,025). Die Vier-Jahres-Raten für das PFS betrugen

  • 62,0 % (Chemoimmuntherapie),
  • 70,1 % (RV),
  • 81,8 % (GV) und
  • 85,5  % (GIV).

In einer multivariaten Analyse wurden unmutiertes IGHV und ein Lymphknoten-Bulk als unabhängige Risikofaktoren für ein kürzeres PFS in den kombinierten GV- und GIV-Armen identifiziert.

Molekulargenetische MRD-Bestimmung klar im Vorteil

Bei der Bestimmung der MRD erwies sich dabei eine molekulargenetische Methode mittels Next Generation Sequencing mit einer Sensitivität von < 10-6 als überlegen gegenüber der konventionellen Durchflusszytometrie (< 10-4). In allen Studienarmen hatten Patienten mit MRD-Negativität < 10-6 ein längeres PFS als diejenigen mit MRD-Werten zwischen 10-4 und 10-6. Unter GIV war der Anteil von Personen mit sehr tiefer Remission (< 10-6) etwas höher als unter GV (66,2 % vs. 60,3 %).

Darüber hinaus berichtete Dr. Fürstenau von der Phase-II-Studie CLL2-BAAG, in der Patienten mit rezidivierter oder refraktärer CLL Acalabrutinib in Kombination mit Venetoclax und Obinutuzumab erhielten (2). Wenn eine MRD-Negativität auf einem Niveau von < 10-4 erreicht wurde, konnten die Teilnehmer die anschliessende Erhaltungstherapie mit den drei Medikamenten beenden. Andernfalls wurden alle Substanzen für bis zu 24 Monate weitergegeben.

Von den 45 auswertbaren Personen erreichten 25 (55,6 %) vor Ablauf der zwei Jahre eine MRD-Negativität und beendeten die Behandlung. Insgesamt wurden 93,3 % zu irgendeinem Zeitpunkt im Verlauf der Studie MRD-negativ, darunter auch 17 von 18 Patienten, die zuvor bereits Venetoclax und/oder einen BTK-Inhibitor erhalten hatten, sowie 13 von 14 Patienten mit TP53-Aberrationen. Der MRD-negative Status wurde im Median 5,4 Monate nach Beginn der Studienmedikation erreicht.

Chance auf MRD-Negativität wächst unter dem Trio

Das PFS nach 30 Monaten betrug 88,2 Prozent. Für Patienten mit einer TP53-Mutation (85,7 %) und für diejenigen, die zuvor mit BTK-Inhibitoren und/oder Venetoclax behandelt wurden (93,3 %), war das PFS ähnlich hoch.

Insgesamt bewährte sich in der Studie die MRD-gestützte Gabe der Erhaltungstherapie. Auch Patienten, die zunächst keine MRD-Negativität aufwiesen, hatten im weiteren Verlauf gute Chancen, dies unter der Dreierkombination zu erreichen.

Fazit CLL13-Studie

Die Regime mit Obinutuzumab waren in der CLL13-Studie den anderen nach mehr als vier Jahren Nachbeobachtung überlegen, resümierte Dr. ­Fürstenau; Patienten mit unmutiertem IGHV schienen von der Zugabe von Ibrutinib (GIV versus GV) zusätzlich zu profitieren.