Medical Tribune
18. Okt. 2023Weniger Toxizitäten mit BrECADD

Hodgkin-Lymphom: Neuer Standard BrECADD?

Das Regime BrECADD ist eskaliertem BEACOPP für die Therapie des fortgeschrittenen klassischen Hodgkin-Lymphoms nicht unter­legen. In der HD21-Studie zeichnete sich bereits in der Interims­analyse ein Trend zur Überlegenheit ab. Damit setzt BrECADD einen neuen Standard.

Röntgenbild eines Oberkörpers mit Hodgkin-Lymphom.
Science Photo Library/Science Source

Erwachsene mit fortgeschrittenem Hodgkin-Lymphom wurden bislang mit dem eskalierten BEACOP*-Regime (Bleomycin, Etoposid, Doxorubicin, Cyclo­phosphamid, Vincristin, Procarbazin, Prednison­; eBEACOPP) behandelt.

Wie lange und intensiv, hing vom metabolischen Ansprechen ab. Da das Protokoll eine relevante therapiebedingte Morbidität verur­sacht, hat die Deutsche Hodgkin-Studiengruppe (GHSG) nun in der HD21-Studie eine weniger toxische Strategie erprobt. Diese scheint mindestens genauso effektiv zu sein scheint, wie Prof. Dr. ­Peter ­Borchmann von der Uniklinik Köln berichtet (1).

BrECADD statt eBEACOPP

In der Phase-III-Studie verglich sein Team PET-geführtes ­eBEACOPP randomisiert mit einer ebenfalls PET-geführten Kombination aus Brentuximab-Vedotin, Etoposid, Cyclophos­phamid, Doxorubicin, Dacarbazin und Dexamethason (BrECADD). In HD21 behandelten sie insgesamt 1.500 Patienten (Alter 18–60 Jahre) mit neu diagnostiziertem fortgeschrittenem klassischem Hodgkin-Lymphom in 233 Zentren in neun Ländern.

Die Teilnehmer erhielten randomisiert in Abhängigkeit vom Ergebnis der PET2-Untersuchung vier oder sechs Zyklen eines der beiden Protokolle.

Überlegenheit von BrECADD gegenüber eBEACOPP verfehlte Signifikanz

Rund 57 Prozent der Patienten bekamen vier von vier geplanten Zyklen und ca. 38 Prozent sechs Zyklen der jeweiligen Therapie. In der Interims­analyse nach median 40 Monaten betrug die PFS-Rate nach drei Jahren 92,3 Prozent für eBEACOPP und 94,9 Prozent für BrECADD. Daraus ergab sich ein Schätzwert für die Hazard Ratio von 0,63. Dieser lag damit weit unter der vorgegebenen Grenze von 1,02 für Nicht-Unterlegenheit, betont der Experte.

Progression oder frühe Rezidive nach weniger als einem Jahr erlitten 37 Personen in der Kontrolle (5 %) gegenüber 16 im Prüfarm (2,2 %).

Darüber hinaus beobachteten die Autoren einen Trend für eine Überlegenheit von ­BrECADD gegenüber ­eBEACOPP. Mit einem 99-prozentigen Konfidenzintervall von 0,37–1,07 verfehlt diese Tendenz derzeit allerdings noch die Signifikanz. Das Gesamtüberleben nach drei Jahren ist mit jeweils 98,5 Prozent in beiden Armen bisher identisch.

Transfusionsbedarf, neuro- und gonadale Toxizität und Mortilität unter BrECADD reduziert

Bereits zuvor, so berichtet Prof. Borchmann, zeigte die Studie für BrECADD eine relevante Reduktion des Transfusionsbedarfs, eine wesentlich geringere Neuro- oder gonadale Toxizität sowie das Fehlen jeglicher behandlungsbedingter Mortalität gegenüber ­e­BEACOPP.

HD21 setze einen neuen Benchmark für die primären Heilungsraten des klassischen ­Hodgkin-Lymphoms, erklärt der Referent. Aufgrund des exzellenten Risiko-Nutzen-Profils von ­BrECADD gilt es ihm zufolge für die GHSG ab sofort als neuer Therapie­standard für das fort­geschrittene Hodgkin-Lymphom.

Primärer Endpunkt

Das progressionsfreie Überleben war primärer Endpunkt. Die Fünf-Jahres-Rate durfte absolut um höchstens 6 % niedriger sein, damit eine Nicht-Unterlegenheit von ­BrECADD gegenüber eBEACOPP angenommen werden konnte.