Medical Tribune
1. Sept. 2021Wie sich Resistenzen überwinden lassen

Ergänzende Therapien ermöglichen Chance auf erfolgreiche PARP-Inhibition bei Ovarialtumoren

PARP-Inhibitoren verbessern zwar die Überlebenschancen von Frauen mit rezidiviertem Ovarialkarzinom. Trotzdem haftet ihnen ein Manko an: Tumoren entwickeln mit der Zeit Resistenzen gegen sie. Zwei Kolleginnen erklären, welche Optionen es in solchen Fällen gibt.

Jährlich erkranken ca. 600 Frauen hierzulande an Eierstockkrebs. Wie in diesem Fall wird die Diagnose oft erst in späten Stadien gestellt.

Foto: Science Photo Library/GJLP

PARP-Inhibitoren haben die Behandlung des Ovialkarzinoms zweifelsohne verändert und die Überlebensaussichten betroffener Frauen verbessert. Um den Resistenzen gegen die Substanzen zu begegnen, braucht es allerdings neue Ansätze.

Eine Möglichkeit bietet der Eingriff in den ATR/CHK-Signalweg. Dies führt zu einer vermehrten genomischen Instabilität, zu DNA-Schäden und schliesslich zum Zelltod, erklärte die Gynäkologin Dr. Stephanie Lorene Wethington von der Johns Hopkins Universität, Baltimore.1

Synergistischer Effekt durch Inhibition von PARP und ATR?

Präklinische Daten liessen bereits darauf schliessen, dass ein Zusammenspiel zwischen der Inhibition von PARP und der von Proteinkinase ATR synergistisch wirkt, wenn eine BRCA-Mutation vorliegt.2,3 Diese ermutigenden Ergebnisse griffen Wissenschaftler in der nicht-randomisierten CAPRI-Studie auf und kombinierten den PARP-Inhibitor Olaparib mit dem ATR-Hemmer Ceralasertib bei Frauen mit rezidiviertem, hochgradig serösem Ovarialkarzinom (HGSOC).

Aus der Kohorte C liegen nun Daten von 13 Patientinnen vor, die mit rezidiviertem platinsensiblen HGSOC sowie einer homologen Rekombinationsdefizienz (HRD) in CAPRI eingeschlossen worden waren. Unter einer vorangegangenen PARP-Inhibitor-Therapie war deren Erkrankung weiter fortgeschritten, nachdem die Frauen zunächst auf diese angesprochen hatten.

Das mediane Alter der Teilnehmerinnen betrug 60 Jahre. Im Median hatten die Frauen vor Beginn der Studie über 13 Monate einen PARP-Inhibitor – mehrheitlich Olaparib – erhalten. Acht 28-tägige Zyklen, bestehend aus zweimal täglich 300 mg Olaparib an den Tagen 1–28 sowie einmal täglich 160 mg Ceralasertib an den Tagen 1–7, mussten die Patientinnen median durchlaufen. Sechs Teilnehmerinnen (46 %) sprachen mit einer partiellen Remission darauf an.

Die Verträglichkeit der Kombination bewertete Dr. Wethington insgesamt als gut. Therapieabbrüche aufgrund von Nebenwirkungen gab es keine, allerdings mussten die Kollegen bei vier Patientinnen die Dosen reduzieren.

«Man hat ein Signal für die klinische Aktivität der Kombination gesehen, das die weitere Untersuchung rechtfertigt», schloss die Gynäkologin. Mithilfe molekularer Analysen müsse man nun prädiktive Biomarker für das Ansprechen auf die Therapie identifizieren.

Welche Mechanismen zu einer Resistenz gegenüber PARP-Inhibitoren führen können, beschrieb Dr. Shannon Neville Westin vom MD Anderson Cancer Center, Houston.4 So kann beispielsweise die Homologe Rekombination (HR) durch erneute Mutationen in HR-Genen wie BRCA 1/2 oder RAD51 wieder funktionsfähig werden. Auch eine erhöhte onkogene Signalweiterleitung führt indirekt zur Wiederherstellung der HR. Ausserdem trägt eine Abschwächung des Replikationsstresses u.a. durch eine erhöhte Aktivität von Zellzyklus-Checkpoints zur DNA-Reparatur und zur Resistenzentwicklung bei.

Fazit

Das Fazit von Dr. Wethington lautete: Adavosertib habe als Monotherapie und in Kombination mit Olaparib seine Wirksamkeit bei Patientinnen mit PARP-Inhibitor-resistentem Ovarialkarzinom unabhängig vom BRCA-Status bewiesen. Untersuchungen an Gewebeproben sollen die Rolle der HRD und anderer genetischer Aberrationen klären.

Blockierung von WEE1 führt zur Apoptose

Anders als normalen Zellen fehlt den meisten p53-defizienten oder -mutierten Tumoren, wie sie beim HGSOC sehr häufig vorkommen, der G1-Checkpoint. Somit weisen diese Zellen eine beeinträchtigte Zellzyklusregulation auf und sind für die DNA-Reparatur auf den G2/M-Checkpoint angewiesen. Der wiederum wird durch die Tyrosinkinase WEE1 reguliert, erklärte Dr. Westin. «Die WEE1-Inhibition bietet uns die Möglichkeit der synthetischen Letalität, was letztlich zum Zelltod führt.»

Mit Adavosertib liegt ein oraler selektiver Inhibitor der WEE1-Kinase vor, der ebenfalls in präklinischen PARP-Inhibitor-resistenten Modellen als Monotherapie sowie in Kombination mit Olaparib zu guten Ergebnissen geführt hatte.5 In der Phase-II-Studie EFFORT untersuchte man die Wirksamkeit von Adavosertib mit bzw. ohne Olaparib bei insgesamt 80 Patientinnen mit PARP-Inhibitor-resistenten Ovarialkarzinomrezidiven.

Das mediane Alter der Frauen betrug ebenfalls 60 Jahre. 64 % von ihnen wiesen eine platinresistente Erkrankung auf, bei 44 % lag eine BRCA-Mutation vor und 93 % der Tumoren waren HGSOC. Im Median hatten die Teilnehmerinnen bereits vier Behandlungen erhalten.

Einer Monotherapie von täglich 300 mg Adavosertib an den Tagen 1–5 sowie 8–12 innerhalb eines 21-tägigen Zyklus hatten sich 39 Teilnehmerinnen unterzogen. 41 Patientinnen bekamen zweimal täglich 150 mg Adavosertib an den Tagen 1–3 und 8–10 sowie täglich 200 mg Olaparib. Daten von jeweils 35 Frauen konnten die Forschenden auswerten, erklärte die Referentin.

Unter Adavosertib lag die Gesamtansprechrate (ORR) bei 23 %, die mediane Ansprechdauer (mDoR) und das mediane progressionsfreie Überleben (mPFS) beliefen sich auf je 5,5 Monate. Einen klinischen Benefit, definiert als Ansprechen oder Krankheitsstabilisierung, konnten die Wissenschaftler bei 63 % der Patientinnen verzeichnen.

In der Kombinationsgruppe betrug die ORR 29 % mit einer mDoR von 6,4 Monaten, einem mPFS von 6,8 Monaten und einem klinischen Benefit bei 89 % der Teilnehmerinnen. «Beeindruckend war die Tiefe des Ansprechens mit fast 100%igen Remissionen bei einigen dieser intensiv vorbehandelten Patientinnen», hielt Dr. Westin fest. Sie verwies zugleich aber auf die häufig notwendigen Dosisreduktionen und -unterbrechungen. Bei jeder zehnten Patientin wurde die Kombinationstherapie gestoppt.

Zu den häufigsten Grad-3/4-Toxizitäten unter Adavosertib/Olaparib zählten Thrombozytopenien (20 %), Neutropenien (15 %), Diarrhö (12 %) und Fatigue (12 %). Die Nebenwirkungen seien jedoch mit adäquatem Therapiemanagement und supportiven Massnahmen gut zu behandeln, sagte die Referentin.

Das Fazit von Dr. Wethington lautete: Adavosertib habe als Monotherapie und in Kombination mit Olaparib seine Wirksamkeit bei Patientinnen mit PARP-Inhibitor-resistentem Ovarialkarzinom unabhängig vom BRCA-Status bewiesen. Untersuchungen an Gewebeproben sollen die Rolle der HRD und anderer genetischer Aberrationen klären.

  1. Wethington SL et al. 2021 ASCO Annual Meeting (virtuell); Abstract 5516
  2. Kim H et al. Clin Cancer Res 2017; 23: 3097-3108; doi: 10.1158/1078-0432.CCR-16-2273
  3. Kim H et al. Nat Commun 2020; 11: 3726; doi: 10.1038/s41467-020-17127-2
  4. Westin SN et al. 2021 ASCO Annual Meeting (virtuell); Abstract 5505
  5. Lallo R et al. Clin Cancer Res 2018; 24: 5153-5164; doi: 10.1158/1078-0432.CCR-17-2805