Medical Tribune
10. Dez. 2025Fallbericht

Diagnostische Herausforderung Cholesterinembolie

Die Cholesterinembolie gehört zu den Chamäleonkrankheiten, denn je nach Lokalisation sind die Symptome ganz unterschiedlich. Bei einem Patienten mit Fieber, Schüttelfrost und Hautsymptomen gab es einen starken Verdacht.

3D-Darstellung einer verengten Arterie mit Cholesterinplaques und Blutzellen
Corona Borealis/stock.adobe.com


Wegen Schüttelfrost, Fieber bis 39,2 °C und Übelkeit wird ein 79-jähriger Patient ins Spital eingewiesen. Die Ehefrau berichtete, dass er auch kurzzeitig verwirrt gewesen sei. Bei der körperlichen Untersuchung fällt eine livide Zeichnung der Bauchhaut mit netzartigen Streifen auf im Sinne einer Livedo racemosa, berichten Simona­ Jahnke­ und Team, Stadtspital Zürich Triemli.

Die Laborwerte zeigen Eosino- und Neutrophilie. Die Suche nach einer viralen Ursache inklusive PCR-Tests auf SARS-CoV-2, Influenza und RSV bleibt ergebnislos, in Blut- und Urinkulturen wächst ebenfalls kein Keim. Auch serologisch lassen sich keine erhöhten Antikörpertiter (gegen Hepatitis C und HIV) nachweisen. Lediglich die HBV-Serologie zeigt eine alte Serumnarbe. Sonografie und CT-Angiografie des Abdomens sind unauffällig.

PAVK und Dyslipidämie in der Vorgeschichte

Fündig wurde man in der Vorgeschichte des Mannes. Zwei Jahre zuvor war eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) des linken Armes mit zwei kurzstreckigen schweren Stenosen aufgefallen. Unmittelbar nach dem Abgang der linken A. subclavia wies man weiche Plaques nach. Ausserdem lag auch im Bereich der Beine eine PAVK vor. Der Mann war lange Zeit starker Raucher (60 Packungsjahre), zudem hatte er eine Dyslipidämie und einen Prädiabetes.

Die Informationen liessen das Team vermuten, dass es zu einer spontanen Ruptur eines Plaques gekommen sein könnte, mit nachfolgender Cholesterinembolie. Dazu passten auch die Hautveränderungen. Denn die für die Haut über dem Abdomen zuständige A. epigastrica superior wird aus der A. subclavia gespeist. Die anfängliche Verwirrtheit liesse sich durch eine Cholesterinembolie in der linken A. vertebralis erklären.

Mechanismus und Auslöser der Cholesterinembolie

Lösen sich Cholesterinkristalle aus einer atherosklerotischen Plaque, bleiben sie in der Regel in kleinen Arterien (Durchmesser < 200 µm) oder in Arteriolen hängen. Das unterscheidet das Ereignis von der Thromboembolie, die mittelgrosse und grosse Arterien betrifft, mit Krankheitsbildern wie Hirninfarkt bzw. transitorischen ischämischen Attacken und akuten Ischämien in Extremitäten oder anderen Organen.

Zu Cholesterinembolien kommt es oft nach Angiografien oder OPs an Gefässen oder Herzklappen. Auslöser können zudem der Beginn einer Antikoagulation, eine Thrombolyse oder die Einnahme von Plättchenhemmern sein. Mitunter ereignen sich die Embolien aber auch, wie bei dem Mann vermutet, spontan. Beweisen lässt sich ein solches Ereignis allerdings selten. Die dazu nötige Biopsie bleibt meist – wie auch im beschriebenen Fall – wegen der fehlenden therapeutischen Konsequenz aus.

Unspezifische Beschwerden und typische Hautzeichen

Je nach Quelle und Grösse der Embolie können die Symp­tome variieren. Fieber, Myalgien, Kopfschmerzen und Gewichtsverlust kommen unabhängig von der Lokalisation häufig vor. Als spezifische Zeichen findet man oft Hautmanifestationen wie Livedo racemosa, Gangrän oder Zyanose (blaue Zehen). Behandelt wird symp­tomatisch und mit Statinen, um die Plaques zu stabilisieren. Der 79-Jährige erhielt einen Stent in einem langstreckigen Abgangsverschluss der linken A. femoralis superficialis. Am Tag danach traten noch einmal Schüttelfrost und Fieber auf. Im unmittelbaren Verlauf und bei einer Kontrolle nach vier Wochen war der Patient beschwerdefrei.