Hydrogel zur Gewichtsabnahme?
Ein neuartiges Hydrogel auf Polymerbasis, das im Magen nach oraler Einnahme aufquillt, könnte eine vielversprechende Alternative zur Behandlung von Adipositas sein. Eine aktuelle Studie zeigt, dass es die Gewichtsabnahme fördert und gut verträglich ist.

Chirurgische Eingriffe gelten derzeit als effektivste Methode zur Gewichtsreduktion. Doch nur 1 % der Patienten, die die Kriterien erfüllen, erhalten eine solche Operation, schreiben Prof. Dr. James Byrne, University Hospital Southampton, und Kollegen.
Substanzen wie GLP-1- oder GLP-1/GIP-Rezeptoragonisten haben das Adipositas-Management zwar revolutioniert, doch hohe Kosten, Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt und die Notwendigkeit einer dauerhaften Einnahme begrenzen ihren Einsatz. Daher besteht ein grosser Bedarf an sicheren, nichtpharmakologischen und kostengünstigen Alternativen.
Keine schweren Nebenwirkungen
Hydrogele werden in der Medizin bereits genutzt, etwa für Kontaktlinsen oder Wundauflagen. Auch im Gewichtsmanagement gibt es Hydrogel-basierte Produkte. Oxford Medical Products hat nun ein neues Hydrogel namens Sirona entwickelt. Dieses duale Polymer quillt im Magen auf und bleibt dort mehrere Tage. Erste Daten aus einer achtwöchigen Behandlung zeigen, dass es den Appetit zügelt und die Nahrungsaufnahme senkt. MRT-Untersuchungen belegen, dass Sirona zwei bis fünf Tage im Magen verweilt.
Das Team um Prof. Byrne führte eine Pilotstudie mit Sirona durch, an der 38 Patienten (76 % Frauen) teilnahmen. Die Teilnehmer waren im Schnitt 40,9 Jahre alt, wogen 101,7 kg und hatten einen Body-Mass-Index von 36,6 kg/m². Die Studie bestand aus einer zwölfwöchigen randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase (RCT; 29 Patienten erhielten Sirona, 9 ein Placebo) und einer zwölfwöchigen Open-Label-Extension-Phase (OLE). Die Patienten nahmen das Hydrogel mit 250 ml Wasser auf nüchternen Magen ein. Durch schrittweise Dosiserhöhung fand jeder Teilnehmer seine optimale Verträglichkeitsdosis – von einmal alle zwei Tage bis zu zweimal täglich über fünf Wochen. Danach wurde die Dosis beibehalten.
Die Adhärenz war hoch (RCT Sirona: 95,2 %; RCT Placebo: 97,8 %; RCT+OLE Sirona: 93,1 %). Schwere Nebenwirkungen traten nicht auf. Die häufigste Begleiterscheinung war Übelkeit (74,8 %), meist mild und ohne Behandlungsbedarf. Sie trat vor allem in den ersten drei Wochen während der Dosissteigerung auf.
Nausea nicht der primäre Treiber für Gewichtsverlust
Unter Sirona kam es nach zwölf Wochen zu einem stärkeren durchschnittlichen prozentualen Gewichtsverlust als unter Placebo (-3,8 % vs. -1,0 %). Auch der durchschnittliche Taillenumfang ging unter dem Hydrogel deutlicher zurück (-4,7 cm vs. -0,1 cm). Die Gewichtsabnahme ging in der Open-Label-Extension-Phase weiter und betrug nach insgesamt 24 Wochen im Vergleich zur Baseline im Schnitt −4,4 % – mit einem Maximum von −13,5 %. Auch die durchschnittliche tägliche Kalorienaufnahme reduzierte sich unter der Behandlung: −382,5 kcal vs. −93,5 kcal unter Placebo nach zwölf Wochen; −338,2 kcal nach 24 Wochen.
Die Autoren schlussfolgern, dass Sirona sicher und gut verträglich ist. Das Auftreten gastrointestinaler Nebenwirkungen sei aufgrund erster Daten mit Sirona sowie Erfahrungen mit anderen Behandlungen zur Gewichtsreduktion zu erwarten gewesen. Der beobachtete Gewichtsverlust hielt bis in die OLE-Phase hinein an, was darauf hindeutet, dass Nausea nicht der primäre Treiber für diesen Effekt ist.
Byrne JP et al. A Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled Pilot Trial With Open-Label Extension of Sirona, a Hydrogel for Weight Loss. Obesity (Silver Spring). 2025 Oct 15. doi: 10.1002/oby.70066.