Medical Tribune
27. Okt. 2025Studie vorzeitig beendet

Covid-19: Klinischer Nutzen von Obeldesivir unklar

Eine Phase-III-Studie untersuchte ein neues orales Virostatikum bei nicht hospitalisierten Hochrisikopatienten mit Covid-19. Obeldesivir senkte darin zwar die Viruslast und beschleunigte die Symptomfreiheit. Ein Vorteil bei Hospitalisierungen oder Todesfällen blieb aber aus.

Patientin im Spitalsbett mit Sauerstoffbeatmung
wavebreak3/stock.adobe.com

Bei Obeldesivir handelt sich um ein Nukleosidanalog, das die Virusvermehrung blockiert. Der Wirkstoff gilt als einfach handhabbar, da er oral in Form von nur zwei täglichen Tabletten verabreicht wird und kaum relevante Arzneimittelinteraktionen zeigt.

Hohe Seropositivität der Teilnehmer

Die Phase-III-Studie BIRCH prüfte nun erstmals die Wirksamkeit von Obeldesivir bei nicht hospitalisierten Hochrisikopatienten mit akuter SARS-CoV-2-Infektion. Die Untersuchung wurde an 72 Standorten weltweit durchgeführt und schloss zwischen dem 5. November 2022 und dem 6. Oktober 2023 insgesamt 465 erwachsene Personen mit Risikofaktoren für einen schweren Covid-19-Verlauf ein. Dazu zählten:

  • Alter ≥ 50 Jahre
  • Adipositas
  • Typ-2-Diabetes
  • chronische Lungenerkrankungen
  • kardiovaskuläre Erkrankungen
  • Immunsupression (inkl. ­hämatologische Malignome, Transplantationen)


58 % der Teilnehmer hatten mindestens eine Impfung erhalten. Insgesamt 92 % der gesamten Studienkohorte waren seropositiv für SARS-CoV-2, was auf eine Impfung und/oder eine durchgemachte Infektion zurückzuführen sein kann.

Für den Studieneinschluss mussten die Probanden sowohl typische Covid-Symptome als auch eine per PCR- oder Antigenschnelltest bestätigte SARS-CoV-2-Infektion aufweisen. Innerhalb von fünf Tagen nach Symptombeginn erhielten sie entweder 350 mg Obeldesivir oder ein Placebo, jeweils zweimal täglich über fünf Tage.

Primärer Endpunkt nicht erreicht

Die Studie verfehlte ihren primären Endpunkt. Bei der Kombination aus Hospitalisierung und Tod jeglicher Ursache bis Tag 29 nach Studieneinschluss zeigte sich kein Unterschied zwischen Obeldesivir und Placebo. Unter dem Verum trat kein Ereignis auf, und unter Placebo lediglich ein Fall (0,5 %).

Vorteile zeigten sich hingegen bei den sekundären Endpunkten. Obeldesivir verkürzte die Symptomdauer im Median um zwei Tage (7,3 vs. 9,3 Tage). Zudem reduzierte es an den Tagen 3 und 5 die Viruslast und den infektiösen Titer signifikant stärker als Placebo. Die Nebenwirkungen waren mild, schwerwiegende Ereignisse selten, und es traten keine neuen Sicherheitssignale auf.

Die Studie wurde vorzeitig beendet, da die erwartete Ereignisrate von 2 % deutlich unterschritten wurde und die Aussagekraft dadurch litt. Die Autoren führen dies auf das vergleichsweise niedrige Alter der Teilnehmer (Median 56 Jahre, 71 % zwischen 18 und 64 Jahren), die geringe Zahl sehr hochgefährdeter Patienten (z. B. > 85-Jährige, Krebspatienten, immunsupprimierte Transplantierte) sowie die hohe Seroprävalenz, Impfungen und die mildere Krankheitslast in der Omikron-Ära zurück.

Potenzial bei begrenzten Therapieoptionen

Sie betonen, dass die nachgewiesene antivirale Aktivität, die geringe Interaktionsgefahr und die orale Gabe eine weitere Evaluation von Obeldesivir bei Hochrisikogruppen rechtfertigen würden. Gerade für Patienten mit eingeschränkten Therapieoptionen, etwa aufgrund von Arzneimittelinteraktionen bei Nirmatrelvir/Ritonavir oder der intravenösen Anwendung von Remdesivir, sehen sie Potenzial. Denkbar ist für sie auch, dass Obeldesivir möglicherweise zur Prä- oder Postexpositionsprophylaxe von Covid-19 eingesetzt werden könnte. Das müssen nun weitere Studien prüfen.