Stress in der Schwangerschaft begünstigt atopische Dermatitis beim Kind
Eine neue Studie in Mäusen erhärtet die Vermutung, dass pränataler Stress das Risiko für atopische Dermatitis bei Kindern erhöht. Sie zeigt, dass dieser über hormonelle Veränderungen zu einer Fehlprogrammierung von Nerven- und Immunzellen führt und so eine frühkindliche Atopie begünstigt.

Viele Kinder leiden in den ersten Lebensjahren unter einer atopischen Dermatitis (AD), die Betroffene teils stark einschränkt. Besonders quälend sind dabei Juckreiz und Schmerzen, die auch den Schlaf stören können.
Im Gegensatz zur erwachsenen Form manifestiert sich die kindliche AD häufig in den Beugeflächen, etwa an Ellbogen oder Knien, die kontinuierlicher mechanischer Belastung ausgesetzt sind.
Nachkommen von gestressten Mäusemüttern zeigten AD-ähnliche Symptome
Der Hintergrund für die frühkindliche AD ist nach wie vor unklar. Einige epidemiologische Studien legen aber nahe, dass bereits der Stress in der Schwangerschaft ein Risikofaktor sein könnte.
In der neuen Nature-Studie (1) setzten Forschende trächtige Mäuse sechs Tage lang wiederholt Stress durch Licht und Immobilisierung aus. Ihre Nachkommen zeigten in den ersten Lebenswochen eine geschwächte Hautbarriere und erhöhte Spiegel von Typ-2-Zytokinen. Schon eine leichte mechanische Reizung der Haut führte bei ihnen zu AD-ähnlichen Hautveränderungen, während die Nachkommen ungestresster Mütter symptomfrei blieben.
Ähnlich wie beim Menschen, wo eine frühkindliche AD häufig bis ins Erwachsenenalter abklingt, verloren auch die Mäuse die starke Atopieneigung mit der Zeit. Zurück blieb eine Tendenz zu Hauttrockenheit nach mechanischer Reizung.
Mütterlicher Stress aktiviert Mastzellen im Fetus
Während der Schwangerschaft kann Umweltstress neuroendokrine Stresssysteme aktivieren. Dazu gehören etwa die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse (HPA-Achse) mit Ausschüttung von Corticosteron oder die sympathisch-adrenomedulläre Achse mit Adrenalin und Noradrenalin.
Die Forschenden fanden bei gestressten Mäusen deutlich erhöhte Corticosteron-Konzentrationen im Fruchtwasser. Mastzellen in der fetalen Haut wiesen zudem eine klare Gen-Signatur für Glukokortikoid-Aktivierung auf, was eine direkte Reaktion auf Corticosteron nahelegt. In vitro führte Corticosteron zu einer verstärkten Aktivierung fetaler Mastzellen; auch Fruchtwasser von gestressten Müttern löste eine stärkere Mastzellaktivierung aus. Mastzellen der Nachkommen von gestressten Müttern zeigten bereits ohne zusätzliche Reize Anzeichen einer abnormalen Aktivierung und Degranulierung.
Blockierten die Forschenden den stressbedingten Corticosteron-Anstieg pharmakologisch mit dem Inhibitor Metyrapon oder nutzten Mäuse, denen Mastzellen fehlten, blieben die Nachkommen frei von der AD-Neigung.
Veränderungen der sensorischen Neurone
Darüber hinaus zeigte sich, dass der Stress während der Schwangerschaft auch die sensorischen Neurone beeinflusste. DRG-Neurone, die die Haut innervieren, reagierten bei Mäusen von gestressten Müttern empfindlich auf Corticosteron mit einem Calcium-Einstrom – ein Hinweis auf erhöhte neuronale Erregbarkeit
Insgesamt führte der Stress zu Veränderungen in der Struktur mechanosensitiver Nervenfasern in der Haut, die zusammen mit den Mastzellveränderungen die Grundlage für eine spätere Ekzementwicklung bilden könnten.
Mögliche Erklärung für die «verletzliche» Hautbarriere bei Atopikern
Dass diese Mechanismen auch beim Menschen relevant sein könnten, zeigten Daten aus der HELMS-Kohorte in Singapur: Schwangere mit Atopie-Neigung wiesen im ersten Trimenon signifikant erhöhte Cortisolspiegel auf als nicht-atopische Frauen.
«Die Ergebnisse zeigen, dass erhöhte mütterliche Glukokortikoidspiegel während der Schwangerschaft die fetale Immunprogrammierung stören und damit das Risiko für Ekzeme und atopische Erkrankungen beim Nachwuchs erhöhen können», so die Autoren.
Die Befunde passen zur epithelialen Barriere-Hypothese, wonach eine geschwächte Hautbarriere Schadstoffe und Allergene leichter passieren lässt. Eine durch pränatalen Stress «verletzliche» Hautbarriere könnte die Kolonisation durch pathogene Mikroben, die Sensibilisierung gegen Allergene und damit den Beginn des atopischen Marsches begünstigen.
- Serhan N et al. Maternal stress triggers early-life eczema through fetal mast cell programming. Nature. 2025 Aug 27. doi: 10.1038/s41586-025-09419-8.