Medical Tribune
21. Juni 2025Frühzeitige Behandlung entscheidet

Chronische Insomnie – mehr als nur schlechter Schlaf

Eine chronische Insomnie sieht man mittlerweile als eigenständige Erkrankung an. Sie hat einen beträchtlichen Einfluss auf häufig vorhandene Komorbiditäten wie Angst oder Depression und kann diese unterhalten oder verschlechtern. Eine Therapie der Schlafstörung ist wichtig, da sich so auch die Komorbiditäten bessern können. Eine vielversprechende Option ohne Abhängigkeitsrisiko ist Daridorexant.

Die chronische Insomnie ist mehrheitlich von Komorbiditäten begleitet.
stokkete/stock.adobe.com

Bei der Entstehung der chronischen Insomnie spielt Hyperarousal eine wichtige Rolle, erklärte Dr. Carolin Schäfer, Oberärztin an der Universitätsklinik für Neurologie am Inselspital in Bern, am Frühjahrskongress der SGAIM.

Chronische Übererregung als zentraler Mechanismus der Insomnie

Bei manchen Menschen steigt bei entsprechenden Auslösefaktoren wie einer starken Stressbelastung das Arousal-Niveau über die sogenannte Insomnie-Schwelle. Diese Personen werden irgendwann in der Akutphase und auch darüber hinaus überstimuliert und können Erhaltungsfaktoren wie eine inadäquate Schlafhygiene entwickeln, die dafür sorgen, dass ihr Hyperarousal-Zustand sie weiter über dieser Insomnie-Schwelle hält.

Funktionelle Bildgebungsstudien zeigen, dass bei Insomnie-Patienten nachts Gehirnareale aktiv bleiben, die eigentlich ruhen sollten, während sie tagsüber weniger aktiv sind.

Diagnostik und Therapieoptionen im Überblick

Der Schlafbedarf bei erwachsenen Menschen variiert. Der Hauptanteil der Erwachsenen benötigt 7,5–8 Stunden. Sowohl Schlafbedarf als auch Chronotyp sind genetisch festgelegt und lassen sich nicht verändern. Diagnostisch entscheidend ist eine strukturierte Anamnese, ergänzt durch Scores (Epworth Sleepiness Scale, Fatigue Severity Score), Schlafprotokolle (z.B. Schlaftagebuch, Aktigrafie) sowie ggf. eine respiratorische Polygrafie oder Polysomnografie.

Der Goldstandard ist die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT-I). Diese umfasst Psychoedukation zur Schlafregulation, Verbesserung der Schlafhygiene, Entspannungsübungen und Bettzeitrestriktion und ist in Grundzügen auch auch gut auf Hausarzt­ebene durchführbar, wie die Referentin berichtete.

Pharmakologisch kann bei chronischer Insomnie eine langfristige Therapie mit Daridorexant erwogen werden. Als dualer Orexin-Antagonist unterstützt das Präparat den schlafstabilisierenden Effekt – ohne Abhängigkeitsrisiko oder Rebound. Orexine spielen eine wichtige Rolle im Schlaf-Wach-System; ihre Hemmung fördert den Schlaf. Für andere Substanzen wie Antihistaminika, Neuroleptika, Antidepressiva, Benzodiazepine und Z-Sub­stanzen gibt es keine Indikation für eine Langzeitanwendung. Für die Therapie einer akuten Insomnie über vier Wochen sind eigentlich nur Z-Substanzen empfehlenswert, so die Referentin. Alle anderen Präparate haben entweder ein niedriges Evidenzlevel oder Nebenwirkungen.

Um den Inhalt zu sehen, müssen Sie sich einloggen oder registrieren.