Chronische Insomnie – mehr als nur schlechter Schlaf
Eine chronische Insomnie sieht man mittlerweile als eigenständige Erkrankung an. Sie hat einen beträchtlichen Einfluss auf häufig vorhandene Komorbiditäten wie Angst oder Depression und kann diese unterhalten oder verschlechtern. Eine Therapie der Schlafstörung ist wichtig, da sich so auch die Komorbiditäten bessern können. Eine vielversprechende Option ohne Abhängigkeitsrisiko ist Daridorexant.

Bei der Entstehung der chronischen Insomnie spielt Hyperarousal eine wichtige Rolle, erklärte Dr. Carolin Schäfer, Oberärztin an der Universitätsklinik für Neurologie am Inselspital in Bern, am Frühjahrskongress der SGAIM.
Chronische Übererregung als zentraler Mechanismus der Insomnie
Bei manchen Menschen steigt bei entsprechenden Auslösefaktoren wie einer starken Stressbelastung das Arousal-Niveau über die sogenannte Insomnie-Schwelle. Diese Personen werden irgendwann in der Akutphase und auch darüber hinaus überstimuliert und können Erhaltungsfaktoren wie eine inadäquate Schlafhygiene entwickeln, die dafür sorgen, dass ihr Hyperarousal-Zustand sie weiter über dieser Insomnie-Schwelle hält.
Funktionelle Bildgebungsstudien zeigen, dass bei Insomnie-Patienten nachts Gehirnareale aktiv bleiben, die eigentlich ruhen sollten, während sie tagsüber weniger aktiv sind.
Diagnostik und Therapieoptionen im Überblick
Der Schlafbedarf bei erwachsenen Menschen variiert. Der Hauptanteil der Erwachsenen benötigt 7,5–8 Stunden. Sowohl Schlafbedarf als auch Chronotyp sind genetisch festgelegt und lassen sich nicht verändern. Diagnostisch entscheidend ist eine strukturierte Anamnese, ergänzt durch Scores (Epworth Sleepiness Scale, Fatigue Severity Score), Schlafprotokolle (z.B. Schlaftagebuch, Aktigrafie) sowie ggf. eine respiratorische Polygrafie oder Polysomnografie.
Der Goldstandard ist die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie (KVT-I). Diese umfasst Psychoedukation zur Schlafregulation, Verbesserung der Schlafhygiene, Entspannungsübungen und Bettzeitrestriktion und ist in Grundzügen auch auch gut auf Hausarztebene durchführbar, wie die Referentin berichtete.
Pharmakologisch kann bei chronischer Insomnie eine langfristige Therapie mit Daridorexant erwogen werden. Als dualer Orexin-Antagonist unterstützt das Präparat den schlafstabilisierenden Effekt – ohne Abhängigkeitsrisiko oder Rebound. Orexine spielen eine wichtige Rolle im Schlaf-Wach-System; ihre Hemmung fördert den Schlaf. Für andere Substanzen wie Antihistaminika, Neuroleptika, Antidepressiva, Benzodiazepine und Z-Substanzen gibt es keine Indikation für eine Langzeitanwendung. Für die Therapie einer akuten Insomnie über vier Wochen sind eigentlich nur Z-Substanzen empfehlenswert, so die Referentin. Alle anderen Präparate haben entweder ein niedriges Evidenzlevel oder Nebenwirkungen.
- Maire M al. Prevalence and determinants of insomnia symptoms in adults: a Swiss nationwide cross-sectional study. J Sleep Res. 2020;29(5):e13121. doi:10.1111/jsr.13121.
- Palagini L et al. Early experience with the new DORA daridorexant in patients with insomnia disorder and comorbid mental disturbances: results of a naturalistic study with 3 months follow-up. J Sleep Res. 2024;33(6):e14196. doi:10.1111/jsr.14196