Medical Tribune
2. Juni 2025Wann Athletenherzen in Gefahr geraten

KHK trotz Fitness?

Auch Sportler ohne klassische oder gut eingestellte Risikofaktoren sind nicht vor einer koronaren Herzkrankheit (KHK) sicher. Im Gegenteil: Ihre körperliche Aktivität könnte das Herz sogar belasten. Es gilt daher, diese Patientengruppe kardial genau zu evaluieren.

Ein Mann mit Fahrrad-Kleidung und -Helm fährt mit dem Fahrrad eine Strasse hoch.
Tymoshchuk/stock.adobe.com
Ab einem Alter von 35 Jahren sollte man bei sportlich sehr ­Aktiven ­vorsorglich mit gängigen Scores die Gefahr einer ­Atherosklerose erfassen.

Regelmässige Bewegung schützt zwar nachweislich vor KHK – das gilt jedoch vor allem für die Allgemeinbevölkerung.

Kohortenstudien zeigen, dass männliche Athleten häufiger Koronarkalk und Plaques aufweisen. Bildgebende Verfahren legen nahe, dass intensives, langjähriges Training mit koronarer Atherosklerose zusammenhängt.

Datenlage: Fokus auf Männer kaukasischer Herkunft

Die bisherigen Erkenntnisse stammen fast ausschliesslich von Männern mittleren Alters kaukasischer Herkunft, die über Jahrzehnte intensives Ausdauertraining betrieben. Ein Zusammenhang mit klinisch relevanten Koronarereignissen und Kalzifikation bei anderen Gruppen ist noch nicht belegt.

Fest steht, dass akute körperliche Belastungen eine Gefahr bergen, vor allem bei zugrunde liegener KHK, so das Autorenteam um Prof. Dr. Guido­ Claessen­ vom Biomedical Research Institute der Universität im belgischen Hasselt (1).

Mit der KHK zusammenhängende kardiale Ereignisse sind nach wie vor die häufigste Ursache (bis zu 80 %) für einen sportassoziierten plötzlichen Herztod. Betroffen sind überwiegend Männer mittleren Alters. Bei 40 bis 50 Prozent dieser Todesfälle ergab die Obduktion isolierte stabile Plaques und chronische Läsionen. Somit hat die starke körperliche Aktivität wahrscheinlich eine bedarfsbedingte Ischämie ausgelöst, regelmässiges Training könnte diese Gefahr mindern.

Bei Sportlerinnen und Sportlern über 35 Jahren sollte man die Atherosklerosegefahr systematisch erfassen. Dazu gehört die Abklärung klassischer Risikofaktoren, einschliesslich familiärer Vorbelastung. Empfehlenswert sind Scores, die die Wahrscheinlichkeit schwerer Gefässereignisse wie Herzinfarkt oder Tod berechnen. Allerdings erfassen diese Instrumente meist nur Zeiträume von zehn Jahren und unterschätzen das Lebenszeitrisiko junger Menschen. Auch Faktoren wie ungesunde Ernährung oder psychosozialer Stress bleiben oft unberücksichtigt.

Revaskularisierung: Vorteil bei Symptomfreiheit unklar

Kalk-Score und koronare CT-Angiografie gehören nicht zur Routine. Der Nutzen einer Revaskularisierung bei beschwerdefreien Patientinnen und Patienten ist bislang unklar, unabhängig vom Ausmass der Plaques. Zudem können solche Befunde bei symptomfreien Sportlerinnen und Sportlern Ängste auslösen. Eine funktionelle Untersuchung kann jedoch sinnvoll sein, um signifikante Ischämien auszuschliessen. Ist das der Fall, steht dem Training nichts im Weg.

Die mögliche Verbindung zwischen lebenslangem Ausdauersport und KHK wirft die Frage nach der besten Prävention auf. Beobachtungsstudien deuten darauf hin, dass regelmässiges Training zwar akute Koronarereignisse auslösen kann, gleichzeitig aber das Risiko belastungsbedingter Zwischenfälle senkt. Die Häufigkeit solcher Ereignisse steigt mit dem Kalk-Score, bleibt jedoch bei Menschen mit hoher Fitness geringer. In einer Studie mit Männern und einem Kalk-Score über 400 erlitten 50 Prozent der untrainierten Teilnehmer innerhalb von 25 Jahren ein kardiovaskuläres Ereignis, während es bei den fitten Vergleichspersonen nur 20 Prozent waren.

Bis belastbare Studien vorliegen, rät das Team um Prof. Claessen sportlich Aktiven mittleren Alters, ihre Fitness zu bewahren und klassische Risikofaktoren wie Bluthochdruck und hohe Cholesterinwerte konsequent zu behandeln – etwa durch blutdruck- und cholesterinsenkende Therapien.