Medical Tribune
11. Apr. 2025EAU 2025

Mit pflanzenbasierter Ernährung gegen Prostatakrebs

Lebensstilfaktoren spielen nicht nur bei der Entstehung von Prostatakarzinomen eine wichtige Rolle. Am EAU 2025 präsentierte eine Expertin eindrucksvolle Daten, die zeigen: Insbesondere eine pflanzenbasierte Ernährung kann Patienten mit Prostatakrebs dabei helfen, ihr Rezidivrisiko zu senken – und gleichzeitig ihre Lebensqualität, einschliesslich der sexuellen Funktion, zu verbessern.

Eine vegane oder vegetarische Ernährung kann das Risiko für Prostatakarzinome verringern und die Prognose von bereits Betroffenen verbessern.
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Eine vegane oder vegetarische Ernährung kann das Risiko für Prostatakarzinome verringern und die Prognose und Lebensqualität von bereits Betroffenen verbessern.

«Wenn wir über Prostatakrebs sprechen, spielt die Lifestyle-Medizin eine besonders grosse Rolle» sagt Prof. Dr. Stacy Loeb, New York University Langone Health (1). «Unsere Patienten mit Prostatakarzinomen haben eine lange Lebenserwartung. Viele mit einem günstigen Risikoprofil versterben zudem häufiger an Herz-Kreislauf-Erkrankungen als an ihrem Prostatakarzinom.»

Selbst unter den Patienten mit metastasierter Erkrankung sterben 17 Prozent aus anderen Gründen – meist ebenfalls an kardiovaskulären Erkrankungen (2). Gerade für Männer mit Prostatakrebs ist die Herz-Kreislauf-Gesundheit ausserdem auch deshalb entscheidend, da sie sich unmittelbar auf die sexuelle und urologische Funktion auswirkt.

Pflanzliche Lebensmittel schützen vor Prostatakrebs

Die WHO stuft prozessiertes Fleisch mittlerweile als Gruppe-1-Karzinogen ein – und damit als krebserregend, erinnert Prof. Loeb. Rotes Fleisch – also Rind, Schwein und Lamm – gilt als Gruppe-2a-Karzinogen, was bedeutet, dass es wahrscheinlich krebserregend ist.

Speziell beim Prostatakarzinom zeigen Metaanalysen einen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Konsum von rotem bzw. verarbeitetem Fleisch und einem erhöhten Erkrankungsrisiko (3) – ebenso wie beim Verzehr von Milchprodukten (4).

«Betrachtet man nicht nur einzelne Nahrungsmittel, sondern das ganze Ernährungsmuster, wird deutlich: Es geht nicht um ein das eine Lebensmittel, sondern um das gesamte Ernährungsverhalten», so Prof. Loeb. «Richtet man die Ernährung konsequent auf Lebensmittel aus, die der Prostata nachweislich guttun – etwa Tomaten (aufgrund ihres Lycopingehalts), Kreuzblütler wie Brokkoli, Zwiebeln, fermentierte Produkte und Nüsse – dann sprechen wir im Grunde über eine pflanzenbasierte Ernährung.» Zentral dabei ist der Verzicht auf oder zumindest die Reduktion von tierischen Produkten und stark verarbeiteten Lebensmitteln.

Das belegt unter anderem eine US-amerikanische Studie mit 1.400 gesunden Männern. Teilnehmer, die viele gesunde pflanzliche Lebensmittel konsumierten, hatten ein geringeres Risiko für eine PSA-Erhöhung (5). Auch eine prospektive Kohortenstudie von Prof. Loeb selbst, an der über 47.000 Gesundheitsfachkräfte teilnahmen, kommt zu einem klaren Ergebnis. Ein höherer Anteil pflanzlicher, und niedriger Anteil tierischer Lebensmittel war – selbst nach Korrektur für Störfaktoren wie körperlicher Aktivität, BMI und Kalorienzufuhr – mit einem um 19 Prozent geringerem Risiko verbunden, an Prostatakrebszu sterben (6).

Vorteile auch für bereits Erkrankte

Der Nutzen der pflanzenbasierten Ernährung betrifft dabei alle Krankheitsphasen beim Prostatakrebs. Auch nach der Diagnose fördert sie eine langsamere Krankheitsprogression und hilft, Nebenwirkungen infolge der Behandlung zu verringern. Das zeigte beispielsweise eine systematische Analyse von Studien zu Männern, die sich vor oder nach der Diagnose eines fortgeschrittenen Prostatakarzinoms entweder vegetarisch oder vegan ernährten (6).

Sie umfasst auch einige Interventionsstudien. Diese legen nahe, dass Patienten in aktiver Überwachung («active surveillance»), die eine intensive Lebensstilmodifikation mit veganer Low-Fat-Ernährung, moderater aerober Bewegung und Stressreduktion durchführten, seltener eine medizinische Intervention benötigten. Zudem sanken ihre PSA-Werte, ihr Cholesterinspiegel – vergleichbar mit der Wirkung eines Statins – und ihr Körpergewicht.

Auch im Bereich der biochemischen Rückfallraten liegen vielversprechende Daten vor. So zeigten Männer nach dem Beginn eines Lebensstilprogramms mit pflanzenbasierter Ernährung eine verlangsamte PSA-Verdoppelungszeit bzw. eine geringere PSA-Anstiegsrate. Beides sind Hinweise auf einen günstigeren Krankheitsverlauf.

«Noch wichtiger ist aber, dass wir in unserem eigenen systematischen Review keine einzige Studie gefunden haben, die negative Effekte einer pflanzenbasierten Ernährung zeigte», so Prof. Loeb. «Im Gegenteil. Es gibt mittlerweile eine breite Datenlage, insbesondere zu den positiven Effekten bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, und Gewichtsreduktion – und das auf Basis einer Evidenz der höchsten Stufe (Level 1).»

Bessere Auswirkungen auf die sexuelle Funktion als mediterrane Ernährung

Eine im vergangenen Jahr von Prof. Loeb veröffentlichte Studie zeigte zudem: Patienten mit Prostatakarzinom, die bereits operiert oder bestrahlt worden waren und sich pflanzenbasiert ernährten, berichteten über eine insgesamt bessere Lebensqualität. Dazu zählte auch eine verbesserte sexuelle Funktion. «Eine frühere Untersuchung hatte in einer vergleichbaren Population gezeigt, dass eine mediterrane Ernährung diesen Aspekt nicht verbessern kann", so Prof. Loeb.

Darüber hinaus weist Prof. Loeb auch auf die globale Dimension dieser Ernährungsmuster hin. Besonders Fleisch verursacht eine extrem hohe ökologische Belastung. Und auch Milchprodukte schneiden schlecht ab, ganz gleich ob es um Flächen- oder Wasserverbrauch, Nährstoffeinträge (z.B. durch Gülle) oder Treibhausgasemissionen geht.

Pflanzliche Alternativen verursachen hingegen in allen dieser Bereiche deutlich weniger Umweltbelastung. «Die pflanzliche Ernährung ist also ein integrativer Bestandteil der persönlichen, urologischen und planetaren Gesundheit»