Medical Tribune
7. Apr. 2025Tumorpatientinnen brauchen ein angepasstes Trainingsprogramm

Jede Bewegung zählt – auch bei Krebs

Bewegung senkt das Risiko, an Krebs zu erkranken. Auch während der Erkrankung und während onkologischer Therapien profitieren die Patienten von körperlicher Aktivität – sofern ihr Trainingsprogramm an ihre aktuelle Konstitution angepasst ist. Dr. Robert Rodriguez, Leitender Arzt Brustchirurgie/Gynäkologie am St. Claraspital in Basel, erklärte am Symposium «Die weibliche Brust im Zentrum», worauf es ankommt.

Bewegung beugt Krebserkrankungen nicht nur vor, sondern Kann patienten mit Krebs auch aktiv unterstützen.
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So viele positive Effekte regelmässige Bewegung im Allgemeinen hat, so negativ kann sich ein inaktiver Lebensstil auf die Gesundheit auswirken.

Laut der Obsan-Analysen des Schweizerischen Gesundheitsobservatoriums führte ein Mangel an Bewegung im Jahr 2017 zu fast 1.300 zusätzlichen Todesfällen, unter anderem durch Krebs. Das sind zwei Prozent der Sterbefälle in der Schweiz.

Inaktivität verursacht auch jedes Jahr hohe Kosten. 2017 betrugen diese CHF 2,5 Mrd., davon entfiel die Hälfte direkt auf medizinische Behandlungen, wie zum Beispiel Krebstherapien, so Dr. Rodriguez.

Weniger Komplikationen und Folgeprobleme

«Die Evidenz ist eindeutig. Bewegung kann Tumorerkrankungen vorbeugen», erklärte Dr. Rodriguez. Wer sich regelmässig körperlich betätigt, senkt beispielsweise sein relatives Risiko, ein Mamma-Karzinom zu entwickeln, um bis zu 21 Prozent.

Auch Patientinnen, die während einer Tumorerkrankung und während einer onkologischen Behandlung körperlich aktiv sind, profitieren. «Sie haben ein deutlich geringeres Risiko für chirurgische Komplikationen sowie für diagnoseassoziierte Folgeprobleme wie Depressionen, Angstzustände und Schlafstörungen. Auch krebsbezogene Probleme wie Fatigue oder psychische Störungen treten seltener auf», so der Referent. Nicht zuletzt verringert körperliche Aktivität die Nebenwirkungen von onkologischen Therapien und senkt die Sterblichkeit (1).

«Sowohl die Therapie als auch die Art und das Stadium der Krebserkrankungen beeinträchtigen jedoch die Fähigkeit, körperlich aktiv zu sein», betonte der Experte. Diese Faktoren beeinflussen auch die Sporttoleranz und -sicherheit. Bevor Tumorpatienten mit einem Bewegungsprogramm starten, sollten sie deshalb ärztlich untersucht werden. Auch ein individueller Trainingsplan, der die aktuelle Konstitution berücksichtigt, sollte ausgearbeitet werden.

Starke körperliche Belastung bei Krebs vermeiden

Generell sollte eine zu starke körperliche Belastung vermieden werden. Speziell Betroffene mit Knochenverlust und ossären Metastasen sollten keine Übungen machen, bei denen sie stürzen könnten oder ihre Wirbelsäule überstrecken müssten. «Bei älteren Menschen mit Krebs ist zu beachten, dass onkologische Behandlungen die normale Verschlechterung des kognitiven Status und des Bewegungsapparates zusätzlich fördern», so der Referent.

Patienten mit einer Kolo- oder Ileostomie wiederum sollten wegen des Risikos für parastomale Hernien eine zu grosse Belastung der Bauchdecke vermeiden. Beachtet werden muss zudem, dass Menschen mit einer Ileostomie bei intensivierter Bewegung rasch dehydrieren können.

Nutzen auch im fortgeschrittenen Stadium

«Auch in einem fortgeschrittenen Krebsstadium ist Bewegung nützlich», betonte Dr. Rodriguez. Sie trägt beispielsweise zu einer besseren Stimmung und einem verbesserten Appetit bei, bremst den Muskelabbau, beugt Kreislauf- und Atembeschwerden vor (2). Patienten mit einer fortgeschrittenen Krebserkrankung sollten aber nur unter ärztlicher Leitung und unter Aufsicht von Fachleuten trainieren.

In der Schweiz bieten mittlerweile viele Spitäler und Rehazentren in Zusammenarbeit mit den Krebsligen Sportangebote für Krebspatienten an. Einige Programme sind multidisziplinär aufgebaut und beinhalten neben Bewegungskursen auch komplementärmedizinische Betreuung, Ernährungsberatung sowie psychologische Unterstützung. Die Kosten für die Teilnahme an diesen Programmen werden von Grund- und Zusatzversicherungen bezahlt, wie Dr. Rodriguez ausführte.