Medical Tribune
18. Feb. 2025Generalisierte Angststörung

Wachsende Evidenz zur Wirksamkeit von Antidepressiva

Eine aktuelle Cochrane-Analyse zeigt: Antidepressiva sind bei der Behandlung der generalisierten Angststörung Placebo deutlich überlegen. Die systematische Auswertung von 37 randomisierten Studien mit über 12.000 Teilnehmern belegt eine signifikante Reduktion der Angstwerte und eine vergleichbare Akzeptanz im Vergleich zu Placebo.

Ein aktuelles Cochrane-Review untermauert die Evidenz von Antidepressiva bei der generalisierten Angststörung weiter.
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Antidepressiva sind schon jetzt eine klinisch anerkannte Therapieoption bei der Behandlung der generalisierten Angststörung (GAD). Die Entwicklung neuer Wirkstoffe sowie neue Studiendaten führten dazu, dass die Cochrane Society kürzlich eine aktuelle, systematische Bewertung im Vergleich zu Placebo durchführte (1). Diese bestätigt nun, dass Antidepressiva bei GAD eine überlegene Wirksamkeit aufweisen und hinsichtlich der Akzeptanz mit Placebo vergleichbar sind.

Die generalisierte Angststörung (GAD) ist eine häufige psychische Erkrankung, die durch anhaltende Sorgen und körperliche Symptome wie Unruhe und Schlafstörungen gekennzeichnet ist.

Übermässige Angst im Alltag

Ängste bei GAD beziehen sich oft auf alltägliche Ereignisse, die Betroffene als unverhältnismässig besorgniserregend wahrnehmen. Zur übermässigen Sorge gesellen sich häufig körperliche Symptome wie Herzrasen, Atemnot und Schwitzen. Wenn diese Ängste an den meisten Tagen über mindestens sechs Monate auftreten und erheblichen Stress verursachen, gilt die Diagnose als gesichert. Die Krankheit ist chronisch, geht oft mit anderen psychischen Störungen wie Depressionen einher, und trifft Frauen doppelt so oft wie Männer (2).

Neben psychotherapeutischen Ansätzen, wie der kognitiven Verhaltenstherapie spielen Medikamente eine zentrale Rolle in der Behandlung. Antidepressiva, insbesondere selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) und Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRIs), gelten schon länger als erste Wahl.

Systematische Bewertung der Wirksamkeit

Der aktuelle Cochrane-Review untersuchte, inwieweit Antidepressiva bei der Behandlung der generalisierten Angststörung über den Placeboeffekt hinaus wirksam sind. Dafür wurden 37 randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) und Cluster-RCTs mit insgesamt 12.226 Teilnehmern herangezogen, die randomisiert entweder Antidepressiva oder Placebo erhielten. Der Grossteil der Studien wurde in Ländern mit Zugang zu modernen Therapien wie den USA und europäischen Staaten durchgeführt.

Eingeschlossen wurden Erwachsene mit moderater bis schwerer GAD als Primärdiagnose, jedoch ohne schwerwiegende körperliche Begleiterkrankungen. Neben der Wirksamkeit der Substanzen wurden auch die Akzeptanz, das Nebenwirkungsprofil und die Abbruchraten der Medikamente analysiert.

Unabhängig von Dosis, Einnahmehäufigkeit und Behandlungsdauer wurden verschiedene Therapieansätze berücksichtigt. Da die GAD oft mit anderen psychischen Erkrankungen einhergeht, waren psychiatrische Komorbiditäten erlaubt. Studien zu Psychotherapien sowie Teilnehmer mit regelmässigem Benzodiazepin-Konsum wurden ausgeschlossen, um die Wirkung von Antidepressiva isoliert bewerten zu können.

Mit hoher Sicherheit bestätigter Vorteil gegenüber Placebo

Antidepressiva zeigten eine signifikante Reduktion der Angstwerte, gemessen mittels Hamilton Anxiety Rating Scale (HAM-A). Die Risk Ratio (RR) von 1,41 (95% Konfidenzintervall (CI) 1,29 bis 1,55) verdeutlicht, dass die Wahrscheinlichkeit einer mindestens 50-prozentigen Symptomreduktion in der Antidepressiva-Gruppe um 41 Prozent höher lag als in der Placebo-Gruppe.

Dies basiert auf Daten aus 20 Studien mit 7.267 Teilnehmern und gilt als Evidenz von hoher Sicherheit. Die Number Needed to Treat for an Additional Beneficial Outcome (NNTB), also die Anzahl der zu behandelnden Patienten, um bei einem von ihnen einen positiven Behandlungseffekt zu erzielen, lag bei sieben (95% CI 5 bis 9).

Akzeptanz und Abbruchraten

Die Akzeptanz der Behandlung, gemessen an der Abbruchrate, unterschied sich nicht signifikant zwischen Antidepressiva und Placebo (RR 1,03; 95% CI 0,93 bis 1,14). Allerdings brachen in der Antidepressiva-Gruppe weniger Teilnehmer aufgrund mangelnder Wirksamkeit die Studie ab (RR 0,41; 95% CI 0,33 bis 0,50; NNTB 27).

Auf der anderen Seite war die Abbruchrate aufgrund von Nebenwirkungen in der Antidepressiva-Gruppe höher (RR 2,18; 95% CI 1,81 bis 2,61). Dies entspricht einer Number Needed to Harm (NNH) von 17. Beim Vergleich unterschiedlicher Klassen von Antidepressiva mit Placebo wurden ähnliche Ergebnisse beobachtet.

Therapeutischer Nutzen eindeutig

Die Ergebnisse zeigen mit hoher Sicherheit den therapeutischen Nutzen von Antidepressiva im Gegensatz zu Placebo bei vergleichbarer Akzeptanz. Zudem brachen in der Antidepressiva-Gruppe weniger Teilnehmer aufgrund fehlender Wirksamkeit die Studie ab, während mehr aufgrund von Nebenwirkungen ausschieden, was auf das bekannte Nebenwirkungsprofil der Wirkstoffe hinweist.

Die Studiendauer variierte zwischen vier und 28 Wochen, was zwar kurz- und mittelfristige Trends aufzeigen kann, jedoch keine Aussagen zur langfristigen Wirksamkeit und Nebenwirkungen zulässt. Die Reviewer empfehlen für zukünftige GAD-Studien eine grössere Transparenz hinsichtlich der Methodik sowie die Einbeziehung von Patienten mit medizinischen Komorbiditäten, da Betroffene häufig unter zusätzlichen chronischen Erkrankungen leiden.