Medical Tribune
4. Feb. 2025Einmal niesen und der Knochen bricht

Osteoporose nicht übersehen

Alle zehn Minuten bricht sich ein Mensch aufgrund von Osteoporose einen Knochen – oft mit potenziell tödlichen Folgen. Dennoch erhalten Betroffene oft keine adäquate Diagnostik und Therapie. Experten erklären, wie man die Osteoporose frühzeitig erkennen kann.

Auch Hüftfrakturen gehen oft auf Osteoporose zurück.
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Knochenbrüche durch Osteoporose, sogenannte Fragilitätsfrakturen, entstehen schon bei geringster Belastung. Ein einfacher Sturz aus dem Stand genügt.

Viele Betroffene spüren dabei keinen Schmerz, berichtet ein Team um Dr. Aliya Khan von der McMaster University in Hamilton, Kanada. Wird ein solcher Bruch entdeckt, fehlt oft bisher die Diagnose Osteoporose (1).

Folgefraktur oft In den ersten beiden Jahren

Viele Patienten müssen operiert werden, was Risiken wie Narkosekomplikationen, Schmerzen, Blutungen, Infektionen oder Thrombosen birgt. Eine Fragilitätsfraktur führt zudem oft zu weiteren Brüchen, besonders bei Menschen mit niedriger Knochendichte.

Das Risiko ist in den ersten ein bis zwei Jahren nach dem ersten Bruch am höchsten. Eine Studie mit über 66.000 postmenopausalen Frauen zeigte, dass das Risiko unabhängig von der Ursache des ersten Bruchs steigt.

Die meisten osteoporotischen Frakturen betreffen Frauen und Männer ab 50 Jahren, vor allem an der Wirbelsäule. Diese Brüche verursachen meist starke Schmerzen, schränken die Beweglichkeit ein und erhöhen das Sterberisiko. Im Jahr nach dem ersten Bruch steigt die Gefahr weiterer Frakturen, unabhängig von der Knochendichte. Die Prävalenz von vertebralen Frakturen steigt mit dem Alter – bei Frauen von 3 % unter 60 Jahren bis auf 20 % ab 70 Jahren. Männer sind zu 7,5 % bis 20 % betroffen.

Auch Hüftfrakturen gehen oft auf Osteoporose zurück, was die Heilung erschwert. In prospektiven Studien litten 76 % der Patienten mit Heilungsstörungen oder Implantatversagen nach einer Hüftoperation an moderater bis schwerer Osteoporose. Bis zu 50 % der Betroffenen erlangten ihre Mobilität nicht zurück. 20 % bis 65 % der zuvor selbstständigen Patienten benötigten nach der Operation Hilfe im Alltag.

Therapien senken das Risiko

Moderne Behandlungen können das Risiko von Fragilitätsfrakturen deutlich reduzieren. Bisphosphonate senken das Risiko vertebraler Frakturen nach 12 bis 36 Monaten um 54 bis 68 %, Denosumab nach 36 Monaten um 54 bis 68 %. Beide Therapien verringern das Risiko von Hüftfrakturen nach mehr als drei Jahren um 36 bis 39 %. Das Parathormon-Analogon Teriparatid reduziert vertebrale Frakturen nach 17 Monaten um 76 %, Romosozumab nach 12 Monaten um 82 %. Dennoch erhalten viele Patienten diese Therapien nicht.

Häufig bleibt auch die Beschreibung vertebraler Frakturen ungenau. Ärztliche Berichte erwähnen oft nur eine verringerte Wirbelkörperhöhe, nicht aber den Bruch selbst. Dank moderner DXA-Bildgebung lassen sich vertebrale Frakturen inzwischen in derselben Sitzung nachweisen.

Eine solche Untersuchung empfiehlt sich bei:

  • sehr niedriger Knochendichte,
  • Rückenschmerzen,
  • einer um mindestens 4 cm verringerten Körpergrösse (bzw. 2 cm unter ärztlicher Beobachtung),
  • systemischer Steroidtherapie,
  • fortgeschrittenem Alter,
  • schlecht kontrolliertem Diabetes Typ 1 oder 2.

Nach der Diagnose einer Fraktur sollten Ärzte weitere Knochenveränderungen ausschliessen. Spezielle MRT-Verfahren unterscheiden zwischen osteoporotischen und pathologischen Frakturen. Frühere MRT- oder aktuelle CT-Aufnahmen helfen, die Akuität einzuschätzen.

Osteoporose sicher diagnostizieren

Die Diagnose Osteoporose gilt als gesichert, wenn die Knochendichte ≤ 2,5 mg/cm³ im Bereich der Lendenwirbelsäule oder des Schenkelhalses liegt. Doch 60 % der Frakturen treten bei höherer Knochendichte auf. Daher sollte die Diagnostik nicht allein auf die Knochendichte setzen, sondern auch nach bestehenden Fragilitätsfrakturen suchen.