Medical Tribune
25. Nov. 2024Ein GERD lässt sich auch bei werdenden Müttern behandeln

Gastroösophagealer Reflux in der Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft treten oft gastrointestinale Symptome wie gastroösophagealer Reflux auf, die nach der Entbindung meist verschwinden. Dennoch sollten säurebedingte Beschwerden ernst genommen werden.

Der gastroösophageale Reflux ist für viele Frauen in der Schwangerschaft ein Problem.
AntonioDiaz/stock.adobe.com

Die Montreal-Klassifikation der gastroösophagealen Refluxkrankheit (GERD) gilt auch bei Schwangeren, erklärt Prof. Dr. Kerstin Schütte von der Klinik für Innere Medizin, Gastroenterologie und Diabetologie im Marienhospital Osnabrück (1).

Diagnostik und Prävalenz von GERD in der Schwangerschaft

In der Regel wird die Diagnose während der Schwangerschaft nicht endoskopisch gesichert. Da mehr als 20 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal wöchentlich unter Reflux-Beschwerden leiden, ist anzunehmen, dass gastroösophagealer Reflux bei symptomatischen Schwangeren oft schon vorher bestand. Viele Betroffene haben eine symptomlose Refluxösophagitis.

In der Schwangerschaft begünstigen zusätzliche Faktoren GERD:

  • Abnehmender Druck des unteren Ösophagussphinkters (LES)
  • Verminderte Kontraktionskraft des LES durch hormonelle Einflüsse
  • Hormoninduzierte verminderte Peristaltik im Ösophagus
  • Erhöhter intraabdomineller Druck

Daher ist die Prävalenz von GERD bei Schwangeren höher und nimmt mit jedem Trimenon zu.

In einer deutschen Studie litten im dritten Trimenon etwa über 50 % der 510 beobachteten Schwangeren unter typischen Reflux-Beschwerden. Die meisten erhielten keine Therapie zur Symptomlinderung.

Risiken einer unbehandelten GERD in der Schwangerschaft

Eine peptische Ulkuserkrankung kann allerdings Konsequenzen für Mutter und Kind haben, betont Prof. Schütte. Eine retrospektive US-Kohortenstudie zeigt beispielweise, dass ein Ulkus das Risiko für Präeklampsie/Eklampsie, vorzeitigen Blasensprung, Kaiserschnitt, venöse Thromboembolien und mütterlichen Tod erhöht. Bei den Neugeborenen traten häufiger kongenitale Anomalien, intrauterine Wachstumsretardierung, intrauteriner Fruchttod und Frühgeburten auf.

Schwangere mit GERD sollten daher über Massnahmen zur Linderung der Beschwerden informiert werden. Prof. Schütte empfiehlt etwa, den Oberkörper beim Schlafen erhöht zu lagern, kleine Mahlzeiten über den Tag zu verteilen und spätes Essen zu vermeiden.

Sichere medikamentöse Therapien während der Schwangerschaft

Auch sichere medikamentöse Therapien gibt es für die Schwangerschaft. Laut der Datenbank Embryotox sind die Antazida Magaldrat und Hydrotalcit sowie Sucralfat einsetzbar.

Famotidin gilt als H2-Rezeptorantagonist der ersten Wahl, Cimetidin kann ebenfalls verwendet werden. Erst wenn diese Massnahmen nicht ausreichen, sollten Protonenpumpenhemmer (PPI) erwogen werden. Welcher Wirkstoff der sicherste ist, bleibt unklar. Embryotox stuft Omeprazol als besonders sicher ein, während die US-Arzneimittelbehörde FDA alle PPI ausser Omeprazol empfiehlt.

Eine Endoskopie der Speiseröhre (ÖGD) sollte möglichst erst nach der Geburt erfolgen. Hinweise deuten darauf hin, dass eine Durchführung während der Schwangerschaft das Risiko für Frühgeburten und intrauterine Wachstumsretardierung erhöht. Eine ÖGD kann bei Alarmsymptomen oder Nichtansprechen auf eine Step-up-Therapie indiziert sein, erläutert Prof. Schütte. Dann sollte die Untersuchung frühestens im zweiten Trimenon erfolgen. Zur Sedierung kann Propofol verwendet werden.

Langfristige Bedeutung von GERD nach der Geburt

GERD in der Schwangerschaft kann nach der Geburt abklingen, bleibt aber ein Risikofaktor für spätere Symptome. Prof. Schütte plädiert dafür, die Beschwerden der Schwangeren ernst zu nehmen, sie nicht unversorgt zu lassen und auf Alarmsymptome zu achten, die auf andere Ursachen hinweisen könnten.