Medical Tribune
11. Okt. 2023Wenn Haare Bände sprechen

Veränderungen von Haar und Kopfhaut bei Lupus & Co

Viele systemische Erkrankungen machen sich auch am behaarten Kopf bemerkbar. Typische Beispiele sind Kollagenosen und Sarkoidose. Aber auch so manches Lymphom führt zu pathologischen Veränderungen an Haar ­und Kopfhaut.

Microscopic examination of the hair and skin of the scalp.
Viktoriia/stock.adobe.com
Mit dem auf die Kopfhaut aufgesetzten Trichoskop lassen sich Details wie Haarwurzeln, Haarfollikelöffnungen, Pigmentveränderungen und Gefässe nichtinvasiv und schmerzfrei beurteilen.

Kollagenosen und lymphoproliferative Erkrankungen machen sich manches Mal auch auf der Kopfhaut bemerkbar.

Besonders gut geeignet zur Beurteilung der Kopfhaut ist die Trichos­kopie. Das trifft auch auf diese lokalen Kopfmanifestationen von systemischen Erkrankungen zu. Mit welchen Veränderungen man bei diesen zu rechnen hat, haben polnische Mediziner in einer aktuellen Übersichtsarbeit zusammengefasst.

Lupus erythematodes

Bis zu 80 Prozent der Patienten mit systemischem Lupus erythematodes leiden unter Haarausfall. Meist handelt es sich dabei um eine nichtvernarbende Alopezie, die entweder diffus oder fleckförmig auftritt.

Trichoskopische Merkmale sind:

  • stark verzweigte und gewundene Gefässe,
  • schwarze Flecken,
  • verdünnte Haare (einigen Studien zufolge ist der Durchmesser der Haare mit der Krankheitsaktivität nach SLEDAI-2K assoziiert),
  • hypopigmentierte Haarschäfte,
  • blau-graue und braune Pigmentationen.

Dermatomyositis

Die Dermatomyositis manifestiert sich in bis zu 85 Prozent der Fälle an der Kopfhaut. Erythem, Juckreiz und eine meist nicht-vernarbende Alopezie sind die klinischen Merkmale. In der Trichoskopie finden sich:

  • vergrösserte, geschlängelte Kapillaren
  • ektatische gefässartige, mit Erythrozyten gefüllte Strukturen
  • perifollikuläre und interfollikuläre Schuppung
  • perifollikuläre rot-braune Pigmentierung (assoziiert mit der Krankheitsaktivität)
  • mikroaneurysmatische Blutgefässe,
  • perifollikulär lokalisierte abnorme Gefässe.

Systemische Sklerose

Die Mikroangiopathie bei systemischer Sklerose lässt sich nicht nur an der Nagelfalz, sondern auch an der Kopfhaut gut erkennen. Trichoskopisch zeigt sich zum Beispiel, dass die Gefässe oft in einem linearen oder gruppierten Muster angeordnet sind. Weitere trichoskopische Auffäligkeiten sind

  • stark verzweigte und polymorphe Gefässe, vor allem im frontalen Bereich,
  • Teleangiektasien,
  • avaskuläre Areale,
  • verdünnte Haarschäfte,
  • weisse Flecken und Punkte.

Sarkoidose

Bei der Sarkoidose kommt es meist zu vernarbender Alopezie, in manchen Fällen tritt allerdings auch ein nichtvernarbender Haarausfall auf. Die Kopfhaut weist diskoide, lupus-ähnliche Läsionen oder verhärtete rotorange Plaques und Knötchen auf. Potenzielle trichoskopische Befunde sind

  • perifollikuläre und follikuläre gelbliche bis blassorangefarbene runde Bereiche,
  • perifollikuläre Schuppung,
  • dystrophe Haare,
  • Teleangiektasien und
  • fokale Atrichie.

Lymphoproliferative Erkrankungen

Haarausfall kann auch auf pimäre kutane T-Zell-Lymphome hindeuten. Mit einer geschätzten Inzidenz von 65 Prozent tritt er am häufigsten bei Patienten mit follikulotroper ­Mycosis fungoides auf. In den frühen Stadien der Erkrankung finden sich trichoskopische Anzeichen einer Follikelinvasion und -entzündung wie

  • nachwachsende, zusammengerollte Haare mit spitzen Enden (pigtail hair),
  • gelbe Punkte und
  • spermatozoenähnliche Gefässe.

Fortgeschrittene Stadien der Mycosis fungoides zeigen als Anzeichen eines fibrotischen Prozesses trichoskopisch meist weisse Punkte oder Linien sowie das Fehlen von Follikel­öffnungen.

Im Gegensatz zu den T-Zell-Lymphomen betreffen primäre kutane B-Zell-Lymphome nur selten die Kopfhaut. Trichoskopische Befunde wurden nur bei Patienten mit primären kutanen Follikelzentrum-Lymphomen beschrieben. Sie umfassten verzweigte und lineare Gefässe, welche auf die Angio­genese zurückzuführen sind, sowie lachsfarbene Bereiche, die dermalen lymphozytären Infiltraten entsprechen.

Obwohl eine Hautbeteiligung beim Multiplen Myelom eher selten ist, treten manchmal – in der Regel im Spätstadium – Veränderungen an Haar und Kopfhaut auf. Hierzu zählen follikuläre Spiculae und Haarknoten, die aus Keratin und ausgefälltem monoklonalem Protein bestehen.

Andere Neoplasien

Bei einem Angiosarkom deuten rosafarbene und rote polymorphe Bereiche der Kopfhaut auf Tele­angiektasien oder vaskuläre Kanäle hin. Dunkelrote bis violette Bereiche können Ausdruck von Thromben, Blutungen und dilatierten vaskulären Strukturen sein. Weisse ­Linien stehen oft im Zusammenhang mit fibrösen Septen zwischen neoplastischen vaskulären Räumen.

Polymorphe Gefässe und gelbliche Bereiche auf rosafarbenem Hintergrund sind die vorherrschenden trichoskopischen Merkmale von ­Metastasen bösartiger Tumoren in der Kopfhaut.