Qiliqiangxin: TCM-Arznei wirksam bei Herzinsuffizienz
Die erste randomisierte Studie, die eine Arznei aus der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) bei der Herzinsuffizienz testete, zeigte eine leichte Überlegenheit des Studienmedikaments. Die Kräutermischung Qiliqiangxin senkte dabei das Risiko für Herzinsuffizienz-bedingte Hospitalisierung und Todesfälle aufgrund von kardiovaskulären Erkrankungen. Untersucht wurden Patienten mit Herzinsuffizienz mit reduzierter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (HFrEF).
Bei der TMC-Kräutermischung Qiliqiangxin handelt es sich um einen kommerziellen Extrakt aus 11 Arzneipflanzen. Darin enthalten sind unter anderem Ginseng, Eisenkraut, Zimt, und Mandarinenschale. In China ist Qiliqiangxin seit 2004 für die Behandlung der Herzinsuffizienz zugelassen, und wird derzeit von Millionen chinesischer Herzinsuffizienz-Patienten eingenommen.
Laut In-vitro-Studien spiegeln einige der aktiven Substanzen in der Mischung die diuretischen, gefässerweiternden und kardiotonischen Wirkungen westlicher Arzneimittel wider, erklärt Studienautor Prof. Xinli Li, Hospital of Nanjing Medical University, China, im Zuge seiner Präsentation am Europäischen Kardiologenkongress ESC (1).
Qiliqiangxin plus Standardtherapie getestet
In einer Pilotstudie konnte ausserdem bereits gezeigt werden, dass eine zwölfwöchige Behandlung mit Qiliqiangxin zusätzlich zu unterschiedlichen Varianten einer westlichen Standardmedikation die Konzentration des Biomarkers NT-proBNP (N-terminal pro–B-type natriuretic peptide) von Patienten mit HFrEF um rund 25 Prozent senkte (2). Zusätzlich verbesserte die Arzneimittelkombination auch die Herzinsuffizienz laut NYHA-Klassifikation, die linksventrikuläre Ejektionsfraktion, die erreichte Distanz im 6-Minuten-Gehtest, und die Lebensqualität.
In der nun veröffentlichten QUEST-Studie wurde Qiliqiangxin bei 3.110 Patienten mit HFrEF mit einer linken ventrikulären Ejektionsfraktion von < 40 Prozent, und einem NT-proBNP von > 450 pg/mL mit einer gut eingestellten Basistherapie getestet (Patienteneigenschaften siehe Kasten). Die Patienten erhielten 1:1-randomisiert entweder dreimal täglich vier Kapseln Qiliqiangxin oder ein Placebo zusätzlich zur Standardmedikation. Der primäre Endpunkt setzte sich zusammen aus der Kombination aus Rehospitalisierungen aufgrund einer sich verschlimmernden Herzinsuffizienz oder kardiovaskulär begründeten Tod.
Viele erhielten Betablocker, wenige einen SGLT2-Inhibitor
Patienten in der QUEST-Studie waren im Durchschnitt 62 Jahre alt, 72,1 Prozent waren Männer. Zu Studienbeginn belief sich die mediane linksventrikuläre Ejektionsfraktion auf 32 Prozent, und der mediane NT-proBNP-Wert auf 1730,80 pg/mL.
90 Prozent der Patienten erhielten Diuretika, mehr als 86 Prozent einen Betablocker, mehr als 83 Prozent einen Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten, mehr als 82 Prozent einen RAAS-Inhibitor. Rund 60 Prozent erhielten eine Kombination aus Betablocker, MRA und RAAS-Inhibitoren, 57 Prozent wurden mit einem Angiotenrezeptor/Neprilysin Inhibitor (ARNI) behandelt. Da zum Zeitpunkt der Studiendurchführung SGLT2-Inhibitoren nicht zum Therapiestandard gehörten, erhielten diese weniger als zehn Prozent in der QUEST-Studie.
Risiko für Rehospitalisierung und kardiovaskulär begründeten Tod sank um rund 20 Prozent
Nach einer medianen Beobachtungsdauer von 18,3 Monaten erlitten 389 (25,02 %) der Patienten in der Qiliqiangxin-Gruppe und 467 Patienten (30,3 %) in der Placebo-Gruppe eines der im primären Endpunkt definierten Ereignisse (HR 0,78; 95 %-KI: 0,68-0,9; p>0,001).
Dabei war sowohl das Risiko für eine Herzinsuffizienz-bedingte Rehospitalisierung (HR 0,76; 95 %-KI: 0,64-0,9; p = 0,002), als auch für Tod aus kardiovaskulären Gründen (HR: 0,83; 95 %-KI: 0,68-0,996; p = 0,045) mit Qiliqiangxin herabgesetzt.
Patienten profitierten dabei über alle vorab festgelegten Subgruppen hinweg (Alter, NT-proBNP-Wert, mit oder ohne ARNI-Behandlung).
Wie schon in der vorangegangenen Studie sank auch in der QUEST-Studie der NT-proBNP-Wert im mittel stärker mit Qiliqiangxinals mit dem Placebo (-444 vs. -363; p = 0,047).
Bislang keine relevanten Sicherheitsbedenken
Bezüglich Sicherheit untersuchten die Forscher die Mortalität aufgrund aller Ursachen. Diese unterschied sich nicht signifikant zwischen Probanden aus der Qiliqiangxin- bzw. Placebogruppe (14,21 vs. 16,85 %; p = 0,058). Die Kapseln mit der Kräutermischung wurden generell gut vertragen.
Hinweise auf erhöhte gastrointestinale Symptome, eine Verschlechterung der Nierenfunktion gab es nicht, und auch die Leberenzyme waren durch Qiliqiangxinim Vergleich mit Placebo nicht erhöht.
«Belastung durch hohe Zahl einzunehmender Qiliqiangxin-Pillen»
Für den ESC kommentierte die Studie die Kardiologin Dr. Carolyn Lam vom National Heart Centre in Singapur. Die Ergebnisse seien für sie bemerkenswert. «Sie geben einem TCM-Arzneimittel, das in China bereits von Millionen von Herzinsuffizienz-Patienten angewendet wird, die nötige Evidenz.»
Nun sei es für sie angezeigt, den Effekt von Qiliqiangxin bei der aktuellen leitliniengerechten Medikation zu überprüfen, was die SGLT2-Inhibitoren einschliesst. Auch Unterschiede in puncto Wirksamkeit, Sicherheit, und Adhärenz, die durch ethnische oder regionale Differenzen bedingt sein könnten, sollten untersucht werden. «Auch die Compliance könnte ein Problem sein», so Dr. Lam. «Denn vier Kapseln, die dreimal täglich eingenommen werden müssen, stellen einen hohen ‹Pill Burden› dar.»