Anstellung von ukrainischen Geflüchteten in Spitälern
Vor etwas mehr als einem Jahr scheiterte die Anstellung von ukrainischen Geflüchteten in den Spitälern noch an diversen Hindernissen, vor allem an fehlenden Sprachkenntnissen. In der Zwischenzeit ist ein bisschen Bewegung in die Sache gekommen. Das zeigt eine Umfrage von Medical Tribune bei den gleichen Spitälern wie anno 2022. Hürden gibt es aber immer noch einige zu überwinden.
Rein theoretisch sei alles vorbereitet für eine Beschäftigung von ukrainischen Geflüchteten in Schweizer Spitälern. So lautete die Bilanz von Medical Tribune aufgrund einer Umfrage bei diversen Institutionen vor gut einem Jahr. Anstellungen gab es aber noch keine, einzig ein paar Anstellungsankündigungen.
Dank dem Schutzstatus S dürfen Geflüchtete aus der Ukraine direkt nach ihrer Anreise hier arbeiten. Was hat sich nun innerhalb des letzten Jahres in dieser Hinsicht bewegt? Medical Tribune fragte bei den gleichen Spitälern nochmals nach.
Was die Spitäler ein Jahr später sagen
Universitätsspital Basel
Es ist einiges, aber nicht nennenswert viel in Bewegung gekommen, kann man grundsätzlich konstatieren. Das Universitätsspital Basel meldet immerhin sechs Neubeschäftigungen – alles Frauen. Laut Mediensprecherin Caroline Johnson handelt es sich ausschliesslich um Personen, die in der Forschung tätig sind. Dazu gehören etwa Postdocs, Doktoranden, wissenschaftliche Ärzte oder Praktikanten in der Onkologie. «Für die Anstellung in den vakanten Positionen spielen einzig die jeweils notwendigen Qualifikationen eine Rolle», ergänzt sie.
Stadtspital Zürich
Im Stadtspital Zürich arbeiten mittlerweile fünf ukrainische Personen: Küchenmitarbeiter, Mitarbeiter in der Hotellerie, eine Ärztin sowie eine Praktikantin in der Pflege. Laut Angaben der Kommunikationsverantwortlichen Maria Rodriguez hat man sehr positive Erfahrungen mit den neuen Arbeitskräften gemacht. Die Mitarbeiter in Küche und Hotellerie wurden zuerst über die AOZ (Asylorganisation Zürich) in einem Ersatzprogramm befristet beschäftigt. In der Zwischenzeit sind alle ordentlich angestellt.
Für die Stellen Hotellerie, Küche und Pflegepraktikum wurden auch Bewerber ohne berufliche Anerkennung in der Schweiz verpflichtet. «Das Stadtspital Zürich ist offen für Bewerbungen in allen Berufen und berücksichtigt weiterhin auch ukrainische Bewerbende für alle regulären vakanten Positionen. Wir legen Wert darauf, dass die Bewerber die geforderten Qualifikationen, Diplome und Sprachkenntnisse für die entsprechenden Stellen mitbringen.»
Luzerner Kantonsspital
Von «einigen wenigen Anstellungen» von ukrainischen Geflüchteten spricht das Luzerner Kantonsspital. Man sei offen, wenn die Voraussetzungen erfüllt sind. Konkret bedeutet das laut Markus von Rotz, dem Medienbeauftragten des Spitals: «Mit den erforderlichen Ausbildungsnachweisen und guten Deutschkenntnissen (mindestens Niveau B2) können Geflüchtete aus der Ukraine grundsätzlich bei uns arbeiten. Dabei haben sie sich aber dem üblichen Bewerbungsprozess und Selektionsverfahren zu stellen. Auch müssen entsprechende vakante Stellen vorhanden sein, und die Fähigkeiten müssen mit dem Anforderungsprofil übereinstimmen.»
Spital Thurgau
Als einziges Spital ging die Spital Thurgau AG im vergangenen Jahr in die Offensive. Es kündigte bereits damals öffentlich an, dass sie ukrainische Geflüchtete anstellen möchte. Voraussetzungen seien eine abgeschlossene Ausbildung mit Schweizer Anerkennung und gute Deutschkenntnisse. Überdies erklärte sich das Spital dazu bereit, fünf neue Arbeitsstellen für Geflüchtete zu schaffen, die über keine berufliche Anerkennung in der Schweiz verfügten.
Der Stand der Dinge heute: In der Wäscherei Bodensee beschäftigt das Unternehmen ukrainische Geflüchtete, je nach Betriebsauslastung zwischen vier und sieben Personen. Für die Wäscherei habe man die Arbeitsbewilligungen problemlos und sehr schnell bekommen.
Es gibt bürokratische Hindernisse
Mehr scheint es im Spitalbereich selber in Sachen Bewilligungen zu harzen. Nach Angaben von Martina Gschwend, Assistentin der Geschäftsleitung, wurde je eine Person im ärztlichen sowie im pflegerischen Bereich angestellt. «Auf weitere Anstellungen haben wir aufgrund der bürokratischen Hindernisse verzichtet.»
Auf zwei Aspekte ging das Spital in diesem Zusammenhang ein. Erstens: «Die grössten Hürden sind zum einen die sprachliche Thematik, die im Gesundheitswesen absolut essenziell ist. Denn ein Patient muss sich zwingend mit dem Arzt und der Pflege problemlos verständigen können, um eine korrekte und sichere Behandlung respektive Betreuung zu gewährleisten. Missverständnisse aufgrund sprachlicher Herausforderungen können im Gesundheitswesen sehr kritisch werden.»
Anerkennung durch Medizinalberufekommission problematisch
Das andere Problem liege bei der Thematik berufliche Anerkennung durch die Medizinalberufekommission MEBEKO oder SRK. «Die Qualifikationen von Fachpersonal aus der Ukraine entsprechen nicht dem gleichen Niveau wie demjenigen der Schweiz oder umliegender Länder. Zudem werden z.B. ukrainische Arztabschlüsse durch die MEBEKO nur registriert, aber nicht anerkannt. Ohne MEBEKO-Anerkennung kann der Arzt/Ärztin jedoch nicht ärztlich eingesetzt werden», so die Erfahrung der Spital Thurgau AG.
Bei fehlender Anerkennung und fehlenden Sprachkenntnissen sei im Spitalbereich ein mit anderen ausgelernten Fachkräften vergleichbarer Einsatz nicht möglich, konstatiert das Spital im Weiteren. Die Spital Thurgau AG schildert einen selber erlebten Fall: «Wir hatten ein Praktikumsprogramm ins Leben gerufen, bei welchem die Geflüchteten bei ausgelernten Fachkräften mitlaufen, die Begriffe und Sprache erlernen, parallel dazu die hiesigen Prozesse, Gepflogenheiten und das Fach-Know-how kennenlernen.
Zielsetzungen hierfür war zum einen, den Flüchtlingen ein stabiles und ihnen bekanntes Umfeld zu bieten, Struktur und Alltag zu geben und sie so schrittweise hin zur Anerkennung und zum notwendigen Sprachlevel zu entwickeln. Gleichzeitig sollten sie so etwas Geld verdienen können, mit der gleichen Vergütung wie reguläre Praktikanten (welche jedoch im Vergleich zu den ukrainischen Geflüchteten arbeiten und nicht nur «mitgehen»), um nicht gänzlich auf Sozialhilfe angewiesen zu sein.»
Die zuständigen kantonalen Behörden hätten für die Praktika-Lösung jedoch keine Arbeitsbewilligungen erteilt, weswegen die erwähnte Pflegefachkraft das Spital zugunsten einer anderen Beschäftigung verliess. Bezüglich der Person mit ärztlichem Hintergrund sei eine Lösung mit dem Kanton aktuell noch hängig.
Gute Nachrichten für Jugendliche
Dass gute Deutschkenntnisse neben anerkannten Diplomen der Schlüssel zur Einstellung in einen Beruf im Gesundheitswesen sind, betont auch die Spitex. Für sie gilt das sogar noch in akzentuierter Form: «Fachpersonen, welche bei der Spitex tätig sind, arbeiten selbstständig und sind alleine unterwegs. Dies kann herausfordernd sein für Menschen, die neu in der Schweiz eintreffen. Für solche Personen ist es einfacher, in einem Team – Spital oder Heim – zu arbeiten, da sie hier unmittelbar Unterstützung finden».
Francesca Heiniger, Mitglied der Spitex-Geschäftsleitung und zuständig für Kommunikation, macht noch auf einen neueren Entscheid der Politik aufmerksam: Unter den Schutzsuchenden aus der Ukraine, die in der Schweiz den Schutzstatus S erhalten haben, befinden sich rund 5.000 Jugendliche im Alter von 15 bis 20 Jahren.
Sie sollen die Möglichkeit erhalten, in der Schweiz eine Lehre anzutreten und diese abzuschliessen, auch wenn der Schutzstatus S vor dem Ende der Lehrzeit aufgehoben werden sollte. Nach Rücksprache mit den Kantonen und Sozialpartnern hat Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider entschieden, dass sie bis zum Lehrabschluss in der Schweiz bleiben können, um Planungssicherheit für Lernende und Lehrbetriebe zu schaffen.