Neurodermitis beginnt im Säuglingsalter
Die Weichen für eine atopische Dermatitis werden wohl schon im Säuglingsalter gestellt. Vermutet wird ein Einfluss des Haut-Mikrobioms, für das nicht nur der Geburtsmodus eine Rolle spielt. Denn dieses verändert sich in den ersten Lebensmonaten weiter.
Etwa jeder fünfte Mensch weltweit leidet an einer atopischen Dermatitis. Neben einer gestörten Hautbarriere und inflammatorischen Veränderungen zeichnet sich die Erkrankung durch eine mikrobielle Fehlbesiedelung der Läsionen aus. Diese beginnt meist im frühen Kindesalter. Die Weichen werden aber möglicherweise schon in der Säuglingszeit gestellt, wie Dr. Alexis Rapin von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne und Kollegen in ihrer Übersichtsarbeit berichten (1).
Das Team analysierte die Haut-Mikrobiome von 346 in Norwegen geborenen Kindern während des ersten Lebensjahres. Hautabstriche vom lateralen Oberarm erfolgten am Tag nach der Geburt sowie im Alter von drei, sechs und zwölf Monaten. Die Zusammensetzung der Bakteriengemeinschaft analysierten die Forschenden mittels 16S-rRNA-Sequenzierung. Zudem untersuchten sie den transepidermalen Wasserverlust an den Abstricharealen sowie die Haut klinisch im Hinblick auf entzündliche Veränderungen und die Barrierefunktion.
Frühe Hautflora hat Einfluss auf spätere Neurodermitis
Im Verlauf des ersten Lebensjahres kam es sowohl hinsichtlich der Zusammensetzung als auch der Diversität der Hautbewohner zu dramatischen Veränderungen. So nahm der Anteil der nach der Geburt zunächst reichlich vorhandenen Taxa Burkholderiaceae, Staphylococcus sowie Lactobacillus (Überbleibsel des vaginalen Mikrobioms) im Verlauf ab. Andere kolonisierende Spezies (Streptococcus, Veillonella, Enhydrobacter aerosaccus) kamen hingegen dazu.
Das postnatale Mikrobiom hing dabei stark vom Geburtsmodus – Vaginalgeburt, Wassergeburt oder Sectio – ab. Umgebungsfaktoren wie Geburtsort, Haustierkontakt der Mutter, Allergievorbelastung der Eltern sowie Stillen beeinflussten das kutane Mikrobiom ebenfalls.
Die Wissenschaftler fanden zudem eine signifikante Assoziation zwischen der Zusammensetzung der Hautflora im ersten Lebensjahr, der Integrität der Hautbarriere und einer späteren atopischen Dermatitis. Auch trockene Haut und Nahrungsmittelallergien standen mit der Bakterienzusammensetzung in Beziehung.
Säuglingszeit zur Prävention nutzen
Die Ausbildung des Immunsystems und damit auch das Allergie-Risiko hingen ganz wesentlich von der bakteriellen Kolonisierung der Haut im ersten Lebensjahr ab, so Dr. Rapin und Kollegen. Hier würden sich möglicherweise Ansatzpunkte für neue Präventionsstrategien bieten.
- Rapin A et al. The skin microbiome in the first year of life and its association with atopic dermatitis. Allergy. 2023 Feb 13. doi: 10.1111/all.15671