Chlamydien-Zoonosen vermutlich häufiger als gedacht
Vier Arten der Gattung Chlamydia infizieren in erster Linie bestimmte Tiere, können aber auch auf den Menschen überwechseln. Dies führt meist zu atypischen Pneumonien oder Konjunktividen. In Einzelfällen besteht akute Gefahr für werdende Mütter und das Ungeborene.
Das zoonotische Potenzial einiger Chlamydienarten wird häufig unterschätzt. Zwar sind die Fallzahlen im Vergleich zu Infektionen mit humanpathogenen Spezies wie Chlamydia trachomatis (sexuell übertragbare Krankheiten, Trachom) und C. pneumoniae (ambulant erworbene Pneumonie) gering. Eine durch Chlamydien verursachte Zoonose kann jedoch schwer verlaufen und u.a. zum vorzeitigen Ende einer Schwangerschaft bzw. einer atypischen Lungenentzündung führen.
Da ambulant erworbene Pneumonien selten mikrobiologisch untersucht werden, handelt es sich bei den wenigen gemeldeten Fällen zoonotischen Ursprungs vermutlich um die Spitze eines Eisbergs, erläutern Dr. Sarah Albinia von der Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich und Kollegen (1). Sie gehen von einer hohen Dunkelziffer aus.
Vier der vierzehn bekannten Chlamydienarten sind als Erreger von Zoonosen von Bedeutung. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Übertragungsweise und der Krankheitsverläufe.
Chlamydia psittaci
Eine Infektion mit C. psittaci erfolgt häufig über Ziervögel, z.B. Papageien, ist aber auch über Tauben und Nutzgeflügel möglich. Insgesamt tragen rund 460 Vogelarten den Erreger in sich, infizierte Tiere zeigen jedoch meist keine erkennbaren Symptome. Die Bakterien gelangen durch Inhalation von getrocknetem Kot, Staub oder über direkten Kontakt in den Menschen.
Die sogenannte Papageienkrankheit verläuft in der Regel mild mit leichten respiratorischen Symptomen. Eine Ornithose bzw. Psittakose kann sich jedoch auch als atypische Pneumonie manifestieren und bei schwerem Verlauf tödlich enden.
C. psittaci wird für ein Prozent aller ambulant erworbenen Lungenentzündungen weltweit verantwortlich gemacht. Infektionen sind in der Schweiz meldepflichtig. Neben Vögeln kommen auch Pferde als Überträger infrage. Bisher gibt es in Europa aber keine dokumentierten Fälle.
Chlamydia abortus
Eine Infektion mit C. abortus verläuft bei den Hauptwirten Schaf und Ziege meist symptomfrei, führt bei trächtigen Tieren allerdings zum Abort gegen Ende der Tragezeit bzw. zur Geburt von toten oder schwachen Jungtieren. Bis zu 30 Prozent der Aborte bei kleinen Wiederkäuern in der Schweiz lassen sich auf diese Bakterien zurückführen.
Die Übertragung auf den Menschen erfolgt vor allem während des Ablammens. Besonders gefährdet sind Schwangere, denn C. abortus kann auch bei ihnen zu Fehlgeburten und Pneumonien führen. Eine Infektion äussert sich in grippeähnlichen Beschwerden mit Übelkeit und Erbrechen, begleitet von Unterbauchschmerzen als Zeichen des drohenden Aborts. Da die Diagnose häufig nicht oder zu spät gestellt wird, können die Verläufe dramatisch sein. Die Autoren empfehlen werdenden Müttern, sich von Schafen und Ziegen fern zu halten.
Chlamydia caviae
C. caviae löst bei seinem Hauptwirt, dem Meerschweinchen, hauptsächlich Bindehautentzündungen aus. Eine Übertragung auf den Menschen erfolgt auf direktem Weg. Die Krankheit kann sich in Form einer Konjunktivitis, aber auch als atypische Pneumonie manifestieren. Allerdings sind nur sehr wenige Meerschweinchen mit C. caviae infiziert und schwere Verläufe beim Menschen äusserst selten.
Chlamydia felis
Infektionen mit C. felis sind ebenfalls rar und verlaufen zudem in der Regel sehr mild. Aufgrund der erheblichen Zahl von Katzenhaltern darf man die Gefahr jedoch nicht unterschätzen. Die Zoonose überträgt sich vom Hauptwirt Katze durch direkten Kontakt und äussert sich beim Menschen meist als Konjunktivitis.
Bisher sind zwei Fälle dokumentiert, auch wenn bis zu zehn Prozent aller Hauskatzen weltweit als infiziert gelten. Vorsicht ist besonders bei streunenden und ungeimpften Katzen geboten, die Durchseuchungsrate liegt bei ihnen deutlich höher, warnen die Autoren.
Die Wissenschaftler empfehlen abschliessend, vor allem bei Pneumonien ungeklärter Ursache eine Chlamydiose in Erwägung zu ziehen und Risikofaktoren wie den Kontakt zu Wirtstieren zu erfragen. Eine chlamydiale Zoonose ist in den meisten Fällen gut behandelbar. Die Therapie der Wahl besteht aus einem Betalaktam-Antibiotikum (Amoxicillin) in Kombination mit einem Makrolid (Clarithromycin). Resistenzen sind keine bekannt.
- Albinia S et al. Swiss Med Forum 2023; 23: 1012–1015; doi: 10.4414/smf.2023.09315