Wie sich Augenkrankheiten bei Senioren äussern
Augenkrankheiten nehmen im Alter zu und werden oft zu spät erkannt. Wie sich diese äussern, und was Betroffenen geraten werden kann, präsentierte Professor Dr. Matthias Becker, Chefarzt der Augenklinik am Stadtspital Zürich, am 62. Ärztekongress.
Zu den häufigsten altersabhängigen Augenerkrankungen zählen die Makuladegeneration (AMD), der graue Star (Katarakt) und grüne Star (Glaukom) sowie der Formenkreis des sogenannten «trockenen Auges».
Prof. Becker betont, dass man die Folgen von Sehstörungen meist unterschätzt – es kommt zur Abnahme sozialer Kontakte, Zunahme des Sturzrisikos, Sturzangst mit Aktivitätsminderung, Depressionen und vielen weiteren Sekundärfolgen.
Dabei wären gemäss der World Health Organisation (WHO) europaweit 50 und weltweit 80 Prozent der Erblindungen vermeidbar. So erhöht beispielsweise Rauchen das Risiko, zu erblinden. Eine ausgewogene Ernährung wirkt sich hingegen auch positiv auf die Augen aus. «Viele Augenerkrankungen sind in ihren Frühstadien symptomlos, oft lassen sich Frühstadien ohne bleibende Schäden erfolgreich behandeln. Fachgesellschaften empfehlen daher ab dem 45. Lebensjahr alle fünf Jahre einen Augen-Check-up», erinnert Prof. Becker.
Angriff auf den zentralen Bereich der Netzhaut
In den Industrienationen ist die häufigste Erblindungsursache die altersabhängige Makuladegeneration (AMD). Der irreversible Verlust des zentralen Sehvermögens bei älteren Patienten wird mittels Funduskopie unter Mydriase diagnostiziert. Hochauflösende Farbfotografien des Augenhintergrundes, Fluoreszenzangiografien und optische Kohärenztomografien können bei der Bestätigung der Diagnose hilfreich sein. Ursachen der Augenkrankheit sind genetische Faktoren, Ernährungsgewohnheiten, UV-Licht, Rauchen und Adipositas.
Man unterscheidet zwischen der trockenen und feuchten Form der AMD. Bis heute gibt es keine Behandlungsmöglichkeiten der trockenen AMD. Empfohlen sind Rauchstopp, eine gesunde Ernährung und Schutz vor UV-Licht. «Die feuchte Form verläuft wesentlich schneller, es kommt zu einem schnellen Visusverlust, meist innerhalb von Tagen bis Wochen», so Prof. Becker. Die Behandlung der feuchten AMD erfolgt mit Nahrungsergänzungsmitteln und intravitrealen Injektionen von Antivascular-Endothelial-Growth-Factor(Anti-VEGF)-Medikamenten wie Aflibercept oder Ranibizumab.
Erhöhter Augendruck kann Glaukome nach sich ziehen
Das Glaukom, auch Grüner Star genannt, bezeichnet eine Gruppe von Augenerkrankungen, bei denen der Sehnerv unwiderruflich geschädigt wird. In den meisten Fällen ist hierfür ein erhöhter Augendruck verantwortlich. Die Betroffenen leiden unter Sehstörungen, die das Gesichtsfeld einschränken. Prof. Becker erklärt, dass bei einem Glaukom heimtückischerweise zunächst nur das Gesichtsfeld eingeschränkt ist, die Sehschärf, hingegen noch lange 100 Prozent betragen kann.
Offenwinkelglaukome sind schmerzlos. Die Gesichtsfeldausfälle durch Glaukome verursachen keine Frühsymptome und sind oft unbemerkt. «Bei einem akuten Engwinkelglaukom steigt der Augendruck schnell an, Betroffene stellen in der Regel starke Augenschmerzen und Kopfschmerzen, Übelkeit, Rötungen des Auges und einen plötzlichen Verlust des Sehvermögens fest», so Prof. Becker.
Bei rechtzeitiger Diagnose helfen Augentropfen aus unterschiedlichen Wirkstoffklassen, die die Kammerwasserproduktion verringern oder den Abfluss des Kammerwassers verbessern. Darüber hinaus setzt man Laserbehandlungen ein – der Effekt ist jedoch meist nur gering und häufig nicht von langer Dauer. Ein operativer Eingriff kann helfen, damit das Kammerwasser dauerhaft wieder besser abfliessen kann.
Diagnostik bei der Katarakt ist einfach
Die Katarakt (Grauer Star) ist eine Augenerkrankung, bei der sich die Linse eintrübt. Diese Trübung (Opazität) der Linse verursacht einen fortschreitenden, schmerzlosen Verlust des Sehvermögens. Die Betroffenen sehen verschwommen und unscharf. Prof. Becker betonte die einfache Diagnostik: «Ärzte können Katarakte einfach erkennen, indem sie das Auge mit einer Spaltlampe untersuchen.»
Die meisten Katarakte kann man behandeln: Man entfernt die Linse und ersetzt diese durch eine künstliche Linse. Es bestehen Intraokularlinsen, die über drei Distanzen (Ferne, mittlere Distanz, Nähe) und drei Typen (monofokal, multifokal und extended-depth-of-focus) verfügen. Diese Optionen muss der Augenarzt mit jedem Patienten besprechen und abwägen, so Prof. Becker. «Patienten, die von einer Katarakt in einem Auge betroffen sind, neigen eher dazu, später auch in dem anderen Auge eine zu entwickeln.» Nicht operierte Katarakte verantworten nach wie vor den grössten Anteil an vermeidbarer Blindheit und Sehbehinderung weltweit.