Hinter erhöhten Leberwerten kann eine Autoimmunhepatitis stecken
Eine Autoimmunhepatitis kann in allen Altersklassen auftreten, zeigt sich anfänglich oft nur durch unspezifische Hinweise, und kann bis zum Leberversagen führen. Rechtzeitig und adäquat therapiert, lassen sich schlimme Verläufe aber abwenden.
Eine Autoimmunhepatitis zu erkennen, kann schwierig sein, da weder ein einzelnes klinisches Zeichen noch ein spezifischer biochemischer oder histologischer Befund pathognomonisch für die Krankheit ist, schreiben die Autoren eines aktuellen Übersichtsartikels im British Medical Journal (1).
Sie empfehlen daher, die Diagnose bei jedem Patienten mit erhöhten Leberwerten und/oder Leberzirrhose unbekannter Ursache in Betracht zu ziehen.
Differenzialdiagnose andere Hepatitiden
Zudem gilt es für die Autoren, andere Gründe für Leberschäden auszuschliessen. Hierzu zählen:
- virale Hepatitis (Hepatitis-A/B/C/E-Viren, Epstein-Barr-Virus, Cytomegalovirus)
- Medikamente, einschliesslich rezeptfreier Medikamente
- pflanzliche Heilmittel
- Morbus Wilson
- Hämochromatose
- nichtalkoholische Steatohepatitis (NASH)
Das Vorhandensein einer Virushepatitis oder einer NASH schliesst allerdings nicht aus, dass auch eine Autoimmunhepatitis vorliegt.
Unbehandelt führt die Autoimmunhepatitis zu Leberversagen und Tod
Die Diagnose basiert auf einer Reihe klinischer, biochemischer, serologischer und histologischer Befunde. Das sind z.B. erhöhte Konzentrationen von Aminotransferasen, polyklonale Hypergammaglobulinämie, hoher IgG-Wert, zirkulierende Autoantikörper und periportale Nekrosen in der Histologie.
Unbehandelt führt die Erkrankung nach durchschnittlich fünf Jahren zum Leberversagen und zum Tod. Behandelt man die Autoimmunhepatitis jedoch rechtzeitig und angemessen, lässt sich eine gute Prognose erzielen.
Die Therapie zielt auf eine Remission der Krankheit ab, die zur Beseitigung der Symptome und zum Aufhalten oder sogar zur Umkehrung der Leberschädigung und Fibrose führt. Neben möglichen Nebenwirkungen sollten bei der Therapieplanung krankheitsbezogene Faktoren Beachtung finden. Zu diesen zählen etwa Entzündungsaktivität und Fibrosestadium, patientenbezogene Faktoren wie Alter, Begleiterkrankungen und Lebensumstände, sowie persönliche Präferenzen der Patienten.
Die Induktionstherapie beginnt man mit Steroiden
Im ersten Schritt wird die Einleitung einer kompletten biochemischen Remission angestrebt, welche als Normalisierung der Transaminasen- und IgG-Konzentrationen definiert ist. Bei der Induktionstherapie sind Steroide nach wie vor das Mittel der Wahl. Sprechen Patienten nicht auf Steroide an, ist das ein Grund, die Diagnose Autoimmunhepatitis anzuzweifeln, erinnern die Autoren.
Azathioprin wird bevorzugt für die Aufrechterhaltung der Remission eingesetzt, unterstützt aber auch das Ansprechen auf die Steroid-Behandlung und hilft, Nebenwirkungen zu verringern. Daher sollte man mit der Behandlung mit Azathioprin frühzeitig beginnen, am besten, nachdem ein erstes Ansprechen auf Steroide beobachtet wurde. In der Regel ist das nach sieben bis 14 Tagen der Fall. Der Einstieg erfolgt mit einer niedrigen Dosis (z.B. 50 mg/Tag), wobei alle ein bis zwei Wochen eine Überwachung auf Nebenwirkungen einschliesslich eines vollständigen Blutbildes durchgeführt wird. Dann sollte man die Dosis auf 1–2 mg pro Kilogramm Körpergewicht erhöhen.
Bei schwerem Ikterus ist die Verstoffwechselung von Azathioprin verändert. Bei Betroffenen ist es wichtig, anfangs sehr vorsichtig zu dosieren, bis die Bilirubin-Konzentration auf etwa das Fünffache der oberen Normgrenze gesunken ist.
Nach sechs Monaten sollte eine biochemische Remission erreicht sein
Die optimale Erhaltungstherapie besteht für die meisten Patienten aus Azathioprin in einer Dosierung von 1–2 mg/kgKG pro Tag als Monotherapie oder in Kombination mit niedrig dosierten Steroiden. Lässt sich ein vollständiges biochemisches Ansprechen erreichen, sollte man die immunsuppressive Therapie auf das Niveau heruntertitrieren, das für die Erhaltung erforderlich ist, und auf Steroide möglichst verzichten. Kommt es während des Absetzens zu einer Reaktivierung, müssen die Steroide unter Umständen in einer etwas höheren Dosis wieder eingeführt werden.
Als unzureichend gilt das Ansprechen auf die Behandlung, wenn nach mehr als sechs Monaten Standardtherapie keine vollständige biochemische Remission erreicht wird. In solchen Fällen gilt es, sowohl die Diagnose als auch die Adhärenz des Patienten kritisch zu hinterfragen. Darüber hinaus sollten die Konzentration von 6-Thioguanin, einem aktiven Metaboliten von Azathioprin, gemessen und die Dosis der Standardtherapie gegebenenfalls angepasst werden, falls nötig unter Zugabe von Allopurinol.
Ein weiterer möglicher Grund für das Versagen der Erstlinientherapie ist eine Unverträglichkeit von Azathioprin. Hier lohnt sich ein weiterer Therapieversuch mit 6-Mercaptopurin, dem ersten Metaboliten von Azathioprin, in einer niedrigen Anfangsdosis. Dieses Medikament wird von bis zu 50 Prozent der Patienten mit Unverträglichkeit gegenüber Azathioprin vertragen. Verträgt der Patient auch 6-Mercaptopurin nicht, ist das Mittel der Wahl Mycophenolat-Mofetil in einer üblichen Dosis von 2 g pro Tag.
Transplantation kann manchmal nötig werden
Es wurden mehrere Optionen für Drittlinientherapien bei Autoimmunhepatitis beschrieben, von denen jedoch keine in kontrollierten klinischen Studien getestet wurde, schreiben die Autoren. Die Anwendung ist daher experimentell und die Indikationsstellung und Behandlung sollte Experten in Zentren überlassen werden.
Bei einem akuten Krankheitsausbruch, der sich rasch zu einem schweren Leberversagen oder einer Lebererkrankung im Endstadium entwickelt, kann eine Lebertransplantation notwendig werden. Die Überlebensraten nach einer Transplantation sind relativ hoch. Jedoch tritt die Autoimmunhepatitis bei acht bis zwölf Prozent der Patienten innerhalb des ersten Jahres und bei 36–68 Prozent nach fünf Jahren erneut auf.
Referenz
- Muratori L et al. Diagnosis and management of autoimmune hepatitis. BMJ. 2023 Feb 6;380:e070201. doi: 10.1136/bmj-2022-070201