FSME-Impfung: Für wen, wie oft, wann auffrischen?
Bei einem Zeckenstich kann die Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen werden, die zwar in den meisten Fällen wie ein grippaler Infekt verläuft. Bei einigen Betroffenen bleiben allerdings teils schwere neurologische Beeinträchtigungen zurück. Die dreiteilige Impfung schützt dagegen – und nützt vor allem Menschen, die viel im Freien sind. Die Auffrischung erfolgt in der Schweiz alle zehn Jahre. Durchbruchsinfektionen gibt es trotz des langen Intervalls dennoch kaum.
«Die Wahrscheinlichkeit, infolge eines Zeckenstiches die gefürchtete Form der FSME mit neurologischer Beteiligung zu entwickeln ist zwar gering, es kommt aber dennoch vor,» berichtet Dr. Cécile Lanz, vom Kantonsspital Baselland, Standort Bruderholz (1).
Hohes Fieber, Kopfschmerzen, steifer Nacken
Konkret bedeutet das: Rund 0,1 bis ein Prozent der Zecken in der Schweiz tragen das FSME-Virus in sich. Von ca. 10.000 Personen, die von einer Zecke gebissen werden, gelangen also zwischen zehn und 100 Personen in Kontakt mit dem Virus. Zwei Drittel der aller Infektionen verlaufen asymptomatisch, ein weiteres Drittel weist zumindest eine grippale Erkrankung auf. Dabei tauchen sieben bis 14 Tage nach dem Stich grippeähnliche Symptome wie Fieber, Müdigkeit, oder Kopf- und Gliederschmerzen auf.
Bei den meisten Menschen bleibt es dabei. Bei rund fünf bis 15 Prozent der Menschen mit symptomatischem Verlauf kommt es jedoch zu einem biphasischen Verlauf mit erneutem, höherem Fieberanstieg und neurologischen Symptomen infolge einer Hirnhautentzündung. Bemerkbar macht sich diese etwa durch starke Kopfschmerzen, Nackensteifigkeit und Konzentrationsstörungen, bis hin zu Bewusstseinsstörungen und Lähmungen. Besonders häufig sind Männer betroffen, sowie Personen über 60 Jahren, und Menschen mit einer Immunsuppression.
Die Meningitis heilt nicht in allen Fällen folgenlos ab. In einer Studie aus dem Jahr 2000 wurde beobachtet, dass 73 Prozent der untersuchten Infizierten mehrere Wochen nach der Infektion noch an Beschwerden litten, ein Jahr später war es noch knapp die Hälfte. Selbst nach fünf Jahren wies ein Drittel noch Residualbeschwerden wie Kopfschmerzen, Müdigkeit und Konzentrationsprobleme auf (2).
FSME-Übertragung lässt sich durch Entfernung einer Zecke nicht verhindern
«Das BAG empfiehlt, im Freien helle, lange Kleidung zu tragen, und ein Repellent zu verwenden», so Dr. Lanz. «Dies kann Zecken jedoch zwar am Vordringen an die Haut hindern, gut geschützt ist man vor einer FSME aber nur, wenn man vorab bereits gegen die Viruserkrankung geimpft wurde.»
Denn auch wenn man die Zecke sofort bemerkt und entfernt, sind die Viren mit hoher Wahrscheinlichkeit schon übertragen. «Der FSME-Virus wird wahrscheinlich innerhalb von Minuten übertragen.» Bei der ebenfalls durch Zecken übertragenen Borreliose ist das anders, da findet die Übertragung mutmasslich erst 16 Stunden nach dem Anhaften der Zecke statt. Auch eine kausale antivirale Therapie gibt es nicht für die FSME – die Behandlung erfolgt symptomatisch.
Jede Impfdosis zählt, auch wenn sie erst Jahre später verabreicht wird
In der Schweiz sind zwei Impfstoffe von unterschiedlichen Herstellern zugelassen. Bei beiden erfolgt die Grundimmunisierung in drei Dosen. Dabei erfolgt die Verabreichung der zweiten Dosis ein bis drei Monate nach der ersten Dosis. Die dritte Dosis wird je nach Hersteller entweder zwischen fünf und 12, oder neun bis zwölf Monate nach der zweiten Impfdosis gegeben. «Diese Abstände ergeben sich aus dem Design der Zulassungsstudien.» Der Impfschutz tritt ca. zwei Wochen nach der zweiten Impfdosis ein, mit einer Wirksamkeit von rund 95 bis 99 Prozent.
Die Wahl des Intervalls ist bei der FSME-Impfung aber nicht so kritisch wie bei anderen Vakzinen. Bei beiden verfügbaren Präparaten gibt es auch ein Schnellschema, das genau so wirksam ist wie das Standardschema. Damit ist es möglich, je nach Impfstoff bzw. bereits innerhalb von 21 Tagen bzw. innerhalb eines Jahres vollständig geimpft zu sein.
Ausserdem können verpasste Impfungen auch Jahre später nachgeholt werden. «Wenn die zweite Dosis des Impfschemas beispielsweise bereits acht Jahre her ist, reicht es trotzdem, die dritte Dosis einfach nachzugeben. Die Grundimmunisierung muss nicht von Neuem begonnen werden», so Dr. Lanz.
Auffrischimpfungen im 10-Jahres-Intervall: Kaum Impfdurchbrüche gemeldet
In der Schweiz wird die Auffrischimpfung erst zehn Jahre nach der letzten Impfdosis empfohlen, im Gegensatz zu Österreich und Deutschland, wo alle drei bis fünf Jahre aufgefrischt wird,
Mehrere Studien hatten zuvor gezeigt, dass nach der FSME-Impfung die spezifischen Antikörpertiter noch jahrelang konstant hoch bleiben (3,4). Und auch nach Einführung des zehnjährigen Intervalls gab es in der Schweiz kaum Impfdurchbrüche: In einer Studie des BAG wurden innerhalb von 20 Jahren insgesamt nur 103 Personen gemeldet, die sich trotz zumindest drei FSME-Impfdosen infiziert hatten (5).
Für die Entscheidung einer erneuten Impfung ist es nicht sinnvoll, den Antikörpertiter zu kontrollieren. Denn «man weiss nicht, wie hoch der Antikörperspiegel sein muss, um den Impfschutz zu gewährleisten», erklärt Dr. Lanz. «Der Impfschutz kann ausreichend sein, auch wenn die Antikörper unter der Nachweisgrenze liegen."
Wer soll geimpft werden?
«Die Indikation für eine Impfung wird in der Schweiz grosszügig gestellt», sagt Dr. Lanz. Das gesamte Land gilt seit 2019 als Risikogebiet, empfohlen wird die Impfung insbesondere Personen, die sich viel in der Natur aufhalten, oder die Risikofaktoren aufweisen. Eine deutlichere Empfehlung gibt es für besonders exponierte Personen wie Förster und Waldarbeiter.
Für Kinder gilt die Impfempfehlung dabei ab sechs Jahren, darunter liegt es im Ermessen der Eltern, ob diese geimpft werden sollten. «Zumal Kinder meist einen milden Verlauf der FSME-Erkrankung haben», so die Expertin. Zugelassen sind die Impfstoffe jedenfalls für Kinder ab 12 Monaten.
Bei Menschen mit Immunsuppression ist bei der Impfung mit einer reduzierten Wirksamkeit (Serokonversion von 33-35% statt 95-99%) zu rechnen. Allerdings haben Immunsupprimierte oft schwerwiegendere Verläufe einer FSME-Erkrankung, sodass ein Schutz davor umso wichtiger ist. «Wenn möglich, sollte man also in einer Phase impfen, in der die Immunsuppression minimal ist», rät Dr. Lanz.
Eindeutig nicht sinnvoll ist es, Personen zu impfen, die bereits eine FSME-Infektion hinter sich hatten. Denn eine Infektion bedeutet eine lebenslange Immunität.
Mit welchen Nebenwirkungen ist zu rechnen?
Seit einer Änderung beim Herstellungsprozess im Jahr 2000 gilt die FSME-Impfung als gut verträglich. Zu den häufigeren Nebenwirkungen zählen ein bis zwei Tage dauernde Lokalreaktionen an der Einstichstelle, sowie Gliederschmerzen, Müdigkeit und gelegentlich Fieber. Selten treten schwere allergische Reaktionen auf.
Referenzen
- Forum Medizin Fortbildung (FOMF): Update Infektiologie: Impfungen - aktuelle Themen. FSME-Impfung, 26. Januar 2023
- Lämmli B et al. Spätfolgen nach Frühsommer-Meningoenzephalitis [Late sequelae of early summer meningoencephalitis]. Schweiz Med Wochenschr. 2000
- Rendi-Wagner P et al. Persistence of protective immunity following vaccination against tick-borne encephalitis--longer than expected? Vaccine. 2004 Jul 29;22(21-22):2743-9. doi: 10.1016/j.vaccine.2004.01.041.
- Kind A et al. Der Impfschutz gegen die Zeckenenzephalitis hält viel länger als bisher angenommen.v Z Allg Med 2008; 84: 153 – 156. DOI 10.1055/s-2007-1004536
- Schmidt AJ et al. Tick-borne encephalitis (TBE) in Switzerland: does the prolongation of vaccine booster intervals result in an increased risk of breakthroughs? J Travel Med. 2022 Mar 21;29(2):taab158. doi: 10.1093/jtm/taab158.