Medical Tribune
24. Dez. 2022Ernährung

Nährstoffmangel bei Säuglingen und Kleinkindern

In der Schweiz sind zehn Prozent der Kinder ungenügend mit Jod versorgt. Und auch ein Mangel mit Vitamin D und B12, Kalzium, Eisen und Omega-3-Fettsäuren kommt vor. Der Schlüssel in der Prophylaxe von Nährstoffmangel bei Kindern ist die Aufklärung der Eltern in der pädiatrischen Sprechstunde, sagt Dr. Charles Etterlin. Der in Zürich niedergelassene Kinder- und Jugendarzt gibt einige Tipps für die Beratung.

Macro Close up of Baby Hand with a Piece of Fruits Sitting in Child's Chair Kid Eating Healthy Food
Demianastur/gettyimages

100 Jahre nach Einführung von jodiertem Salz in der Schweiz sind Jodmangelerscheinungen wie Kropf und Kretinismus verschwunden. «Allerdings besteht die Gefahr einer Unterversorgung bei Personen mit einem erhöhten Jodbedarf – bei schwangeren und stillenden Frauen sowie Säuglingen und Kleinkindern», erklärt Dr. Etterlin (1). Laut Schweizer Ernährungsbulletin 2019 (2) ist hierzulande jedes zehnte Kind schlecht mit Jod versorgt.

Himalaya- und Meersalz enthalten kein Jod

Die heimische Bevölkerung nimmt die Hälfe des Jods aus Nahrungsmitteln auf, die mit jodiertem Salz zubereitet sind. Die andere Hälfte wird von tierischen Lebensmitteln wie Milch, Milchprodukten, Eiern und Fisch abgedeckt (2). «Wird eines oder mehrere dieser Lebensmittel in der Ernährung weggelassen, fehlt möglicherweise Jod», erläutert der Referent.

Hinzu kommt, dass nur Milch, die von Säugetieren stammt, auch Jod enthält. Ersetzt man diese durch Nuss- und Getreidedrinks, die etwa in der veganen Ernährung eine grosse Rolle spielen, muss der Mikronährstoff möglicherweise anderweitig ersetzt werden. Kein Jod haben auch das oft als «nicht jodiert» gekennzeichnete Himalaya- und Meersalz. Nur 90 Prozent der Haushalte in der Schweiz konsumieren denn auch ausreichend jodiertes Salz (2).

Diese Informationen gilt es laut Dr. Etterlin in der pädiatrischen Sprechstunde frühzeitig an die Eltern weiterzugeben. Er empfiehlt auch, vegan ernährte Kinder engmaschig zu kontrollieren und vielleicht sogar einmal das Jod im Urin und/oder das Thyreoglobulin im Blut zu messen. Das Resultat ist aber mit Vorsicht zu interpretieren, da diese Jodwerte Schwankungen – etwa über den Tagesverlauf – unterliegen.

Prävention beginnt schon vor der Geburt

«Die Ernährung spielt von der Konzeption bis zum Ende des zweiten Lebensjahres eine zentrale Rolle für die Gesundheit des Kindes», so der Kinderarzt. Isst eine Schwangere beispielsweise kein Fleisch, Fisch und keine Milchprodukte, kann dies ohne adäquate Supplementierung dazu führen, dass das Baby z.B. bereits mit einem Vitamin-B12-Mangel auf die Welt kommt.

Eine Supplementation kann deshalb in der Schwangerschaft sehr sinnvoll sein. Beim Verschreiben sollte jedoch auf die Inhaltsstoffe der Produkte geachtet werden. «Denn nicht jedes Multivitaminpräparat enthält beispielsweise auch Jod», erklärte der Referent.

Ein weiteres wichtiges Thema in der Beratung ist das Eisen. Es kommt reichlich in tierischen Produkten vor. In pflanzlichen Lebensmitteln ist es in grösseren Mengen in Kürbiskernen, Nüssen, Haferflocken und anderen Getreiden enthalten. Das zweiwertige Häm-Eisen aus tierischen Lebensmitteln ist allerdings dreimal besser bioverfügbar als aus pflanzlichen Lebensmitteln.

«Vitamin C, das reichlich in Paprika, Grünkohl sowie in Zitronen- und Apfelsaft vorhanden ist, sowie die Milchsäure, fördern die Eisenaufnahme», sagte Dr. Etterlin.­ Ungünstig für die Aufnahme sind hingegen Polyphenole. Diese kommen in grösseren Mengen beispielsweise in Fertig- und Weissmehlprodukten, Kakao, Tee, Kaffee und Hülsenfrüchten vor, und hemmen die Eisenresorption.

Neben einer ausreichenden Zufuhr von Mikronährstoffen beinhaltet eine gesunde Ernährung auch einen nur mässigen Zuckerkonsum. Ein Problem ist insbesondere ein Zuviel an Fruktose. Der Einfachzucker ist vielen Produkten aus der Nahrungsmittelindustrie zugesetzt und erhöht das Risiko für Adipositas. Denn er enhält ähnlich viele Kalorien wie Glukose und Saccharose. Fruktose besitzt aber eine höhere Süsskraft als diese, und hat damit ein höheres Potenzial, «süchtig» zu machen. Zudem sättigt sie weniger.

Besser Frucht essen statt Saft trinken

In Früchten und Gemüsen ist Fruktose jedoch unschädlich, da sie nur in geringen Mengen und zusammen mit anderen wertvollen Ballast- und Nährstoffen vorkommt, erinnert der Experte. Problematisch aufgrund des hohen Fruktosegehaltes sind hingegen Fruchtsäfte und Softgetränke, die zwar den Zucker, nicht aber die Ballaststoffe der Früchte enthalten. 100 ml Smoothie beispielweise enthalten bis zu 14 Gramm Zucker – das ist gar deutlich mehr als in Cola (5,5 g/100 ml) oder in einer Banane (3,6 g/100 g). «Es macht also einen Unterschied, ob das Kind eine Orange isst oder einen Saft aus sechs Orangen trinkt», so der Experte. Sein Rat: Kinder sollten hauptsächlich Obst essen und Fruchtsäfte und Süssgetränke nur selten konsumieren.

Referenzen
  1. FomF Pädiatrie – Update Refresher