Verursachen Makrolid-Antibiotika Hörverlust?
Vor allem Atemwegsinfekte werden vielfach mit Makroliden behandelt. Eine neue amerikanische Studie nährt nun den Verdacht weiter, dass diese Antibiotikaklasse für einen sensorineuralen Hörverlust bei Kindern verantwortlich ist.
Schon lange steht im Raum, dass die Behandlung mit Makrolidantibiotika in der Kindheit häufig mit einem späteren sensineuralen Hörverlust zusammenfällt. In einer neuen retrospektiven Fallkontrollstudie wurde dieser Verdacht nun weiter ergründet.
Risikoerhöhung um ein Drittel
In der Untersuchung wurden die Krankenkassendaten von 875 nach Alter, Geschlecht und anderen Parametern zusammengestellten Paarungen von ansonsten gesunden Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen analysiert (1).
Sie alle hatten ambulant entweder ein orales Makrolid oder ein Penicillin erhalten. Das Durchschnittsalter der Teilnehmer lag bei 5,7 Jahren. Die Zusammensetzung der Studienpopulation war dabei repräsentativ für die US-amerikanische Bevölkerung der entsprechenden Altersgruppe.
In der Analyse fiel auf, dass Patienten mit sensorineuralem Hörverlust häufiger mit Makroliden behandelt worden waren. Das relative Risiko für eine Hörminderung war im Vergleich zu Penicillinen um ein knappes Drittel erhöht (Odds Ratio, OR, 1,31). Dabei spielte der zeitliche Abstand zwischen Medikamenteneinnahme und Diagnose eine Rolle: Besonders deutlich war der Zusammenhang, wenn der Schaden mehr als ein halbes Jahr nach Einnahme von Antibiotika festgestellt worden war (OR 1,79). Aufgrund des Studiendesigns lässt sich aus diesen Ergebnissen aber keinerlei Kausalität ableiten, erinnern die Forscher.
Zusammenhang scheint plausibel
Zwar ist die Risikoerhöhung recht gering, schreiben Professor Dr. Judith Lieu, Universität St. Louis, und Professor Dr. Leonard Rybak von der Universität Springfield in ihrem Kommentar (2). Durch den verbreiteten Einsatz der Makrolide bei Atemwegsinfekten falle sie aber dadurch sehr wohl ins Gewicht.
Aufgrund der gesamten Datenlage zu Erythromycin halten die Kommentatoren einen ursächlichen Zusammenhang durchaus für plausibel. Wissen zu einem möglichen Pathomechanismus gibt es aber bislang keines.
Referenzen
- Dabekaussen FAA et al. Association of Outpatient Oral Macrolide Use With Sensorineural Hearing Loss in Children, Adolescents, and Young Adults. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg. 2022 Sep 1;148(9):820-827. doi: 10.1001/jamaoto.2022.1293
- Lieu JEC, Rybak L. Possibility of Macrolides Causing Hearing Loss in Children-What Did You Say? JAMA Otolaryngol Head Neck Surg. 2022 Sep 1;148(9):827-829. doi: 10.1001/jamaoto.2022.1292