Brennen und Jucken im Intimbereich: 4 Diagnosen, 4 Differenzialdiagnosen
Eine vulväre Dermatitis kann verschiedene Ursachen haben. Allen Manifestationen gemeinsam ist der Juckreiz als führendes Symptom. Eine europäische Leitlinie beschreibt Diagnostik und Therapie.
Eine neue amerikanische Übersichtsarbeit fasst die leitliniengemässe Diagnostik und Therapie von Vulvaekzemen zusammen (1).
Vier Erkrankungen können hinter der Entzündung stecken
Sie beschreibt, dass anhand der Ätiologie vier Erkrankungen unterschieden werden:
Eine davon ist die atopische Dermatitis, die wahrscheinlich durch einen Defekt in der Hautbarrierefunktion ausgelöst wird. Bei vielen Patientinnen bleibt zwar die Genitalregion ausgespart. Aber der Lichen simplex chronicus ist möglicherweise eine Manifestationsform dieser Atopie. Er kann die Vulva isoliert befallen oder sich auch in anderen Körperregionen ausbreiten.
Die zweite und häufigste Form des Vulvaekzems ist die irritative Kontaktdermatitis. Sie kann sich entwickeln, weil die Barrierefunktion am Genitale schwächer ausgebildet ist als in anderen Arealen, und Feuchtigkeit (Schweiss, Urin etc.) und Reibung das Integument zusätzlich reizen. Als Auslöser fungieren meist Substanzen zur Hautreinigung, Duftstoffe und Gleitmittel. Besonders oft betroffen sind Frauen mit Inkontinenz.
Charakteristisch für die allergische Kontaktdermatitis ist eine Typ-IV-Reaktion auf topisch applizierte Substanzen. Hier spielen oft Duftstoffe eine Rolle, aber auch Antibiotika, Lokalanästhetika und Komponenten anderer Therapeutika.
Ein weiterer Auslöser des Vulvaekzems ist die seborrhoische Dermatitis. Sie befällt vor allem Kopfhaut, Gesicht und seltener den Körperstamm. Die Erytheme ähneln mitunter einer Psoriasis (können auch mit ihr assoziiert sein), sind aber unschärfer begrenzt.
Pruritus, Wundgefühl und Schmerz
Die wichtigsten Symptome der Genitaldermatitis sind unabhängig von der Ätiologie Pruritus, Wundgefühl und Schmerz. Bei der körperlichen Untersuchung fällt ein oft symmetrisches Ekzem an den grossen und kleinen Labien auf. Es kann sich auf die perianale Haut und die Gesässspalte ausdehnen, bei der allergischen Kontaktdermatitis auch auf die Oberschenkel. Ausserdem ist mit Exkoriationen und – im Akutstadium – mit Erosionen zu rechnen. Vor allem bei sekundären Infektionen kommt es häufig zu
einer ausgeprägten Sekretion mit Krustenbildung. In chronischen Fällen droht eine Lichenifikation eventuell mit Übergang in den Lichen simplex chronicus.
Die Diagnose des Vulvaekzems erfolgt üblicherweise auf der Basis von Anamnese und körperlichen Anzeichen. Eine Inspektion des gesamten Integuments erleichtert die Identifikation anderer Komponenten der atopischen bzw. seborrhoischen Dermatitis. Zu den wichtigsten Differenzialdiagnosen zählen Psoriasis, Candidose, Tinea cruris und eine Infektion mit Streptokokken der Gruppe A (s. Kasten).
Vier Differenzialdiagnosen
- Psoriasis: im Gegensatz zur Dermatitis meist scharf begrenzte Plaques und Fissuren; Inspektion der gesamten Haut einschliesslich Capillitium und Nägeln liefert wichtige Hinweise
- Candidose: symmetrische unscharf begrenzte Erytheme, eventuell ohne vaginale Symptome; Abstrich sichert die Diagnose
- Tinea cruris: gut abgegrenzte, ringförmige Erytheme mit randständigen Papeln und Pusteln und peripherer Schuppung
- Infektion mit Streptokokken der Gruppe A: Manifestation primär oder auf vorbestehender Dermatose, symmetrische Erytheme möglich
Biopsie bei atypischem Befund und bei Therapieresistenz
Eine Biopsie empfiehlt das Leitliniengremium für Patientinnen mit atypischem Befund oder mangelndem therapeutischem Ansprechen. Der Patchtest bei Verdacht auf Allergie gehört in die Hand des Spezialisten. Zusätzlich zum Standardprogramm sollte die Reaktion auf Medikamente, Konservierungsstoffe und andere Substanzen mit Vulvakontakt geprüft werden. Allerdings beweist eine positive Reaktion noch nicht, dass der angeschuldigte Stoff das Ekzem ausgelöst hat, und umgekehrt belegt ein negatives Resultat noch nicht die «Unschuld» des betreffenden Produkts.
Therapeutisch sollten Patientinnen mit Vulvaekzem Irritanzien und Allergene (Reinigungsmittel, Duftstoffe, Feuchttücher) meiden. Als Seifenersatz eignen sich Basislotionen. Bei begleitender Inkontinenz ist eine Überweisung zum Spezialisten angezeigt.
Medikamentös sorgen topische Steroide für Abhilfe
Medikamentös sorgen topische Steroide für Abhilfe. Sie sollten bis zur Rückbildung der Symptome (ca. 7–10 Tage) einmal täglich appliziert werden. Vorliegende Infektionen können mit einer Kombination von Glukokortikoid und Antibiotikum bzw. Fungizid behandelt werden. Sedierende Antihistaminika lindern die häufig begleitenden Schlafstörungen.
Referenz
- van der Meijden WI et al. 2021 European guideline for the management of vulval conditions. J Eur Acad Dermatol Venereol. 2022 Jul;36(7):952-972. doi: 10.1111/jdv.18102