Medical Tribune
31. Okt. 2022Kein Nutzen von gesunder oder mediterraner Kost

Ist die Ernährung für das Demenzrisiko egal?

Eine neue Studie untersuchte die Assoziation zwischen Ernährungsgewohnheiten in der Lebensmitte mit dem Auftreten von Demenz über einen Zeitraum von 20 Jahren. Die Daten deuten darauf hin, dass eine gesunde Ernährung das Demenzrisiko nicht verringert.

Ob Menschen eine Demenz entwickelten, hatte in einer neuen Studie kaum mit der Ernährung zu tun.
CasarsaGuru/gettyimages

In den nächsten 30 Jahren rechnen Experten damit, dass sich die Demenzdiagnosen verdreifachen werden (1). Umso wichtiger ist es,  modifizierbare Risikofaktoren für die Erkrankung ausfindig zu machen.

Viele Forschungsarbeiten  haben bisher untersucht, wie sich die Ernährungsgewohnheiten auf die Häufigkeit von Demenzerkrankungen auswirken – mit teils widersprüchlichen Ergebnissen. Metastudien kamen aber bisher meist zum Schluss, dass die Einhaltung einer mediterranen Ernährung wohl zu einer Verlangsamung des kognitiven Abbaus und zu einer geringeren Inzidenz von Demenz führt (2-4). Eine aktuelle schwedische Studie im Journal Neurology mit mehr als 30.000 Teilnehmern kann das nun nicht bestätigen (5).

Viele Teilnehmer, gründliche Ernährungsanamnese, lange Nachbeobachtungszeit

In der vorliegenden Studie zogen Forscher Daten der prospektiven Populationsstudie Malmö Diet and Cancer Study (MDCS) heran, die in den 1990er-Jahren die Auswirkung von Faktoren wie Ernährung auf die Krebsentwicklung testete. Insgesamt rekrutierte die Studie 30.446 Männer und Frauen, die zwischen 1923 und 1950 geboren wurden und in Malmö leben, und bei denen noch keine Demenzdiagnose bekannt war. Von 28.025 der Studienteilnehmer lagen Ernährungsdaten vor. Ihre Gesundheitsdaten wurden mit einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 19,8 Jahren verfolgt.

Die Ernährungsgewohnheiten der Probanden wurden mit einem siebentägigen Ernährungstagebuch, einem detaillierten Fragebogen zur Häufigkeit von Lebensmitteln in der Ernährung, sowie einem einstündigen Interview erfasst. Die wichtigsten Outcomes waren eine festgestellte Demenz jeglicher Ursache, eine Alzheimerdemenz, oder eine vaskuläre Demenz. Als sekundäres Ergebnis wurde die Beta-Amyloid-Akkumulation in der Cerebrospinalflüssigkeit erfassst, die häufig bei einer Alzheimerdemenz aufgrund eines gestörten Abbaus vorkommt, und als Marker für diese Erkrankung dient.

Keine signifikante Reduktion mit generell gesunder, oder mediterraner, Ernährung

Innerhalb des fast zwanzigjährigen Nachbeobachtungszeitraumes wurde bei 1.943 Personen (6,9%) eine Demenz diagnostiziert. Personen, die während der Nachbeobachtungszeit an einer Demenz erkrankten, waren im Vergleich zu denen, die keine Demenz entwickelten, älter, und hatten mehr kardiovaskuläre Risikofaktoren und Komorbiditäten.

Keinen Unterschied gab es jedoch in Bezug auf die Ernährungsweise: Personen, die sich sehr gründlich an übliche Empfehlungen in Bezug auf gesunde Ernährung hielten, hatten ein vergleichbares Risiko für eine Demenz jeglicher Ursache wie Menschen, die kaum auf gesundes Essen achteten. Auch für eine Alzheimer-Erkrankung oder eine vaskuläre Demenz gab es keinen statistischen Zusammenhang mit der Ernährung.

Ebenfalls keinen Benefit für das Demenz-, Alzheimer- oder vaskuläre Demenzrisiko brachte eine Ernährung nach einer modifizierten Mittelmeerdiät mit sich. Und auch bei der Beta-Amyloid-Akkumulation fand sich kein signifikanter Zusammenhang mit der Ernährung.

«Unsere Studie schliesst nicht aus, dass es einen Zusammenhang zwischen Ernährung und Demenz gibt. Wir konnten jedoch keine Verbindung finden», sagt Studienautorin Dr. Isabelle Glans von der schwedischen Universität Lund in einer Pressemeldung. Dabei seien die Nachbeobachtungszeiträume in der vorliegenden Studie länger als bei vorangegangenen Untersuchungen, und die Probanden waren mit einem Durchschnittsalter von 58 Jahren jünger als in den meisten anderen Studien. Zusätzliche Genauigkeit dürfte der Studie ausserdem die Tatsache verliehen haben, dass sich die Untersuchung nicht wie andere Studien auf Aussagen der Probanden in Bezug auf ihre oft bereits Jahre zurückliegende Ernährungsweise stützte.

Referenzen