Neue Strategien, um Resistenzen gegen EGFR-Inhibitoren zu umgehen
Durch die Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren wie Osimertinib hat sich die Prognose von NSCLC-Patienten mit EGFR-Mutationen stark verbessert. Dennoch ist die Entwicklung von Resistenzen ein grosses Problem, das neue Ansätze erfordert, hiess es am IASLC 2022 World Conference on Lung Cancer.
Osimertinib ist ein EGFR-TKI der dritten Generation und Standard für die Therapie von NSCLC- Patienten mit EGFR-Alterationen. Hauptresistenzmechanismus seien dabei EGFRC797X-Mutationen, konstatierte Prof. Dr. Suresh S. Ramalingam von der Emory University in Atlanta (1). Allerdings sei die Dynamik von krebstreibenden Mutationen im EGFR bisher nicht gut untersucht worden.
Mutationen entstehen und verändern sich im Verlauf
Der Referent legte eine Bestandsaufnahme zu den Mechanismen der Osimertinibr-Resistenz vor: In einer grossen US-amerikanischen Datenbank fanden er und seine Kollegen unter rund 65.000 Personen mit NSCLC, von denen ctDNA-Analysen vorlagen, 9.306 mit Exon-19-Deletionen oder einer L858R-Punktmutation im EGFR-Gen. Von ihnen hatten 1.337 in der Erstlinie und 713 in der Zweitlinie Osimertinib erhalten.
Im ersten Jahr nach dem TKI in der Erstlinie stellten zunächst Amplifikationen des MET- und des CCNE1-Gens die häufigsten Resistenzmechanismen dar, die die Forschenden ab median 10,5 Monaten bzw. 9,1 Monaten nachweisen konnten. Daraufhin wurden diese Alterationen aber von EGFRC797X-Mutationen überholt. Fünf Jahre nach Beginn der Erstlinientherapie mit Osimertinib betrug die kumulative Inzidenz für MET- und CCNE1-Amplifikationen sowie C797X-Mutationen 6,4; 7,9 sowie 8,0 Prozent.
Bei der Zweitlinienbehandlung mit dem TKI war das Vorherrschen von C797X mit 17,5 gegenüber 7,2 bzw. 10,3 Prozent für MET- bzw. CCNE1-Amplifikationen sehr viel stärker. Das unterstreicht Prof. Ramalingam zufolge die Notwendigkeit von neuen zielgerichteten Therapien, die sich gegen die Resistenzmechanismen richten.
85 Prozent Ansprechen mit anti-EGFR-Zweifachkombi
In einer Phase-1-Studie, die Prof. Dr. Melina Marmarelis, University of Pennsylvania in Philadelphia, vorstellte, wurden gleich zwei dieser Mechanismen angegangen (2). Die Autoren prüften bei bislang 20 Patienten mit rezidiviertem oder refraktärem NSCLC und mutiertem EGFR eine Kombination aus dem Drittgenerations-EGFR-TKI Lazertinib und dem EGFR-MET-bispezifischen Antikörper Amivantamab. Zusätzlich wurden die Erkrankten mit einer Chemotherapie aus Carboplatin und Pemetrexed behandelt. Median hatten die Teilnehmenden zwei Vortherapien erhalten.
Zehn Patienten erreichten nach median 7,1 Monaten Beobachtungszeit eine partielle Remission und sieben weitere eine Krankheitsstabilisierung. Bei den zehn Betroffenen mit Hirnmetastasen zu Beginn waren die Ansprechraten ähnlich hoch. Alle Responder und fünf der sieben Personen mit Krankheitsstabilisierung waren zum Zeitpunkt der Datenerhebung weiterhin in Behandlung. Derzeit wird die Kombination bereits in der Phase-3-Studie MARIPOSA-2 in einem randomisierten Setting untersucht.
Neue Substanz zielt auf C797-Mutation ab
Eine etwas andere Strategie verfolgten Forscher in einer weiteren US-amerikanischen Phase-1b/2-Studie (3): Wie Prof. Dr. Dr. Jonathan Goldman von der University of California in Los Angeles berichtete, erhielten darin bisher 15 Erkrankte mit EGFR-mutiertem NSCLC, die nach Osimertinib progredient waren, den Inhibitor erneut, aber in Kombination mit dem EGFR-Antikörper Necitumumab und dem HER2-Antikörper Trastuzumab. In präklinischen Untersuchungen hatte eine solche duale EGFR-/HER2-Blockade eine lang anhaltende Rückbildung einer Osimertinibresistenz bewirkt.
In der Studie, so Prof. Goldman, war ein Ausschlag die häufigste Nebenwirkung. Fünf von acht bislang auswertbaren Personen (62,5%) erzielten eine partielle Remission oder eine Krankheitsstabilisierung. Es sollen weitere Patienten rekrutiert werden.
Eine weitere Neuentwicklung, BBT-176, hemmt die C797S-Mutante von EGFR und wird in einer Phase-1-Studie geprüft, in der bisher 25 Teilnehmende mit vorausgegangener Anti-EGFR-Therapie den TKI erhielten, so Prof. Dr. Dr. Sun Min Lim, Yonsei Cancer Center in Seoul (4). In einer ersten vorläufigen Auswertung schrumpfte der Tumor mehrerer Erkrankter, darunter auch solcher mit dreifach mutiertem EGFR.
Viertgenerations-EGFR-Inhibitor JIN-A02 in Laborversuchen wirksam
Die Substanz JIN-A02, ein Viertgenerations-EGFR-Inhbitor, hemmte in Zellkultur- und Tierstudien die C797S-Mutante des Rezeptors, ebenso wie die klassischen Varianten wie Exon-19-Deletionen oder T790M. Ausserdem zielte sie auch auf seltenere Mutationen wie L718Q ab, für die es bisher keine Therapieoptionen gibt. In den Experimenten wurde bei den Mäusen keine signifikante Toxizität beobachtet. Eine Phase-1-Studie ist derzeit in Planung (5).
Referenzen
- Ramalingam SS, Zhang N, Yu J, et al. Real-world landscape of EGFR C797X mutation as a resistance mechanism to osimertinib in NSCLC. Presented at: International Association for the Study of Lung Cancer 2022 World Conference on Lung Cancer; August 6-9, 2022; Vienna, Austria. Abstract MA07.03.
- Marmarelis M et al. Amivantamab and Lazertinib in Combination with Platinum-Based Chemotherapy in Relapsed/Refractory EGFR-mutant NSCLC. Presented at: International Association for the Study of Lung Cancer 2022 World Conference on Lung Cancer; August 6-9, 2022; Vienna, Austria. Abstract MA07.04.
- Goldman JW et al. Phase 1b/2 Study of Combined HER Inhibition in Refractory EGFR-mutated Metastatic Non-small Cell Lung Cancer (NSCLC). Presented at: International Association for the Study of Lung Cancer 2022 World Conference on Lung Cancer; August 6-9, 2022; Vienna, Austria. Abstract MA07.05
- Lim SM et al. BBT-176, a 4th generation EGFR TKI, for Progressed NSCLC after EGFR TKI Therapy: PK, Safety and Efficacy from Phase 1 Study. Presented at: International Association for the Study of Lung Cancer 2022 World Conference on Lung Cancer; August 6-9, 2022; Vienna, Austria. Abstract MA07.09
- Yun MR et al. JIN-A02, a Highly Effective 4th Generation EGFR-TKI, Targeting EGFR C797S Triple Mutation in NSCLC. Presented at: International Association for the Study of Lung Cancer 2022 World Conference on Lung Cancer; August 6-9, 2022; Vienna, Austria. Abstract MA07.08