Mortalität beim Pankreaskrebs durch Nimotuzumab/Gemcitabin halbiert
Patienten mit Pankreaskarzinomen und KRAS-Wildtyp haben mit Nimotuzumab plus Gemcitabin eine neue Therapieoption von hoher Effektivität und guter Verträglichkeit. In der NOTABLE-Studie verringerte sich die Sterblichkeit um die Hälfte im Vergleich zur Behandlung mit alleinigem Gemcitabin.
Mit Nimotuzumab entwickelten Forscher einen humanisierten Antikörper, der die Interaktion des EGF-Rezeptors mit seinem Liganden blockiert und immunologische Effekte wie die antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität sowie die Endozytose und den Abbau des EGFR vermittelt.
In einer deutschen Phase-II-Studie wies die Substanz in Kombination mit Gemcitabin beim fortgeschrittenen und metastasierten Pankreaskarzinom bereits eine vielversprechende Aktivität auf. Besonders stark profitierte die Subgruppe von Personen mit KRAS-Wildtyp (WT)-Tumoren: Hier wurde das mediane Gesamtüberleben im Vergleich zur Gemcitabin-Monotherapie mit 11,62 Monaten versus 5,67 Monate verdoppelt.
Nicht-Operierte profitierten besonders deutlich
Am ASCO 2022 präsentierte Professor Dr. Shukui Qin vom Cancer Center of Jinling Hospital, Nanjing University of Chinese Medicine die Phase-III-Studie NOTABLE, in der 90 Teilnehmende mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Pankreaskrebs und KRAS-WT randomisiert Nimotuzumab oder Placebo, jeweils plus Gemcitabin, erhielten. Gemäss der abschliessenden Analyse nach median 55,3-monatigem Follow-up wurde das Gesamtüberleben – primärer Endpunkt – durch die Kombination signifikant verbessert und das Mortalitätsrisiko halbiert: Mit Nimotuzumab + Gemcitabin behandelte Patient:innen lebten median 10,9 Monate, Kontrollpersonen dagegen nur 8,5 Monate (HR 0,50; p = 0,024).
Das Gesamtüberleben nach drei Jahren betrug 13,9 vs. 2,7 Prozent. Besonders stark profitierten zuvor nicht-operierte Betroffene, berichtete der Referent: Bei ihnen konnte die Sterblichkeit durch die zusätzliche Antikörpergabe sogar um 60 Prozent gesenkt werden (15,8 Monate vs. 6 Monate; HR 0,40).
Das mediane PFS betrug 4,2 vs. 3,6 Monate (HR 0,56; p=0,013). Auch hier hatten zuvor nicht-operierte Erkrankte den grössten Benefit, mit einem medianen PFS von 5,5 Monaten vs. 3,7 Monaten (HR 0,44). Die Zeit bis zur Progression war im Prüfarm mit 4,7 Monaten vs. 3,7 Monaten tendenziell länger als in der Kontrolle (HR 0,67; p=0,137). Gesamtansprechrate und Tumorkontrollrate unterschieden sich aber kaum.
Nebenwirkungen vom Schweregrad 4 oder 5 wurden nicht detektiert
Prof. Qin bezeichnete das Verträglichkeitsprofil der Kombinationstherapie als gut. In beiden Gruppen traten ähnlich viele unerwünschte Ereignisse auf. Häufigste Nebenwirkungen umfassten Neutropenie und Thrombozytopenie; Toxizitäten vom Grad 4 und 5 wurden von den Forschenden nicht verzeichnet.
Der Referent wertete die NOTABLE-Resultate als Durchbruch in der Behandlung des fortgeschrittenen Pankreaskarzinoms. Die Studie sei der Beginn einer neuen Ära zielgerichteter Therapien in einer mittels Biomarker selektierten Gruppe von Pankreaskrebs-Patienten. Zukünftig wird die Zugabe von Nimotuzumab zu derzeitigen Regimen seiner Meinung nach für Betroffene von grossem Benefit sein.
So schlecht steht es um das Pankreaskarzinom
Das mediane Gesamtüberleben von Patienten mit lokal fortgeschrittener Erkrankung, die rund 25 Prozent aller Fälle ausmacht, beträgt nur sechs bis neun Monate. 60 bis 70 Prozent aller Betroffenen werden erst im metastasierten Stadium diagnostiziert. Ihr medianes OS erstreckt sich über lediglich drei bis fünf Monate und die 5-Jahres-OS-Rate wird auf maximal neun Prozent beziffert.
Referenz
Qin S. Nimotuzumab combined with gemcitabine versus gemcitabine in K-RAS wild-type locally advanced or metastatic pancreatic cancer: A prospective, randomized-controlled, double-blinded, multicenter, and phase III clinical trial. 2022 ASCO Annual Meeting; Abstract LBA4011