Für wen eine Trifokallinse geeignet ist
Fast einer von zwei Menschen über 75 leidet an grauem Star, einer Trübung der Augenlinse (Katarakt). Behandelt wird er durch Extraktion der Katarakt mit anschliessender Implantation einer Intraokularlinse. Dr. Philipp Bänninger, Leitender Arzt an der Augenklinik im Luzerner Kantonsspital berichtet im Interview über Weiterentwicklungen in der Chirurgie, die heutzutage nicht nur die Sehleistung verbessern, sondern auch Fehlsichtigkeiten korrigieren kann.
Die Katarakt ist weltweit die führende Ursache für Erblindung. Für gewöhnlich entwickelt sie sich langsam über Jahre. Dabei kommt es zu einer allmählichem, schmerzlose Visusverschlechterung. Frühe Symptome sind eine Beeinträchtigung des Kontrastsehens, die Notwendigkeit von mehr Licht, um gut zu sehen, sowie Probleme bei der Unterscheidung zwischen Dunkelblau und Schwarz Die Diagnose lässt sich durch eine Spaltlampenuntersuchung stellen.
Risikofaktoren der Katarakt
Hauptrisikofaktor ist das Alter. Weiter begünstigen können eine Katarakt aber auch das Rauchen, Alkoholkonsum, Unterernährung, aber auch eine Exposition gegenüber Röntgenstrahlen oder chronische Einwirkung von ultraviolettem Licht. Auch bestimmte Medikamente wie Kortikosteroide oder chronische Erkrankungen wie Diabetes spielen eine Rolle. Ein weiterer Risikofaktor sind Traumen, die manchmal erst Jahre später Katarakte erzeugen.
Mittels kleinem Schnitt die alte Linse gegen eine neue austauschen
Liegt eine Katarakt vor, wird im Zuge einer Operation die trübe Linse aus dem Auge entfernt. Die Kataraktchirurgie ist nicht neu: Bereits im alten Ägypten wurde der graue Star operiert. Heutzutage wird nur mehr mittels Kleinschnitttechnik operiert: Bei dieser Operation wird aufgrund reduzierter Schnittbreiten keine wesentliche Hornhautverkrümmung durch die Operation erzeugt. Dies bedeutet einen entscheidenden Vorteil für die Sehschärfe und Brillenstärke nach der Operation.
Medical Tribune: Dr. Bänninger, gibt es neue Erkenntnisse in der Forschung bzgl. Katarakt-Chirurgie?
Dr. Bänninger: «Die Kataraktchirurgie hat in jüngster Zeit eine Vielzahl bemerkenswerter technischer Neuerungen erfahren. So verbesserte etwa die Weiterentwicklung von diagnostischen Geräten und Intraokularlinsenberechnungsformeln die postoperative Präzision des Resultates. Der Einsatz der Femtosekundenlasertechnologie bietet eine zukunftsweisende Alternative zur Standard-Operationstechnik, ermöglicht eine noch schonendere und präzise Operationstechnik bei normalen aber eben auch markanten Ausgangssituationen und ermöglicht eine Zuverlässige Handhabung der Implantation von torischen Linsen (zur Korrektur des Astigmatismus) durch eine mit dem Femtosekundenlaser vorgenommene intrastromale Zielachsenmarkierung.
Zudem erlaubt der Einsatz von modernen Kunstlinsen zunehmend auf individuelle Patientenansprüche der Brillenfreiheit einzugehen und somit entwickelt sich die Kataraktoperation von einer sehleistungsverbesserenden Operation zu einer Operation der Sehleistungs- und Brechkraftverbesserung. Auch wird derzeit viel über nutritive oder pharmakologische Mittel diskutiert, die Kataraktentstehung zu beeinflussen. Solche Versuche sind nicht neu –Substanzen, die angeblich protektiv sind, werden immer wieder ins Gespräch gebracht.»
Welche Erfahrungen haben Sie mit der Trifokallinse? Wem empfehlen Sie welche Linse?
Wenn Patienten nach der Operation ihren Alltag möglichst ohne Brille bewältigen möchten, kann eine Multifokallinse (Trifokal = Schaftsehen auf drei Distanzen: nah, mittel, fern) eine ausgezeichnete Wahl sein. Die Multifokallinse besteht aus mehreren Zonen (Ringen) mit unterschiedlicher Brechkraft und unser Gehirn wählt nach einer Eingewöhnungszeit dann unbewusst immer das für die entsprechende Sehdistanz optimale Bild. Nachts, bei weiterer Pupille, kann das Ringdesign jedoch zu bogenförmigen Lichtreflexionen im äusseren Gesichtsfeld führen, die nach einer Eingewöhnungszeit meist nicht mehr bewusst wahrgenommen werden, ebenso kann es zu einem Kontrastverlust von 20 Prozent kommen.
Die richtige Patientenselektion, eine ausführliche Beratung sowie ein Auge ohne Nebenerkrankungen sind entscheidend für den Erfolg. Die subjektive Patientenzufriedenheit und die grossartigen Sehleistungsresultate motivieren uns sehr im Einsatz dieser Multifokallinsen.
Wie läuft eine Operation mit dem neuen Femtolaser ab? Was sind hier die Vorteile?
Bei der über Jahre erprobten Standard-Operationsmethode mittels Ultraschalls wird die trübe Linse von Hand mit einer dünnen Nadel eröffnet, mittels Ultraschalls zerkleinert und abgesaugt. Die Energie des Ultraschalls kann das Gewebe rund um die Augenlinse aber belasten.
Bei der Femtosekundenlaser-Technologie wird das Auge, nach einer exakten Vermessung mittels OCT (Optische Cohärenztomographie), mit einem Laserstrahl punktgenau eröffnet – genauer, als dies die menschliche Hand vermag. Erfahrungsgemäss kann die Linse nach einer Laseroperation deutlich präziser platziert werden, was den Einsatz spezieller Kunstlinsen ermöglicht (z.B. Torische Linsen zur Korrektur einer Hornhautverkrümmung; Multifokallinse). Die Zerkleinerung der Linse erfolgt ebenfalls mit dem Laser, dessen Energie ausschliesslich auf die Linse einwirkt und somit deutlich schonender für das Auge ist. Die Lasermethode besticht gegenüber dem Ultraschall durch höchste Präzision bei gleichzeitig geringstmöglicher Belastung für das Auge.
Was wünschen Sie sich von den Hausärzten in Bezug auf die anschliessende Betreuung des Patienten?
An der Augenklinik des Luzerner Kantonsspitals (LUKS) arbeiten wir sehr eng mit den zuweisenden Hausärzten und Augenärzten zusammen. Eine Fachärztliche Nachsorge ist zentral, um die erwünschte Sehleistungserholung zu monitorisieren und die postoperative Therapie zu besprechen. Die Hausärzte sind oftmals in der präoperativen Abklärung im Hinblick auf eine Operation involviert und erfahren nach der erfolgten Operation von den Patienten über die deutliche Lebensqualitätsverbesserung.
Wir danken für das Gespräch!