Bei Psoriatikern auf Anzeichen einer Fettleber achten
Patienten mit chronischer Plaque-Psoriasis haben ein fast zweifach erhöhtes Risiko für eine nichtalkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD). Die Wahrscheinlichkeit steigt dabei mit der Intensität der Hautbeteiligung – und wahrscheinlich auch bei Psoriasis-Arthritis (PsA). Dies geht aus einer Metaanalyse hervor, die auf der diesjährigen Jahrestagung der Group for Research and Assessment of Psoriasis and Psoriatic Arthritis (GRAPPA) vorgestellt, und bereits veröffentlicht wurde (1,2).
Eine Psoriasis tritt bei vielen Patienten in Verbindung mit diversen Komorbiditäten auf, die über die Haut hinausgehen. Dazu gehören Adipositas, kardiovaskuläre Erkrankungen, psychische Störungen und systemische Entzündungssymptome wie Psoriasis-Arthritis (PsA). Nun zeigt eine grosse internationale Übersichtsarbeit, dass auch die Leber von Psoriatikern zu Entzündungen neigen könnte.
NAFLD-Risiko von Psoriatikern fast doppelt so hoch wie bei Gesunden
Eine italienische Forschergruppe inkludierte dazu insgesamt elf Beobachtungsstudien (aus Nordamerika, Europa und Asien) mit aggregierten Daten von fast 250.000 Psoriatikern und fast eineinhalb Millionen gesunde Kontrollpersonen in ihre Metaanalyse.
Das Ergebnis: Eine NAFLD lag bei Patienten mit Psoriasis bei 49 Prozent vor, bei den Kontrollpersonen hingegen nur bei 36 Prozent. In den gepoolten Daten war das NAFLD-Risiko bei Psoriatikern im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen knapp doppelt so hoch (OR=1,96; 95%-KI: 1,70-2,26; p < 0,001). In der Regressionsanalyse war die Psoriasis ein unabhängiger Prädiktor für das NAFLD-Risiko, der von zahlreichen Patientenmerkmalen wie Geschlecht, Body-Mass-Index und anderen nicht beeinflusst war.
Leberrisiko steigt mit Psoriasis-Schweregrad und Gelenksbeteiligung
Acht der elf Studien untersuchten zusätzlich, ob das Fettleber-Risiko mit dem Schweregrad der Hautläsionen – definiert durch den Psoriasis Area and Severity Index (PASI) – zusammenhängt. Im Vergleich zu Psoriatikern ohne NAFLD wiesen Patienten mit NAFLD einen signifikant höheren mittleren PASI-Score auf.
Aus den fünf der elf Studien, die auch den PsA-Status abgefragt hatten, ging hervor, dass das NAFLD-Risiko bei Patienten mit PsA ebenfalls wesentlich höher sein dürfte als bei Patienten ohne Gelenkbeteiligung. Hier wurde die statistische Signifikanz aber nicht erreicht (OR: 1,83; 95%-KI: 0,98-3,43; p = 0,06).
Eine der inkludierten Studien untersuchte ausserdem einen eventuellen Zusammenhang zwischen rheumatoider Arthritis und NAFLD; betroffene Patienten hatten jedoch im Gegensatz zu den Psoriatikern kein erhöhtes NAFLD-Risiko. Diese Studie zeigte auch, dass die Psoriasis ein von Alter, Geschlecht, BMI und anderen metabolischen Risikofaktoren unabhängiger Prädiktor für eine NAFLD war (3).
System-Entzündung durch Mediatoren aus Haut und Fettgewebe
Was dem Zusammenhang zwischen Psoriasis und NAFLD zugrundeliegt ist aktuell zwar noch nicht bekannt. Experten vermuten allerdings, dass eine systemische Entzündung dahinterstecken könnte. «Bei Psoriasis schütten die Haut und das Fettgewebe proinflammatorische, prothrombotische und oxidative Stressmediatoren aus. Diese könnten systemisch wirksam sein, und etwa eine Insulinresistenz oder andere Stoffwechselstörungen fördern, die die Entwicklung und das Fortschreiten der NAFLD begünstigen», erklärt Studienautor Dr. Francesco Bellinato, MD, Abteilung für Dermatologie und Venerologie der Universität Verona, im Zuge seines Vortrages.
Für den Psoriasis-Top-Experten Professor Dr. Joel M. Gelfand, Abteilung für Dermatologie, Universität von Pennsylvania, Philadelphia, erscheint die in der Studie beobachtete Assoziation zwischen Psoriasis und NAFLD klinisch relevant. «Es ist zwar nicht klar, ob Psoriasis eine Fettlebererkrankung verursacht oder umgekehrt, aber Kliniker sollten sich dieses Zusammenhangs bewusst sein», sagte er in einem Interview (4). Prof. Gelfand leitet noch eine andere bevölkerungsbasierte Studie, die untersucht, ob eine Behandlung mit Methotrexat hinter der Psoriasis-bedingten Hepatotoxizität stecken könnte.
Patienten ermutigen, auf die Leber zu achten
Referent Dr. Bellinato empfiehlt, Psoriasis-Patienten einer Ultraschalluntersuchung zu unterziehen, wenn Hinweise auf eine NAFLD vorliegen. «Solche Patienten sollten gegebenenfalls an einen Hepatologen überwiesen werden.» Ausserdem ist es sinnvoll, auch die Betroffenen selbst auf das Risiko für die Lebererkrankung zu sensibilisieren. Prof. Gelfand schlägt vor, "Patienten mit Psoriasis zu ermutigen, Massnahmen zum Schutz ihrer Leber zu ergreifen, z. B. nicht übermässig Alkohol zu trinken und auf ein gesundes Körpergewicht zu achten.»
Eine Limitation der Studie ist, dass es sich bei den Daten in der Metaanalyse lediglich um Ergebnisse von Beobachtungsstudien handelt. Grosse, prospektive Studien, die die Assoziation bestätigen, sind derzeit noch ausständig.
Referenz
- Bellinato F et al. Risk of non-alcoholic fatty liver disease in patients with chronic plaque psoriasis: an updated systematic review and meta-analysis of observational studies. GRAPPA Annual Meeting, 14.-16. Juli 2022, New York
- Bellinato F et al. Risk of non-alcoholic fatty liver disease in patients with chronic plaque psoriasis: an updated systematic review and meta-analysis of observational studies. J Endocrinol Invest. 2022 Jul;45(7):1277-1288. doi: 10.1007/s40618-022-01755-0.
- Ogdie A et al. Risk of incident liver disease in patients with psoriasis, psoriatic arthritis, and rheumatoid arthritis: a population-based study. J Investig Dermatol. 2018;138:760–767. doi: 10.1016/j.jid.2017.10.024
- NAFLD Strongly Correlated With Psoriasis, PsA; Risk Linked to Severity - Medscape - Jul 21, 2022.